Neues Tool zur Unterstützung der Verfahrenswahl bei B2B-Konflikten

Dr. Felix Wendenburg  Dr. Felix Wendenburg
Institut für Konfliktmanagement, Europa-Universität Viadrina

Der Round Table Mediation und Konfliktmanagement der deutschen Wirtschaft (RTMKM) hat eine neue Software entwickelt, die die Wahl des passenden Konfliktbeilegungsverfahrens für Unternehmen und deren beratende Rechtsanwälte vereinfachen soll. Das für den Kontext von B2B-Konflikten konzipierte Tool steht zur kostenfreien Nutzung auf www.rtmkm.de zur Verfügung stehen.

Dass jeder Konflikt in dem für seine Bearbeitung am besten geeigneten Verfahren beigelegt werden sollte, ist in der Mediations- und Konfliktmanagementbranche mittlerweile eine Binse. Die Konfliktbearbeitungspraxis ist – zumindest in B2B-Konflikten – von der Umsetzung dieser Erkenntnis weit entfernt. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zumeist sind den Konfliktparteien die Bandbreite der möglichen Verfahren und deren Unterschiede nicht (vollständig) bekannt, liegen zu vielen möglichen Verfahren keine praktischen Erfahrungen vor und werden die Verfahrensinteressen der Parteien nicht ausreichend reflektiert. Zudem sind im Moment des Vertragsschlusses die Charakteristika des zukünftigen Konflikts in der Regel nicht ausreichend vorhersehbar – Konfliktlösungsklauseln zielen daher oft ins Ungewisse.

Dieses Defizit versucht der RTMKM mit einem Tool zu kurieren, das Konfliktparteien und den sie beratenden Anwälten eine den Verfahrensinteressen der Konfliktparteien entsprechende kriteriengestützte Auswahl des bestgeeigneten Verfahrens ermöglicht (DiReCT – Dispute Resolution Comparison Tool).

In die Entwicklung dieses Tools haben sich zahlreiche ExpertInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Justiz eingebracht. Es galt, alle für die Beilegung von B2B-Konflikten in Betracht kommenden Verfahren zu identifizieren und mit ihren typischen Charakteristika zu beschreiben, um sie sodann in Beziehung zu den vielfältigen denkbaren Verfahrensinteressen von B2B-Konfliktparteien zu setzen. Die Verknüpfung zwischen beiden Elementen erfolgt für den Nutzer über 16 Fragen, die er beantworten und gewichten muss. (Eine ausführliche Beschreibung des Tools wird in der kommenden Ausgabe der ZKM (2/2019, 63 ff.) nachzulesen sein.)

Gerade auch vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die Bestimmung, in welchem Maße ein Konfliktbeilegungsverfahren ein Verfahrensinteresse zu erfüllen geeignet ist, eine Wertungsentscheidung darstellt, zielt DiReCT nicht darauf, eine vollkommen unzweifelhafte Antwort auf die Frage nach dem richtigen Streitbeilegungsverfahren zu generieren. Vielmehr steht der edukative Gedanke im Vordergrund, den Nutzern die große Auswahl an zur Verfügung stehenden Verfahrensmöglichkeiten ins Bewusstsein zu bringen und einen Überlegungsprozess zu ermöglichen, an dessen Ende eine reflektierte und bewusstere Entscheidung über die Verfahrenswahl steht.

Da sowohl das Spektrum der Verfahren als auch die für die Auswahlentscheidung relevanten Verfahrensinteressen der Konfliktparteien sich je nach Konfliktkontext deutlich unterscheiden, ist DiReCT ausschließlich für den Kontext der B2B-Konflikte gedacht. Die Entwicklung vergleichbarer Instrumente für den Kontext der B2C-Konflikte, etwa der Arbeitsplatzkonflikte, der verwaltungsrechtlichen Konflikte und der B2B-Konflikte mit internationalem Bezug steht noch aus. Auch die mögliche Einbindung eines vergleichbaren Tools in den Prozess der (digital unterstützten) Klageerhebung wird derzeit untersucht.

 

Ein Kommentar

  1. Avatar Karl F. Brandt
    Veröffentlicht 3. April 2019 um 16:35 | Permalink

    Sehr interessanter Ansatz – ich wünsche dem Verfahren viele akute Anwendungen und uns Mediatoren ein feedback.

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