Ein Weckruf für die Verbraucherschlichtung – gut, aber nicht gut genug

Prof. Dr. Reinhard Greger  Prof. Dr. Reinhard Greger
RiBGH a.D., Universität Erlangen-Nürnberg

Das Bundesjustizministerium will der Verbraucherstreitbeilegung auf die Sprünge helfen. Das ist gut und wichtig, denn die mit dem VSBG von 2016 geschaffene Möglichkeit, Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern schnell, kostengünstig und neutral von sachkundigen, unabhängigen, staatlich anerkannten Stellen klären zu lassen, wird nach wie vor viel zu wenig genutzt. Dies liegt zum Einen daran, dass diese Möglichkeit vielen Verbrauchern nicht bewusst ist (was man auch daran sieht, dass solche Ansprüche massenhaft gegen hohe Abschläge an kommerzielle Dienstleister abgetreten werden), zum Anderen an der Weigerung vieler Unternehmer, an diesem Verfahren teilzunehmen.

Ein im Bundejustizministerium erarbeiteter Referentenentwurf will daher das Verfahren für die Unternehmer attraktiver machen (insbesondere lästige Informationspflichten und Kostenrisiken beseitigen). Sie sollen nicht mehr verpflichtet sein, schon in ihren Geschäftsbedingungen und Internet-Auftritten zu erklären, ob sie an der Verbraucherstreitbeilegung teilnehmen, und im Streitfall eine zuständige Schlichtungsstelle zu benennen, obwohl sie ihre Teilnahme ablehnen. Der Verbraucher soll vielmehr dann besser als bisher über die Möglichkeit der Schlichtung informiert werden, wenn der Unternehmer seiner Beschwerde nicht voll entsprochen hat.

Im Verfahren vor der Universalschlichtungsstelle des Bundes soll den Unternehmer keine Kostenlast mehr treffen, wenn sich die Beschwerde des Verbrauchers als unberechtigt erweist oder wenn er nicht kurzfristig auf sie reagiert hat. Die Universalschlichtungsstelle soll auch stärker als bisher eine Informations- und Lotsenfunktion in der Verbraucherstreitbeilegung übernehmen, und zwar sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer.

Die Vorschläge des Entwurfs gehen in die richtige Richtung; sie beseitigen einige akzeptanzhindernde Ungereimtheiten des bestehenden Rechts. Ob sie die verbreitete Ablehnungshaltung auf Unternehmerseite grundlegend beseitigen werden, erscheint aber fraglich. Dass die Unternehmer die Verfahrenskosten auch dann tragen sollen, wenn sie sich einer Verbraucherbeschwerde völlig zu Recht widersetzt haben, schafft eine massive Hemmschwelle. Dass diese für das Verfahren vor der Universalschlichtungsstelle abgebaut werden soll, ist gut – aber weshalb nur dort? Für die meisten Verbraucherbeschwerden sind die branchenspezifischen Schlichtungsstellen zuständig, und für diese bliebe es beim Alten. Eine wirkliche Lösung ließe sich wohl nur über eine weitergehende Kostenvergünstigung – wie z.B. in Österreich – erzielen.

Zu hoffen bleibt auch, dass die Universalschlichtungsstelle nicht nur die Aufgabe einer allgemeinen Anlaufstelle für die Verbraucherschlichtung erhält, sondern auch die nötige Ausstattung, um eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit betreiben zu können.

Redaktioneller Hinweis:

Der Referentenentwurf ist abrufbar unter: https://ottosc.hm/ZvFL0. Weiterführende Literatur: Braun/Greger, ZKM 2022, 66 ff.; Greger, ZKM 2022, 125 ff.; Brönneke, ZKM 2024, 13 ff.

Mehr zum Autor: Der Autor war Richter am Bundesgerichtshof und Inhaber des Lehrstuhls für Zivilprozessrecht, Bürgerliches Recht und freiwillige Gerichtsbarkeit an der Universität Erlangen-Nürnberg. Er ist Mitautor des ZPO-Kommentars Zöller und Redaktionsbeirat der Zeitschrift für Konfliktmanagement. Die Abschlussberichte zu zahlreichen Forschungsprojekten auf dem Gebiet der autonomen Konfliktlösung sind einsehbar unter www.reinhard-greger.de/zur-person/forschungen. Dort finden sich auch Nachweise zu weiteren Veröffentlichungen.

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