Der Gender Negotiation Gap – Wege zum Erfolg am Verhandlungstisch

Dr. Sophia Habbe  Dr. Sophia Habbe
Partner at White & Case, Head of Investigations Germany

Co-Autorin:
Nadine Vogt
Associate bei der Kanzlei White & Case LLP in Frankfurt

Frauen verhandeln nicht weniger als Männer, erzielen jedoch oft schlechtere Ergebnisse. Dies spiegelt sich u.a. im Gender Pay Gap wider. 2023 lag dieser in Deutschland bei 18 % (unbereinigt) und 6 % (bereinigt). Während der unbereinigte Gender Pay Gap auch solche Divergenzen enthält, die auf die Ausübung von unterschiedlich bezahlten Berufen, abweichende berufliche Level oder Qualifikationen zurückzuführen sind, klammert der bereinigte Gender Pay Gap strukturelle Faktoren aus und betrachtet allein und absolut die Entgeltdifferenz. Dieser Unterschied lässt sich nicht etwa darauf zurückführen, dass Frauen nicht über ihre Gehälter verhandeln. Die Forschung zeigt vielmehr, dass Frauen und Männer in Verhandlungssituationen unterschiedlich wahrgenommen werden und Stereotype die Verhandlungsergebnisse beeinflussen.

Gesetzliche Regelungen, wie Art. 3 GG und das AGG, zielen darauf ab, die Gleichbehandlung der Geschlechter zu fördern. Das AGG verbietet ausdrücklich die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, während das EntgTranspG zum Ziel hat, die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern zu fördern. Die Rechtsprechung, insbesondere des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, unterstützt und verstärkt die gesetzlichen Vorgaben, indem sie Gehaltsunterschiede, die auf unterschiedlichem Verhandlungsgeschick basieren, als unzulässig einstuft. Trotz dieser Bemühungen, eine Gleichbehandlung von Frauen und Männern auch im Hinblick auf deren Vergütung sicherzustellen, hat sich bislang kein durchschlagender Erfolg eingestellt.

Der aktuelle Stand der Wissenschaft zeigt, dass auch bei Anwendung identischer oder vergleichbarer Verhandlungsstrategien die Verhandlungsergebnisse von Frauen und Männern signifikant divergieren. Diese Diskrepanzen wurzeln häufig in Geschlechterstereotypen. Attribute, die in Verhandlungssituationen als positiv aufgefasst werden, wie Durchsetzungsstärke und Rationalität, werden tendenziell Männern zugeschrieben, während Frauen vornehmlich als emotional und passiv wahrgenommen werden. Wenn Frauen versuchen, einen eher kompetitiven Verhandlungsstil anzuwenden und sich damit geschlechtsuntypisch verhalten, kann dies zu einem sog. „Backlash“ führen. Dieser Backlash beeinflusst die Verhandlungsergebnisse negativ und bewirkt häufig das Gegenteil des angestrebten Erfolgs.

In einem aktuellen Beitrag in der ZKM (ZKM0076895) analysieren wir diese Unterschiede und stellen Strategien vor, mit denen Frauen ihre Verhandlungsergebnisse verbessern können.