Lösung für Schrottimmobilien

Der BGH hat in einer Entscheidung vom 23.3.2018 (V ZR 307/16) die Vorschrift § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG erweiternd ausgelegt. Nach ihr kann jeder Wohnungseigentümer eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint, erweiternd ausgelegt.

Er geht davon aus, dass ein Anpassungsanspruch, der zunächst im Wege der Klage durchgesetzt werden muss, auch dann besteht, wenn ein Eigentümer an der wirtschaftlichen Verwertung seiner Einheit gehindert ist. Hierzu muss gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten das Vorliegen schwerwiegender Gründe für eine Anpassung der Nutzung nachgewiesen werden.

Dies kann vor allem Bedeutung auch bei Schrottimmobilien haben, die zu dem vorgesehenen Zweck nicht mehr genutzt werden können. Betroffen sind leerstehende Hotelanlagen und Gewerbeimmobilien. Aber auch bei Wohnimmobilien in Schrumpfungsregionen kann sich eine abweichende Nutzung anbieten.

Voraussetzung ist in sämtlichen Fällen, dass die geänderte Nutzung auch baurechtlich möglich ist. Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn ein Sondergebiet für ein „Hotel“ besteht und nunmehr eine Wohnnutzung angestrebt ist. In diesem Fall müssen die Eigentümer „doppelgleisig“ vorgehen.

WEG-Terranauten

Das englische Wort „Core“ steht im Deutschen unter anderem für „Kern“. Im US-amerikanischen Science-Fiction-Film „The Core“ aus dem Jahre 2003 reisen so genannte Terranauten zum Erdkern. Ihr Ziel ist es, diesen wieder zum Rotieren zu bringen. Der Erdkern soll aus einem flüssigen äußeren Kern bestehen – um den fahren die Terranauten herum – und einem festen inneren Kern. Das Unternehmen endet gut. Ob auch die Reise des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes zu dem von ihm angenommenen „Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte“ eines Wohnungseigentümers letztlich gut enden und allgemeines Wohlgefallen ausbrechen lassen wird, muss man noch abwarten – auch wenn man das als Zuschauer natürlich innig wünscht (der II. Zivilsenat hat den Begriff Kernbereich fallen gelassen, nicht aber die Idee). In den letzten Tagen wurden insoweit wieder zwei neue Folgen der Reise der – nennen wir sie absolut respektvoll, aber wegen des Kernbildes mal flapsig – „WEG-Terranauten“ veröffentlicht.

In der einen Folge (= BGH, Urteil vom 10. 11. 2017 – V ZR 184/16) – im ersten Zugriff: „Das Grauen der Mehrhausanlage“ – geht es um die Frage, was Wohnungseigentümer vereinbaren können und was nicht. Hier lesen wir bei den WEG-Terranauten unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 10. 12. 2010 – V ZR 60/10, Rz. 8, Vereinbarungen seien unwirksam, wenn sie die „personenrechtliche Gemeinschaftsstellung der Wohnungseigentümer“ aushöhlen oder wenn sie in den „Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte“ eingriffen (BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16, Rz. 24). Dem mag man mit einem ersten Impuls sofort zustimmen. Wer will schon ausgehöhlt und im Kern betroffen sein? Bitte Nein! Leider, leider garantiert das WEG eigentlich Privatautonomie (man lese § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG „Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist.“). Warum der Privatautonomie Grenzen zu setzen sind und wann, wird beim „Das Grauen der Mehrhausanlage“ leider nicht deutlich.

Anders als bei den Terranauten des Films „The Core“ sehen wir nicht, wo wohl der innere und äußere Kern sind, was flüssig und was fest, was nur Hülle und Weichteil und was noch vereinbar ist und was nicht. Hingegen erfahren wir bei den WEG-Terranauten, dass in den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer eingegriffen werden würde, räumte eine Vereinbarung einer „Untergemeinschaft“ (ich übersetze das mal: die Wohnungseigentümer, deren Sondereigentum in einem Gebäude einer Mehrhausanlage liegt) die Beschlusskompetenz ein, über Maßnahmen zu entscheiden, die das Grundstück, oder mehrere „nicht sämtlich zu der Untergemeinschaft gehörende“ Gebäude oder gemeinschaftliche Anlagen beträfe (BGH, Urteil vom 10. November 2017 – V ZR 184/16, Rz. 25). Der Beleg für diese forsche Behauptung – die begrifflich rumpelt, da ein Gebäude keiner Untergemeinschaft gehören kann und die angesichts des § 317 BGB mutig ist (gilt der nicht?) – soll sich bei „Senat, Urteil vom 20. Juli 2012 – V ZR 231/11, Rz. 11“ finden. Dort heißt es wie folgt: „Richtig ist jedoch, dass den Mitgliedern einer Untergemeinschaft nicht die Kompetenz zusteht, auch über die Kostenpositionen zu entscheiden, die das Grundstück, mehrere Gebäude oder gemeinschaftliche Anlagen betreffen“ (OLG Köln, Beschluss vom 11. März 2005 – 16 Wx 24/05). Liest man dann im Kölner Judikat nach – man ahnt es – findet sich nichts, ging es dort doch nur um die Auslegung einer konkreten Vereinbarung und um keine allgemeine Erkenntnis. Kein Eingriff in den „Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer“ soll nach den WEG-Terranauten hingegen dann erkennbar sein, wenn eine Vereinbarung einer „Untergemeinschaft Beschlüsse ermöglicht, die im Außenverhältnis zu einer Verpflichtung der Gesamtgemeinschaft und zu einer quotalen Haftung der an den jeweiligen Beschlüssen nicht beteiligten Eigentümer führen“. Auf deutsch: Eine Vereinbarung kann bestimmen, dass z.B. 4 von 20 Wohnungseigentümern einen Beschluss fassen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Vertrag schließt, und alle 20 Wohnungseigentümer deshalb einem Gläubiger der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (= die „Gesamtgemeinschaft“ im Sinne der WEG-Terranauten) für Verbindlichkeiten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer haften. Zur Begründung wird Rz. 27 nicht nur, aber auch angegeben, der Wohnungseigentümer, der nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG unglücklicherweise in Anspruch genommen werde, könne ja bei den „Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft Regress nehmen“. Bei diesem Argument zuckt man freilich: Welcher Weg kommt hier den Reisenden auf ihrem Weg in den WEG-Kern in den Blick? Der nach außen haftende Wohnungseigentümer hat doch eine Verbindlichkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erfüllt. Daher sollte er wohl dort Aufwendungsersatz suchen können? Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könnte dann gegebenenfalls in der Abrechnung versuchen, diese Zahlung nur bestimmten Wohnungseigentümern aufzuerlegen. Oder gibt es eine Gesamtschuld? Hat das Zucken ein Ende, kann man dann noch kurz vorher (Rz. 26) lesen, dass eine Vereinbarung, die nur einigen Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz einräumt, über eine Erhaltungsmaßnahme in Bezug auf ein Gebäude einer Mehrhausanlage zu beschließen (im Original heißt es zwar auch „Sanierungsmaßnahme“, wie an dieser Stelle aber schon gebloggt, kennt das WEG diesen Begriff nicht), nicht zulässig sei (verboten? unwirksam? Kernbereichsverstoß?), wenn nicht zugleich vereinbart sei, dass die durch diese Maßnahmen verursachten Kosten im Innenverhältnis allein von den „Mitgliedern der jeweiligen Untergemeinschaft“ zu tragen sind (= keine Umlagevereinbarung besteht, die die Beschlusskompetenz zur Erhaltungsmaßnahme entsprechend flankiert und die Kosten nur bestimmten Wohnungseigentümern auferlegt, nämlich denen, die im Namen aller Wohnungseigentümer einen Beschluss fassen dürfen).

Erstes Zwischenfazit: Eine Vereinbarung kann unwirksam sein, wenn sie in einen Kernbereich eingreift. Wann es so ist, was also der Maßstab ist, ist dunkel. Warum man insoweit nicht dem Gesetz unterworfen ist, das den Wohnungseigentümern Privatautonomie verspricht, erfährt man nicht. Es kann nach Ansicht des WEG-Senats – das hat mit der Suche nach einem Kern nichts zu tun, so dass hier begrifflich anders zu arbeiten ist – eine „Gesamtgemeinschaft“ geben, und „Untergemeinschaften“, und die haben dann auch noch „Mitglieder“. Na dann.

In der anderen Folge der WEG-Terranauten (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 305/16) – reißerisch: „aggressiver Angriff auf Ansprüche oder kurz a.A.a.A.“ – geht es um die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer. Wir sollten wissen oder wenigstens spüren: das ist was ganz anderes. Während ich nämlich grundsätzlich vereinbaren kann, was ich will, kann ich nur beschließen, wo mir das Gesetz oder eine Vereinbarung eine Beschlusskompetenz geben. Die Privatautonomie ist also von vornherein eng. Zum a.A.a.A. ist insoweit zu lesen, (auch) § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG betreffe den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Wohnungseigentümer, der einer „Vergemeinschaftung von vornherein“ entzogen sei (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2017 – V ZR 305/16, Rz. 11). Was § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG mit den „Mitgliedschaftsrechten“ zu tun hat, erfahren wir im Folgenden dann aber leider nicht.

Zweites Zwischenfazit: Nicht nur eine Vereinbarung, auch ein Beschluss kann unwirksam sein, wenn er versucht, in den Kernbereich einzugreifen. Wann es so ist, was also der Kern-Maßstab ist, bleibt leider auch hier unerklärt. Hinzu kommt: Da wir mit der Beschlusskompetenz das zu sattelnde Pferd eigentlich kennen, reichte gegebenenfalls ein Hinweis auf die fehlende Beschlusskompetenz. Und die Argumentation, dass eine Beschlusskompetenz fehlt, den Anspruch eines Wohnungseigentümers zu vernichten, dürfte gegebenenfalls gar nicht schwerfallen (siehe etwa Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, § 23 Rz. 8 „Anspruchsbegründung und -vernichtung“).

Fazit: Was lernen wir aus den beiden letzten Kern-Reisen unserer Terranauten? Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, der es nicht leicht hat, der nicht zu beneiden ist und der nicht verspottet, allenfalls höchst demütig ermahnt sein soll, hält an seiner Ansicht fest, ein Beschluss, aber auch eine Vereinbarung könnten nach einer Inhaltsprüfung unwirksam sein. Das ist absolut vertretbar (zur vom Bundesgerichtshof nicht erwähnten Kritik siehe etwa Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage 2018, § 10 Rz. 118 bzw. § 23 Rn. 80 ff.).

Teilt man den Karlsruher Ansatz, muss man dann aber versuchen, abstrakt zu beschreiben, bei welcher Oberfläche, bei welchen Weichteilen und welchen Schalen Vereinbarungen einer Inhaltskontrolle standhalten und wo das Unantastbare, also der wahre Kern beginnen soll. Es gilt also eine Definition zu finden, unter die man subsumieren kann. Richtern darf kein Freifahrtschein gegeben werden, ihren jeweiligen Bauchgefühlen Ausdruck zu verleihen. Für diese Definition leisten die jüngsten Reisen der WEG-Terranauten leider wenig und wir müssen auf weitere warten. In der Heilbronner Stimme soll laut Wikipedia (Stichwort: The Core – Der innere Kern) am 3. April 2003 zu „The Core“ im Übrigen Folgendes zu lesen gewesen sein: „Wenn sich der Kinobesucher auf diese fantastische Reise einlässt, wird er sich keine Millisekunde daran stören, den Naturwissenschaften eine lange Nase zu drehen“. Übersetzt sich der geneigte Leser diese Stellungnahme in Bezug auf den „Kernbereich des Wohnungseigentums“, könnte er am Ende fast versöhnt sein.

Berufszulassungsregelung für gewerbliche Wohnimmobilienverwalter – sinnvoll – sinnlos?

Zum 1. August 2018 wird für die gewerbsmäßige Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums i.S. des § 1 Abs. 2, 3, 5 und 6 WEG sowie für die gewerbsmäßige Verwaltung für Dritte von Mietverhältnissen über Wohnräume i.S. des § 549 BGB nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GewO eine Gewerbeerlaubnis benötigt. Wohnimmobilienverwalter müssen hierfür neben ihrer Zuverlässigkeit (§ 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO) und ihren geordneten Vermögensverhältnissen (§ 34c Abs. 2 Nr. 2 GewO) den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung (§ 34c Abs. 2 Nr. 3 GewO) nachweisen. Ein besonderer Nachweis der beruflichen Sachkunde ist nicht erforderlich, es besteht jedoch nach § 34c Abs. 2a eine Pflicht zur Weiterbildung im Umfang von 20 Stunden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren. Den Weiterbildungsnachweis muss der Gewerbetreibende nicht für seine eigene Person erbringen, es genügt, wenn sich eine angemessene Zahl von Beschäftigten des Gewerbetreibenden, die diesen vertreten dürfen und die aufsichtsführend tätig werden, weiterbildet.

Es stellt sich die Frage, ob mit der Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung sowie einer Weiterbildungspflicht von durchschnittlich weniger als 7 Stunden pro Jahr eine ordnungsgemäße Verwaltung von Immobilien und ein ausreichender Schutz der Eigentümer vor Schäden erreicht werden kann. M.E. hätte der ursprüngliche Ansatz, die Gewerbeerlaubnis vom Bestehen einer Sachkundeprüfung abhängen zu lassen, ergänzt um eine Fortbildungsverpflichtung, weiter verfolgt werden sollen. Es bleibt abzuwarten, welche Anforderungen die nach § 34c Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GewO zu erlassende Verordnung an die Weiterbildungspflicht stellen wird. Für mich steht jedoch fest, dass ein bloß formalisierter Nachweis der Teilnahme an einer Weiterbildung keine fundierte Sachkenntnis ersetzen kann. Aus meiner persönlichen Erfahrung mit Wohnungs- und Sondereigentumsverwaltern habe ich oftmals ein eklatantes Defizit an Grundkenntnissen des Wohnungseigentumsrechts feststellen müssen. Im Ergebnis wird sich eine unzureichende Aus-, Fort- und Weiterbildung – wie bisher – durch eine Schlechterfüllung der Verwalterpflichten manifestieren. Insoweit ist die Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung zum Schutz der Eigentümer zu begrüßen.

Auch in Zukunft wird die Rechtsprechung die schwierige Frage zu beurteilen haben, ob die Bestellung eines von der der Genehmigungspflicht ausgenommenen „Hobby“-Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Ich denke, dass eine solche Eigenverwaltung dann ausscheidet, wenn in der Gemeinschaft ein erheblicher Interessengegensatz herrscht oder wenn die Größe der Gemeinschaft die Bestellung eines mit Berufshaftpflichtversicherung ausgestatteten und durch Weiterbildung ausgezeichneten Verwalters erfordert. In jedem Fall empfehlen sich in Zukunft auch für nicht gewerbsmäßige Verwalter der Abschluss einer Haftpflichtversicherung und die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.

Freibrief für schlampige Verwalter?

Ja oder doch Nein?

Jemand verkauft seine Eigentumswohnung. Dazu ist die Zustimmung des Verwalters erforderlich. Der Verwalter erklärt beim Notar seine Zustimmung. Der Kaufpreis wird fällig gestellt und vom Erwerber bezahlt. Der Notar möchte das Eigentum umschreiben. Nunmehr erklärt der Verwalter, dass er seine Zustimmung widerruft. Das Grundbuchamt möchte wegen der fehlenden Verwalterzustimmung das Eigentum nicht auf den Käufer umschreiben. Ein leider in der Praxis nicht seltener Fall.

Widerruf sogar per Fax?

Das OLG München hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 31.05.2017-34 Wx 386/16) das Verhalten des Verwalters akzeptiert. Die Verwalterzustimmung sei als Einwilligung frei widerruflich (§ 183 Satz 1 BGB). Sogar ein per Faxschreiben dem Notar oder dem Grundbuchamt zugegangener Widerruf soll ausreichend sein. Damit bleibt dem Erwerber nur die Klage gegen den Verwalter auf Erteilung der Zustimmung.

Widerruflichkeit einer privatrechtsgestaltenden Erklärung?

Die Verwalterzustimmung wirkt  privatrechtsgestaltend. Während im öffentlichen Recht einer Behörde der Widerruf eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts nicht gestattet ist, soll das im Privatrecht anders sein. Damit kann ein Verwalter, der zunächst nicht sorgfältig geprüft hat, ob der Erwerber die Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft erfüllen wird, seine erklärte Zustimmung später widerrufen. Damit werden das schuldrechtliche und das dingliche Rechtsgeschäft unwirksam. Der Vormerkungsschutz des Erwerbers geht verloren, auch wenn er den Kaufpreis wegen der zunächst erteilten Zustimmung bereits entrichtet hat. Damit gehen die Wirkungen der Verwalterzustimmung weit über ihren Zweck hinaus. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin, wenn diese eingelegt wird, die Rechtsfrage entscheiden wird.

 

 

BGH zu verspäteter Betriebskostenabrechnung eines Wohnungseigentümers

Der BGH (VIII ZR 249/15) hat heute gemäß Mitteilung der Pressestelle folgendes entschieden: Der WEG-Verwalter hatte erst Ende 2013 über die Betriebskosten der Anlage für 2010 und 2011 abgerechnet. Der vermietende Eigentümer reichte die Abrechnung demensprechend verspätet (Nichtwahrung der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) an seinen Mieter durch und meinte, er habe die Fristüberschreitung nicht zu vertreten. Der Mieter sah das anders und wurde auf Nachzahlung verklagt.
Der 8. Senat ist ebenso wie die Vorinstanzen nicht weiter überraschend der Meinung, der Vermieter einer Eigentumswohnung habe auch dann innerhalb der Jahresfrist abzurechnen, wenn der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung nach § 28 Abs. 5 WEG noch nicht vorliegt. Er beruft sich auf den Zweck der Vorschrift, rasch Abrechnungssicherheit für den Mieter zu schaffen, und meint, der Mieter einer Eigentumswohnung würde in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise gegenüber sonstigen Mietern benachteiligt, wenn man das zusätzliche Erfordernis eines Beschlusses in die Vorschrift des § 556 Abs. 3 BGB hineinlesen wollte. Zwar müsse sich der Vermieter das Verwalterverschulden nicht zurechnen lassen; er habe aber selbst etwas veranlassen müssen, nachdem er im Lauf des Jahres 2010 (gemeint wohl 2011) erkannt habe, dass die Wohngeldabrechnung nicht rechtzeitig oder so fehlerhaft vorliegen würde, dass sie keine Grundlage für die von ihm dem Mieter geschuldete Abrechnung sein könne.
Was der Eigentümer hätte veranlassen können und müssen, damit er die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten gehabt hätte, muss der Berater ihm dann sagen.

Bei Wohnungsmodernisierung gibt’s neue Kochtöpfe

Unter dem 2. November 2016 gelangte das AG Berlin-Schöneberg zu dem Erkenntnis, dass der Vermieter dem Mieter hochwertige Töpfe und Pfannen bezahlen muss (AG Berlin-Schöneberg, 103 C 196/16, Grundeigentum 2016, 1515).

Und das kam so: Der mitvermietete Gasherd in der Wohnung sollte durch einen Elektro-Induktionsherd ersetzt werden.

Der Mieter meinte, sein bislang verwendetes Kochgeschirr sei nicht für den Induktionsherd geeignet. Es müssten also induktionsgeeignete Töpfe und Pfannen angeschafft werden.

Dem schloss sich das Amtsgericht an und bejahte zwar eine Duldungspflicht des Mieters nach § 555d Abs. 6 BGB; billigte aber dem Mieter zugleich nach § 555a Abs. 3 BGB einen Anspruch auf Vorschusszahlung von 500 Euro für den Kauf induktionsgeeigneten Kochgeschirrs zu. Über diesen Betrag müsse der Mieter aber abrechnen. Wobei zu erwähnen ist, dass dieser Betrag nicht zu den Modernisierungskosten nach § 559 BGB zählt (Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl. 2017, § 559 BGB, Rz. 16).

Nur: Abgesehen davon, dass z.B. gusseiserne Pfannen auch auf Induktionsherden nutzbar sind, gibt es auch eine erheblich kostengünstigere Lösung: Denn zum Stückpreis zwischen ca. 15 bis 30 Euro sind Adapterplatten erhältlich, mit den auch induktionsungeeignetes Kochgeschirr auf Induktionsherden verwendet werden kann.

Und ob ungeachtet der vorgenannten Aushilfen der Mieter aus dem Gedanken des Aufwendungsersatzes nach § 555a Abs. 3 BGB überhaupt einen Anspruch auf neues Kochgeschirr hat, wäre einer gesonderten Untersuchung wert. So war es in einem ähnlichen Fall Sache des Mieters, sich auf eigene Kosten eine Alternative zu beschaffen. Denn gegen den Wunsch des Mieters, eine Fernseh-Parabolantenne zu installieren, führte das AG Frankfurt/M (21.07.2008 – 33 C 3540/07, juris = InfoM 2008, 368) folgendes ins Feld:

“So ist es dem Mieter grundsätzlich auch zuzumuten, einen Decoder, eine D-Box oder Set-Top-Box … zu verwenden… Nur dann, wenn (dies) … derart teuer für den Mieter wird, dass dies schlechterdings einer (Fernseh-) Zugangsverweigerung gleichkäme, ist der Grundrechtsschutz tangiert.“

 

Löschung der Auflassungsvormerkung des Käufers durch den Notar

Häufig wird in notariellen Urkunden über Immobilienkaufverträge vereinbart, dass die für den Käufer zur Eintragung beantragte Auflassungsvormerkung gelöscht werden kann, wenn der Verkäufer den Notar um Löschung der Vormerkung ersucht und der Käufer nicht innerhalb einer bestimmten Frist auf Anschreiben des Notars die Kaufpreiszahlung oder die Anhängigkeit eines Rechtsstreits nachweist.

 

Das Kammergericht hat mit Beschluss vom 11.10.2016 – 1 W 337/16 eine derartige Vereinbarung, die als Bedingung für das Erlöschen der Vormerkung eine notarielle Eigenurkunde vorsah, grundbuchrechtlich gebilligt. Zur Angemessenheit einer derartigen Bedingung hat es nicht Stellung genommen.

 

Bezahlt der Käufer unberechtigt den Kaufpreis nicht, kann die Vormerkung im Grundbuch einen Weiterverkauf behindern. Insofern besteht ein Interesse des Verkäufers, die Vormerkung möglichst schnell zu löschen. Andererseits ist die Vormerkung das einzige und wesentliche Sicherungsmittel des Käufers. Der Vormerkungsschutz hilft ihm insbesondere bei einer Insolvenz des Verkäufers oder bei Vollstreckungsmaßnahmen, z. B. Pfändungen des Finanzamts, in den verkauften Grundbesitz. Hat der Käufer den Kaufpreis oder einen Teil bezahlt und geht der Vormerkungsschutz verloren, erhält er in der Insolvenz des Verkäufers sein Geld nur in Höhe der geringen Insolvenzquote zurück. Insofern darf über den Vormerkungsschutz nicht leichtfertig verfügt werden. Ob die verfahrensrechtlichen Sicherungen, nämlich Absendung des notariellen Schreibens per Einwurf-Einschreiben und Verstreichen einer Wartezeit von sechs Wochen ausreichen, wenn der Käufer beispielsweise wegen eines Auslandsaufenthalts nicht erreichbar ist oder unfallbedingt im Krankenhaus liegt und nicht ansprechbar ist, ist fraglich.

 

Hintergrund der zunehmenden Löschungen ist, dass vor Beurkundung nicht geklärt wird, ob der Käufer in der Lage ist, den Kaufpreis zu entrichten. Auf Betreiben von Vermittlern soll möglichst schnell beurkundet werden. Will der Verkäufer Sicherheit, ist ein Finanzierungsnachweis oder auch eine Bankbürgschaft das wesentlich bessere Mittel, das zudem die Sicherheit des Käufers nicht gefährdet. Das Löschungsverfahren durch den Notar, der anders als ein Gericht keine Möglichkeit hat, Beweise zu erheben, ist demgegenüber mit Risiken für beide Parteien verbunden.

 

Hausverwaltung oder was?

Ich habe an dieser Stelle schon zuvor gewitzelt und damit gewarnt, Begriffe ernst zu nehmen. Ein Begriff, den ich noch nicht genannt habe, ist der der Hausverwaltung. Klingt der Ihnen vernünftig? Ja, da gebe ich Ihnen recht. Er klingt nett.  Aber: im Wohnungseigentumsrecht? Wer verwaltet das gemeinschaftliche Eigentum?

Machen wir es wie früher in der Sesamstraße. Welcher Begriff ist richtig: Hausverwaltung, Verwaltung, Verwalter-GmbH, Hausverwalter, Verwalter. Es ist – lesen Sie nach in diversen §§ des WEG – natürlich der Begriff des Verwalters. Klar.

Verwalter kann nach allgemeiner Ansicht zwar auch eine Gesellschaft sein – was nicht klar ist, ist doch das Amt nach vielen höchstpersönlich wahrzunehmen. Das ändert aber nichts daran, dass Organ des Verbandes Wohnungseigentümergemeinschaft und Vertreter der Wohnungseigentümer nicht die Verwalter-GmbH oder die Hausverwaltung ist, sondern der Verwalter.

Und das ist wichtig. Denn die Pflichten und Rechte für das gemeinschaftliche Eigentum haben eben nicht die vielen Mitarbeiter eines Unternehmens, sondern hat der Verwalter. Und eben darum sollten wir uns des Begriffes auch bedienen.

Und daher sollte jeder BGH, Urteil vom 29.01.2016, V ZR 97/15, lesen und etwas die Stirn runzeln. Ich selbst zähle dort 19 mal den Begriff Hausverwalter bzw. Hausverwaltung. Wie schade – und kein Anlass zur Nachahmung.

 

Vom Aufstellen und verändern

Manche Fälle lassen mich ruhig schlafen. Andere nicht. Zu den Fällen, die mich eher unruhig werden lassen, gehören die, wenn Wohnungseigentümer etwas auf dem gemeinschaftlichen Eigentum abstellen. Das können Tische, Bänke, Kübel, Liegen, aber auch ein Sandkasten, ein Kinderschwimmbecken, eine mobile Terrasse oder ein Trampolin sein.

Land auf Land ab meint man, es handele sich beim Auf-/Drauf-/Hinstellen, Hinlegen, Ablegen um eine bauliche Veränderung (§ 22 Abs. 1 WEG). Und das ist falsch. Natürlich ist es vorstellbar, dass das, was da jetzt neu ist, stört. Dann aber wird vom gemeinschaftlichen Eigentum ein nachteiliger Gebrauch gemacht (§ 14 Nr. 1 WEG). Und den muss man, klagt einer, unterlassen (§ 15 Abs. 3 WEG).

Anders ist es hingegen, wenn das, um das es geht, fest im Boden verankert, vor allem einbetoniert wird. Denn dann wird in der Tat in die „Substanz“ des gemeinschaftlichen Eigentums eingegriffen und diese verändert. Und dann kann man fragen, ob es eine bauliche Veränderung ist – oder eine Modernisierung.

Wer das nicht glaubt, glaubt auch, dass man baut, wenn man ein Auto oder einen Container abstellt oder wenn man Licht auf eine Fassade wirft. Aber wer sollte das schon glauben? Tja, gegebenenfalls die „herrschende Meinung“. Aber auch die kann ja mal falsch gewickelt sein.

Umgehung der Mietpreisbremse durch möblierte Wohnungen?

Die Tagespresse (z.B. Süddt. v. 5.9.2016) und die Fachpresse (z.B. WuM 2016, 601) vermelden, in den deutschen Großstädten würde die sog. Mietpreisbremse dadurch umgangen, dass freie Wohnungen möbliert angeboten würden. In München etwa betreffe das rund 60 % der Wohnungsangebote.
Das ist insofern rechtlich gesehen ungenau, als die bloße Möblierung die Geltung der Mietpreisbremse nicht ausschließt. Wirklich „umgehen“ lassen sich die Vorschriften über Mieterhöhungen (§§ 557 bis 561 BGB) nur bei solchem möblierten Wohnraum, den der Vermieter überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten hat, w e n n der Vermieter selbst auch die Wohnung bewohnt (§ 549 Abs. 2 Ziff. 1 BGB). Das wird wohl kaum in beträchtlichem Umfang der Fall sein.
Wollte der Mieter einer möblierten Wohnung, die nicht auch vom Vermieter mit bewohnt wird, sich auf die Mietpreisbremse berufen, hat er allerdings das Problem, dass er die mehr als 10%ige Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete darlegen muss – er müsste also von der Ausstattung her vergleichbare (also möblierte) Wohnungen benennen können. Die sollen ja jetzt so häufig sein. Aber natürlich überschreiten die für diese Wohnungen vereinbarten Mieten ihrerseits die ortsübliche Mieten bei weitem.
Vielleicht ist es an der Zeit, sich mit dem klassischen alten Möblierungszuschlag und dessen Berechnung (jährliche Abschreibung und Verzinsung? fester Prozensatz vom Zeit- bzw. Verkehrswert der Möbel?) wieder näher zu beschäftigen.