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Steuerrecht-Blog

Erklärung zur optionalen Vollverschonung

Friedemann Kirschstein  Friedemann Kirschstein
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht

Die Klägerin (Kl.) erhielt von ihrer Mutter in einer einheitlichen Schenkung vier KG-Beteiligungen (KG 1–4) übertragen. Die Verwaltungsvermögensquote betrug für die Beteiligung KG 2 13,74 %. Für alle vier Beteiligungen betrug sie insgesamt unstreitig weniger als 10 %.

Die Kl. erklärte unwiderruflich, dass sie für den gesamten Erwerb die Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG a.F. in Anspruch nehme.

Das FA gewährte die Vollverschonung nur für die Beteiligungen K 1, K 3 und K 4. Für die Beteiligung K 2 gewährte sie keinen Bewertungsabschlag, also auch nicht die Regelverschonung von 85 %, weil die Verwaltungsvermögensquote von 10 % für diese Beteiligung überschritten war. Das FG (FG Münster v. 10.9.2020 – 3 K 2317/19 Erb, ErbStB 2020, 345 [Kirschstein]) bestätigte die Auffassung des FA.

Die Revision war ebenfalls erfolglos. Der BFH hat die Auffassung des FA bestätigt. Er stellt zunächst fest, dass die Verwaltungsvermögensquote für jede übertragene wirtschaftliche Einheit gesondert und nicht für alle Einheiten insgesamt zu ermitteln ist.

Danach stellt er fest, dass die Optionsverschonung für jede wirtschaftliche Einheit gesondert erklärt werden kann. Im Besprechungsurteil ergab die Auslegung der abgegebenen Willenserklärung der Kl. zur Optionsverschonung, dass die Vollverschonung auf alle Beteiligungen insgesamt angewendet werden sollte. Da diese Erklärung unwiderruflich war, konnte er hinsichtlich der Beteiligung K 2 nicht auf die Begünstigung der Regelverschonung zurückfallen, denn die Gewährung der Regelverschonung für einzelne Wirtschaftseinheiten setzt voraus, dass der Erwerber für diese Einheit keine Erklärung zur Vollverschonung abgegeben hat.

Die Kl. hätte die optimale Vergünstigung in Form von dreimal Vollverschonung und einmal Regelverschonung erhalten, wenn sie den Antrag auf Vollverschonung auf die Beteiligungen KG 1 und KG 3 und 4 beschränkt hätte. Bezüglich der Beteiligung KG 2 hätte sie gar keine Erklärung abgeben dürfen.

Das Urteil ist zwar zur bis zum 30.6.2016 geltenden Rechtslage ergangen. Die Grundsätze zur gesonderten Erklärung der optionalen Vollverschonung und zur Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote je wirtschaftlicher Einheit in § 13a Abs. 10 ErbStG dürften aber auch für das Erbschaftsteuerrecht in seiner aktuellen Fassung gelten.

Der BFH hatte im Besprechungsurteil einen Schenkungsfall zu entscheiden. In diesen Fällen kann der Antrag auf Optionsverschonung nach Aussage des Gerichts für jede Einheit gesondert erklärt werden. Ob die Auffassung der Finanzverwaltung in R E 13a.21 Abs. 1 ErbStR 2019 zutrifft, dass der Antrag auf Optionsverschonung im Erbfall nur insgesamt einheitlich gestellt werden kann, war nicht Gegenstand der Entscheidung. Er hält jedoch die einheitlich auszuübende Erklärung zur optionalen Vollverschonung für systemwidrig, weil sie gegen den Grundsatz der betriebsbezogenen Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote verstößt (vgl. Rz. 21 der Entscheidungsgründe). Aus dieser Aussage kann möglicherweise gefolgert werden, dass die Einzeloptionsverschonung auch im Erbfall gelten muss.

BFH v. 26.7.2022 – II R 25/20

Mehr zum Autor: RA/FAStR/WP/StB Friedemann Kirschstein ist als Berater
(Zimmert | Kirschstein, Lübeck) tätig. Er ist langjähriger Autor des ErbschaftSteuerberaters (ErbStB) und Mitkommentator des Gürsching/Stenger „Kommentar zum BewG/ErbStG“.

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