Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz hatte es sich vor vier Jahren klug ausgedacht: Weil der Weiterbau der Küstenautobahn A20 im dritten Bauabschnitt von Bad Segeberg in Richtung A7 schon lange gerichtlich gestoppt war und bis heute auf Eis liegt, wollte der FDP-Politiker erst mal in umgekehrter Richtung loslegen – von der A7 in Richtung Bad Segeberg, im vierten Bauabschnitt. Doch wie sich jetzt herausstellt, hat er die Chance dazu selber vergeben.
Denn obwohl die auch gegen diesen Abschnitt klagenden Umweltverbände Nabu und BUND zu einer Schlichtung vor einem Güterichter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig bereit waren, lehnte Buchholz eine solche Mediation ab – und verlor kurz darauf auch den Prozess um diesen vierten Bauabschnitt. Dort geht seither ebenfalls nichts mehr.
Dem Ergebnis der Mediation hätte man sich „unterworfen“, sagt Nabu-Landeschef Ingo Ludwichowski heute. Buchholz allerdings wollte davon nichts wissen, gab sich eines Sieges im Prozess sicher – und musste im November 2018 dann erleben, wie das Bundesverwaltungsgericht auch die Genehmigung des Landes für diesen Abschnitt kassierte. Die Planer hatten nicht ausreichend geprüft, ob Fledermäuse und Schleiereulen an der Strecke gefährdet werden und ob das Grundwasser dort unzulässig verschmutzt wird.
Dass der Nabu die Gespräche mit dem Land über die letztlich nicht zustande gekommene Mediation jetzt trotz vereinbarter Vertraulichkeit öffentlich macht, liegt an Buchholz’ jüngster Kritik an den Umweltverbänden. Buchholz hatte den Verbänden vorgeworfen, dass sie seine Einladungen zu Gesprächen stets ignoriert hätten, und von „einer der größten Enttäuschungen dieser Legislaturperiode“ gesprochen.
Die Ablehnung des Mediationsverfahrens in 2018 begründet Buchholz heute damit, dass er „zu große Verzögerungen befürchtet“ habe. Denn es wäre das erste Verfahren dieser Art überhaupt in Leipzig gewesen und damit Neuland für den Güterichter. Zudem hätte dann eine Verschiebung der eigentlichen Gerichtsverhandlung gedroht – was deshalb ein Problem gewesen wäre, weil es gegen den vierten Bauabschnitt wegen der befürchteten Verschmutzung des Grundwassers eine weitere Klage von zwei Anwohnern gab, die mit einer Mediation nicht erledigt gewesen wäre. Buchholz wirft den Umweltschützern außerdem vor, dass sie eine schneller mögliche, allerdings auch weniger gründliche außergerichtliche Mediation „wiederholt abgelehnt“ hätten.
Am Ende war nicht nur die Klage der Umweltverbände gegen den vierten A-20-Abschnitt erfolgreich, sondern auch die der Anwohner. Weil das Bundesverwaltungsgericht in deren Fall sogar zunächst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs abwartete, wurde sie erst im April 2021 entschieden. So lange hätte Buchholz daher auch bei einer erfolgreichen Mediation mit den Umweltverbänden warten müssen. Anvisierter Baustart für die neue Autobahn ist jetzt das Jahr 2024.
Quelle: www.shz.de v. 15.4.2022
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