Insgesamt 5.616 sogenannte Dieselverfahren sind derzeit beim Bundesgerichtshof anhängig, wie die Präsidentin des Gerichts, Bettina Limberg, kürzlich im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages ausführte. Das entspreche dem Jahreseingang aller Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden aller anderen zivilrechtlichen Bereiche. Sie beschrieb damit das Problem der Massenverfahren, auf das die Bundesregierung mit einem Gesetzentwurf „zur Einführung eines Leitentscheidungsverfahrens beim Bundesgerichtshof“ (20/8762) reagiert hat. Dazu gab es im Ausschuss eine öffentliche Expertenanhörung. Überwiegender Befund: Problem erkannt, aber nicht hinreichend gelöst.
Bettina Limberg befand allerdings bündig: „Das Leitentscheidungsverfahren muss kommen.“ Zwar könne das Vorhaben nur ein kleiner Baustein in einem gesetzgeberischen Konzept gegen Massenverfahren sein. Aber das Gesamtsystem des Zivilprozesses brauche jetzt eine schnelle und effiziente Lösung. Das Gesetz solle mit minimalinvasivem Eingriff ermöglichen, bei einer aufkommenden Massenwelle rechtzeitig für eine Klärung der Rechtslage zu sorgen, an der sich dann die Instanzgerichte orientieren könnten. Damit sei allen Instanzen und auch allen Beteiligten geholfen: Die Verbraucherinnen und Verbraucher hätten eine schnellere Entscheidung, die beteiligten Kreise könnten wirtschaftlich früher planen, die Gerichte ersparten sich fehlgeleitete und sinnlose Ressourcen. Der Markt der Sachverständigen könne sich deutlich entspannen.
Matthias Engelhardt, Deutscher Richterbund, erläuterte, die geplanten Regelungen blieben hinter den Erwartungen der Praxis deutlich zurück und würden nur zu einer äußerst geringen Entlastung der Justiz führen. Markus Hartung, Legal Tech Verband Deutschland, begrüßte im Prinzip die Initiative. Es bestehe vor allem eine akute Notwendigkeit, die Justiz mit einer modernen Form des Verfahrensmanagements auszustatten. Die Möglichkeit einer Leitentscheidung durch den Bundesgerichtshof sei zu begrüßen. Der Gesetzentwurf sei indes nicht der große Wurf und enthalte Webfehler.
Quelle: Deutscher Bundestag hib 941/2023
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