Mediation statt Anordnungen: Dieses Modell zeigte bei zerstrittenen Eltern in einem Berner Pilotversuch Erfolg. Nun will der Bundesrat das Modell schweizweit einführen. Jedes Jahr sind in der Schweiz rund 30.000 Kinder von einer Scheidung oder einer Trennung der Eltern betroffen. In Hunderten von Fällen sind die Eltern derart zerstritten, dass die Behörden eingreifen müssen. Gerichte oder die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) regeln dann die gemeinsame Kinderbetreuung. Oft lösen solche Anordnungen allerdings den Konflikt nicht, sondern verschärfen ihn noch. Leidtragende sind dabei in erster Linie die Kinder.
Deshalb wurde in einem Pilotprojekt in der Stadt Bern ein neuer Weg zur Streitschlichtung begangen. Stark zerstrittene Eltern wurden vom Gericht oder von der Kesb ins 2023 gegründete Zentrum für Familien in Trennung (ZFIT) geschickt. Über den Beratungszeitraum von vier Monaten müssen die Eltern zu vier bis sechs Beratungsgesprächen von 60 bis 90 Minuten erscheinen. Die Beratung ist aufgrund einer behördlichen oder gerichtlichen Anordnung obligatorisch. Ziel dieser „Zwangsmediation“ ist es, den Konflikt zwischen den Eltern zu entschärfen und eine gemeinsame Lösung zur Betreuung der Kinder zu finden. (Hierzu ausführlich Falkner, ZKM 2024, 86 ff.)
Nun wurde die zweijährige Pilotphase dieser Beratungsgespräche von der Universität Freiburg ausgewertet. Die Bilanz fällt positiv aus, wie die involvierten Stellen in einer Mitteilung schreiben. So konnte in mehr als zwei Drittel der Fälle eine Teileinigung oder eine Einigung der Eltern erzielt werden. In fast der Hälfte der Fälle schlossen die Eltern eine Vereinbarung ab zur gemeinsamen Kinderbetreuung und zur Handhabung des Besuchsrechts. Positiv sind solche Einigungen nicht nur für die zerstrittenen Eltern und die Kinder, sondern auch für die Behörden. Diese werden durch eine erfolgreiche Mediation erheblich entlastet. Denn rund 40 Prozent aller Kesb-Schutzmaßnahmen für Kinder sind Beistandschaften, um das Besuchsrecht bei streitenden Eltern durchzusetzen.
Der Kanton Bern und das Bundesamt für Justiz prüfen nun eine Verlängerung des Projekts. Neben der formalen Genehmigung ist dazu vor allem auch Geld nötig. Der Bundesrat will das Familienverfahrensrecht rasch modernisieren. In seinem Bericht verwies er unter anderem auf die Erfahrungen mit dem Zentrum für Familien in Trennung. So soll die Konfliktlösung durch Mediation gesetzlich verankert werden. Weiter sollen die heute unterschiedlichen Zuständigkeiten bei verheirateten und unverheirateten Paaren vereinheitlicht werden. Heute ist bei unverheirateten Paaren die Kesb und nicht ein Gericht zuständig. Künftig sollen für alle Paare die Gerichte zur Regelung von Kinderbelangen befugt sein und die Kesb mit dem Vollzug der von Gerichten angeordneten Kindesschutzmaßnahmen.
Quelle: www.tagesanzeiger.ch v. 17.6.2025
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