Vorsicht bei erklärter Mitwirkungsbereitschaft des Jugendamts zur Umsetzung einer Umgangsregelung (BGH v. 9.6.2021 – XII ZB 513/20)

Nach § 1684 Abs. 4 S. 3 und 4 BGB kann das Familiengericht in Ausgestaltung einer Umgangsregelung anordnen, dass der Umgang nur in Anwesenheit eines mitwirkungsbereiten Dritten erfolgt, wobei Dritter in diesem Sinn neben dem Träger der Jugendhilfe auch ein Verein sein kann, dabei ist jeweils eine Einzelperson zu benennen, die diese Aufgabe letztlich wahrnimmt. Da sich die Verfahrensbeteiligten in der Praxis häufig nicht auf einen Dritten in diesem Sinn verständigen können bzw. ein solcher tatsächlich nicht zur Verfügung steht, ist die Wahl des Jugendamts oder eines sonstigen Trägers der Jugendhilfe praktisch die Regel.

In einem aktuellen Beschluss hat der BGH nun entschieden, dass gegenüber einem solchen Dritten, auch wenn er im Vorfeld seine Mitwirkungsbereitschaft erklärt hatte, diese nachfolgend jedoch widerruft, ein Ordnungsmittel nicht verhängt werden kann, da die Festsetzung eines Ordnungsgeldes nur gegen den tatsächlich Verpflichteten einer Umgangsregelung erfolgen kann. Allein aus dem Umstand folgend, dass das Jugendamt seine Räumlichkeiten und Mitarbeiter zur Durchführung des Umgangs zur Verfügung zu stellen bereit ist, nimmt es nicht am vollstreckbaren Inhalt eines Umgangsbeschlusses teil. Da die Mitwirkungsbereitschaft i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 3 und 4 BGB auf der Freiwilligkeit des Dritten beruht, kann das Jugendamt im Zuge einer Umgangsregelung nicht zur Mitwirkung verpflichtet werden, sondern ist jederzeit zu einem Widerruf seines erklärten Einverständnisses berechtigt. Auch soweit ein umgangsberechtigter Elternteil aus § 18 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VIII folgend ein einklagbares Recht auf Unterstützung bei der Umgangsausübung besitzt, muss dieses letztlich verwaltungsgerichtlich erst durchgesetzt werden.

Die Entscheidung des BGH vom 9.6.2021 verdeutlicht erneut, dass die Familiengerichte gegenüber den Jugendämtern bzw. sonstigen freien Trägern der Jugendhilfe keine Anordnungskompetenz besitzen, da diesen die Steuerungshoheit nach § 36a SGB VIII zugewiesen ist. Die ablehnende Entscheidung des Jugendamts zur Mitwirkung i.S.d. § 1684 Abs. 3 S. 3 BGB muss daher ggf. gesondert im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mittels einer allgemeinen Leistungsklage überprüft werden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Eignung i.S.d. § 18 Abs. 3 S. 4 SGB VIII unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Nachprüfung, wobei von Bedeutung sein kann, ob das Jugendamt in seiner Stellungnahme selbst davon ausgegangen ist, dass ein unbegleiteter Kontakt dem Kindeswohl nicht förderlich ist.

Muss daher zunächst das verwaltungsgerichtliche Verfahren durchgeführt werden, so ist das Familiengericht zu einer Aussetzung des ggf. dort noch anhängigen Verfahrens verpflichtet, um den Beteiligte die Möglichkeit zu geben, zunächst die verwaltungsgerichtliche Klärung herbeizuführen. Für die Interimszeit hat das Familiengericht gem. § 156 Abs. 3 S. 1 FamFG den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen, so dass – orientiert an Ausmaß und Schwere einer etwaigen Kindeswohlgefährdung – auch ein unbegleiteter Umgang in Rede stehen kann, der wiederum doch das Jugendamt anregen kann, den Umgang zu begleiten, und sei es auch nur bis zur Klärung des Sachverhalts im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob ein „Großes Familiengericht“ mit seiner Kompetenz zur Entscheidung über alle Rechtsstreitigkeiten aus Ehe und Familie, wie es dem Gesetzgeber bei Schaffung des FamFG vor Augen stand, nicht auch Sachverhaltskonstellationen der vorab dargestellten Art umfassen sollte – vor allem mit Blick auf die besondere Eilbedürftigkeit kindschaftsrechtlicher Verfahren und der bestehenden besonderen fachlichen und sachlichen Nähe der Familiengerichte zu diesen Verfahren.

Covid-19-Testverfahren – Die unendliche Geschichte (AG Mainz v. 4.5.2021 – 34 F 126/21)

Pandemien sind immer auch die Stunde selbsternannter Sachverständiger, die in Zeiten sozialer Netzwerke zudem davon profitieren – ohne zu befürchten, sich mit fundierten Gegenargumenten auseinandersetzen zu müssen – ihre persönliche Meinung als Maßstab allen Denkens weltweit verbreiten zu können. Leider genügt es nicht mehr, den im Netz und der Öffentlichkeit verbreiteten kruden Gedankengängen nur mit einem mitleidigen Lächeln zu begegnen. Wie die Entscheidung des AG Weimar v. 8.4.2021 – 9 F 148/21 und die zeitlich folgenden, inhaltlich hieran angelehnten gerichtlichen Beschlüsse (lesen Sie dazu die Blogbeiträge von Werner Schwamb) gezeigt haben, können fragwürdige Gedankengänge relativ schnell juristische Grundlagen ins Paradoxe verkehren und in Frage stellen. Besonders bedenklich wird diese Entwicklung, wenn Familiengerichte, für die in Kindschaftssachen nach § 155 FamFG der Beschleunigungsgrundsatz gilt und die gerade in Pandemiezeiten ohnehin an den Grenzen ihrer Kapazitäten arbeiten, zusätzlich mit Fragen befasst werden, die durchaus die Rückfrage zulassen, ob es einem beteiligten Elternteil tatsächlich noch um das Kindeswohl geht oder nur die eigene Weltanschauung in den Vordergrund gestellt werden soll.

Das AG Mainz hat sich in seinem Beschluss vom 4.5.2021 – 34 F 126/21 mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Teilnahme eines Kindes an Testverfahren zur Diagnose von Covid-19 eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1628 Satz 1 BGB ist.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt erstrebte die Mutter die Alleinentscheidungsbefugnis zu der Frage, ob ihre 2011 geborene Tochter zum Zweck des Schulbesuchs an einem solchen Testverfahren teilnehmen bzw. sie einen Mund-Nasen-Schutz tragen dürfe. Der Kindesvater, zu dem sowohl die Tochter als auch ihr älterer Bruder bereits seit 2019 auf eigenen Wunsch keinen Kontakt mehr unterhielten, beantwortete eine Anfrage seiner geschiedenen Ehefrau negativ, da nach einer von ihm zitierten Internetveröffentlichung, Selbsttests bei ungeübten Kindern zu nicht unerheblichen Verletzungen führen könnten. Gleichzeitig kündigte er der Kindesmutter strafrechtliche Konsequenzen an, sollte sie sich über seine fehlende Einwilligung hinwegsetzen.

Das AG Mainz hat der Kindesmutter die alleinige Befugnis zur Entscheidung betreffend der Teilnahme des Kindes an Testverfahren übertragen, da dies dem Wohl des Kindes entspreche. Zu berücksichtigen sei zunächst, dass das Kind keinen Kontakt zum Vater habe. Zudem seien seit der Änderung des § 28b ISG vom 22.4.2021, Coronatests in allgemeinbildenden Schulen für Schüler und Lehrer verpflichtend bei einer Sieben-Tage-Inzidenz zwischen 100 und 165. Es gelte auch eine Präsenzpflicht für Schülerinnen und Schüler in den rheinland-pfälzischen Schulen. Nach dem aktuellen Stand der Corona-Pandemie könne nicht sicher prognostiziert werden, wann sich die Inzidenz soweit reduziert habe, dass ein Präsenzunterricht auch ohne Tests möglich sei. Es erscheine daher möglich, dass das Kind bis zum Beginn der Sommerferien – bei fehlender Zustimmung des Vaters – den Präsenzunterricht nicht wahrnehmen könne. Es habe bereits eine Klassenarbeit über Videokonferenz schreiben müssen, während die Mitschüler die Arbeit in den Schulräumen hätten schreiben können.

Eine Gesundheitsgefahr durch Verwendung der Teststäbchen sei nicht festzustellen. Aus der Anleitung verschiedener Bundesministerien und Gesellschaften zum Corona-Selbsttest ergebe sich die bedenkenlose Anwendung dieser Tests auch für Kleinkinder. Alle Schulen hätten ein umfangreiches Informationspaket enthalten, das ein Testkonzept zum Einsatz der Selbsttests enthalte.

Die seitens der Mutter begehrte Entscheidungskompetenz betreffe eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Beurteilungsmaßstab sei dabei der Testzweck, d.h. die Ermöglichung der Teilnahme des Kindes am Präsenzunterricht, die wiederum geeignet sei, nachhaltig Einfluss auf seine schulische und seelische Entwicklung einschließlich seiner sozialen Kompetenzen zu nehmen. Dies gelte umso mehr, wenn das Kind bereits längere Zeit pandemiebedingt nur am Heimunterricht habe teilnehmen dürfen und im Gegensatz zu seinen Mitschülern trotz gesunkener Fallzahlen im Heimunterricht bleiben müsse. Das Kind werde daher im Vergleich zu seinen Mitschülern benachteiligt, was umso schwerer wiege, als es nach den Sommerferien 2021 eine weiterführende Schule besuchen werde.

Das AG Mainz bewertet in seinem Beschluss nicht nur die Annahme einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung zutreffend, da es mit dem Kindeswohl nicht vereinbar wäre, wenn in der konkreten Streitfrage die Entscheidung unterbliebe, sondern sieht zutreffend die Entscheidungskompetenz – am Maßstab des Kindeswohls (§ 1697a BGB) orientiert – allein bei der Kindesmutter.

Covid-19-Impfungen von Kindern und Jugendlichen als Standardimpfungen? (OLG Frankfurt v. 8.3.2021 – 6 UF 3/21)

Die Frage, ob Angebote einer Covid-19-Impfung angenommen werden oder nicht, wird in der Gesellschaft unterschiedlich diskutiert, wobei bislang primär die Impfung Volljähriger in Rede stand. Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr wurde nur bei bestehenden Grunderkrankungen und einem daraus folgenden erhöhten Infektionsrisiko ein Impfangebot unterbreitet. Gerade solche Grunderkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen, waren Anlass für die von BioNTech initiierte Prüfung einer europäischen Zulassung dieses Impfstoffs auch für Kinder ab dem 12. Lebensjahr. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat Ende Mai 2021 eine Empfehlung zur Impfung von Kindern ab 12 Jahren mit dem Impfstoff BioNTech abgegeben. Diese Entscheidung korrespondiert mit dem Ergebnis des Corona-Gipfels der Ministerpräsidenten/innen vom 28.5.2021. Eine gleichlautende uneingeschränkte Impfempfehlung wurde seitens der STIKO allerdings verweigert. Empfohlen wird die Impfung lediglich für Kinder mit bestimmten Vorerkrankungen. Im Übrigen soll eine Impfung nicht ausgeschlossen sein, allerdings nur erfolgen nach entsprechender ärztlicher Aufklärung, Risikoakzeptanz und individuellem Wunsch.

Für die Impfung von Kindern und Jugendlichen sprechen die Überlegungen, dass sie – ebenso wie Erwachsene – einen Anspruch auf Impfschutz haben, bestehenden Grunderkrankungen und einem damit verbundenen erhöhten Infektionsrisiko nur so effektiv begegnet werden kann, aber letztlich auch die angestrebte „Herdenimmunität“ nur erreicht werden kann, wenn auch dieser Teil der Bevölkerung (15 % der Gesamtbevölkerung) in die Impfstrategie einbezogen wird. Als Gegenargument wird vorgetragen, dass Kinder in der Regel leichtere Krankheitsverläufe aufzeigen und damit die Impfung nur zu empfehlen ist, wenn die hiermit einhergehenden Vorteile die gleichzeitig damit verbundenen Nachteile und Risiken aufwiegen. Gerade die im Zusammenhang mit einer Impfung durchaus auch bestehenden Risiken sind nach Einschätzung der STIKO bislang allerdings noch nicht ausreichend geprüft und bewertet.

Im Jahr 2017 hat der BGH sich in einer Grundsatzentscheidung zu der Frage positioniert, unter welchen Voraussetzungen einem Elternteil nach § 1628 BGB die alleinige Entscheidungskompetenz zur Durchführung einer Schutzimpfung des Kindes zu übertragen ist. Auch wenn nur Standard- oder Routineimpfungen in Rede stehen, hat der BGH diese gleichwohl als Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung bewertet (BGH v. 3.5.2017 – XII ZB 157/16, FamRB 2017, 250), die grundsätzlich einer einheitlichen Entscheidung gemeinsam sorgeberechtigter Eltern bedürfen. Kann dieses Einvernehmen zwischen den Eltern nicht hergestellt werden, so ist die Entscheidungskompetenz jenem Elternteil zur alleinigen Ausübung zu übertragen, der sich an den Impfempfehlungen der STIKO orientiert, wobei es für die zu treffende gerichtliche Entscheidung dann auch keiner neuen sachverständigen Begutachtung bedarf, wenn das Kind keine besonderen Impfrisiken aufweist.

Diese Grundsatzentscheidung hat das OLG Frankfurt in einem aktuellen Beschluss aufgegriffen (OLG Frankfurt v. 8.3.2021 – 6 UF 3/21, FamRB 2021, 240) und ergänzend ausgeführt, dass die Prüfung der Impffähigkeit ebenso wie die Aufklärung über Kontraindikationen ohnehin zu den ärztlichen Pflichten vor einer Impfung gehört, d.h. den behandelnden Kinderarzt oder Kinderärztin hier weitergehende Pflichten treffen.

Unbeschadet davon, ob man eine Covid-19-Impfung als Routine- oder Standardimpfung bewertet, ist sie in jedem Fall eine Angelegenheit von grundlegender Bedeutung. Die Diskussion um die Impfung von Kindern und Jugendlichen mit einem Covid-19-Vakzin wird damit auch in naher Zukunft das Familienrecht verstärkt beschäftigen und nicht unerheblich auch davon beeinflusst werden, wie sich die STIKO mit ihren Empfehlungen gerade auch zu dieser Bevölkerungsgruppe in Zukunft positioniert.

Umgangskontakte um jeden Preis? (OLG Frankfurt v. 11.11.2020 – 3 UF 156/20 sowie OLG Frankfurt v. 24.11.2020 – 5 UF 110/20)

Neben den klassischen Fällen des Umgangsboykotts durch den betreuenden Elternteil haben in der Praxis auch jene Fallkonstellationen ihren Platz, in denen ausdrücklich eine weitere Einbringung eines Elternteils in die Betreuung eines gemeinsamen Kindes gewünscht wird, d.h. nicht nur weitergehende Umgangskontakte, sondern häufig die grundsätzliche Bereitschaft eines Elternteils zu Umgangskontakten familiengerichtlich umgesetzt werden muss. Mit entsprechenden Sachverhalten hat sich das OLG Frankfurt im November 2020 gleich in zwei Entscheidungen befassen müssen.

In der Entscheidung vom 11.11.2020 leitete die Kindesmutter ein gerichtliches Verfahren zur Umgangsregelung zwischen ihrem getrenntlebenden Ehemann und den gemeinsamen drei Söhnen ein. Während die Kinder sich ausdrücklich für einen Kontakt mit ihrem Vater aussprachen und anlässlich ihrer gerichtlichen Anhörung diesen Wunsch auch konsequent wiederholten, wurde der Kontakt seitens des Vaters mit der Begründung abgelehnt, dass er unter erheblichem beruflichen Druck stehe bzw. aus seiner neuen Beziehung ein weiteres Kind hervorgegangen sei, so dass er sich aus tatsächlichen Gründen zu einer Wahrnehmung der Umgangskontakte außer Stande sehe.

Orientiert an einer gefestigten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hat der Senat dann auch der Beschwerde des Vaters, mit der er sich gegen die familiengerichtliche Entscheidung zur Wehr setzte, durch die er zur Wahrnehmung von Umgangskontakten verpflichtet wurde, eine Absage erteilt. Der Senat hat insbesondere darauf verwiesen, dass die Umgangsverweigerung einen maßgeblichen für das Kind und seine Entwicklung entscheidenden Entzug elterlicher Verantwortung und zugleich die Vernachlässigung eines wesentlichen Teils der in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG statuierten Erziehungspflicht darstellt bzw. der mit der elterlichen Umgangspflicht verbundene Eingriff in deren Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit wegen der den Eltern durch Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten und auferlegten Verantwortung für ihr Kind und wegen des Rechtes des Kindes auf Pflege und Erziehung durch die Eltern gerechtfertigt ist.

Auch in dem der Entscheidung vom 24.11.2020 zugrundeliegenden Sachverhalt verweigerte der Vater die Umgangskontakte mit dem gemeinsamen knapp zweijährigen Kind. Allerdings war es in dem gerichtlichen Verfahren der Antragsteller, der Umgangskontakte dem Grunde nach einforderte, allerdings nur unter der von ihm vorgegebenen Bedingung eines zusammenhängenden Ferienumgangs an seinem Wohnort. Die von ihm eingelegte Beschwerde gegen die Ausgangsentscheidung, mit der zunächst regelmäßige Kontakte am Tag festgelegt wurden, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung hat der Senat u.a. darauf verwiesen, dass ein Umgang mit Übernachtungen im Haushalt des Vaters derzeit nicht in Betracht kommen, da es einer entsprechenden Vorbereitung des Kindes bedürfe, nachdem über längere Zeit keine Kontakte durch den Vater wahrgenommen wurden und er seinen Wohnsitz auch an einen rund 400 km von der Wohnung der Mutter gelegenen Ort verlegt hatte. Der Senat hat letztlich festgestellt, dass es in diesem Fall keiner Umgangsregelung bedarf, so dass dem Vater freigestellt wurde, zunächst die Voraussetzungen zu schaffen, um der von ihm selbst verantworteten Entfremdung entgegenzuwirken.

Der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen gehört in der Regel zum Wohl des Kindes, wobei § 1684 Abs. 1 BGB den verfassungsunmittelbaren Anspruch des Kindes auf Umgang mit jedem seiner Elternteile konkretisiert. Bei der Verwirklichung des Umgangsrechts sind vorrangig die Interessen des Kindes zu berücksichtigen, wobei der nicht betreuende Elternteil eine Pflicht zum Umgang mit dem Kind hat, so dass auch auf ein Umgangsrecht nicht rechtswirksam verzichtet werden kann.

In der Grundsatzentscheidung vom 1.4.2008 hat das BVerfG hervorgehoben, dass gegenüber einem umgangsunwilligen Elternteil der Umgang mit dem Kind zwar grundsätzlich unter Inanspruchnahme von Ordnungsmittel umgesetzt werden könnte, ein derart erzwungener Umgang in der Regel wohl aber nicht dem Kindeswohl dienen würde (BVerfG v. 1.4.2008 – 1 BvR 1620/04, FamRB 2008, 174).

Ebenso wie in den Fällen des Umgangsboykotts durch den betreuenden Elternteil ist auch in den Fällen einer bestehenden Umgangsverweigerung zu hoffen, dass Elternteile sich auf die ihnen gegenüber ihren Kindern bestehende Verantwortung besinnen und unter Zurückstellung eigener Befindlichkeiten ihr Verhalten an den vorrangigen Belangen ihres Kindes ausrichten.

Elterliches Hobby versus Kindeswohl? (OLG Frankfurt v. 27.10.2020 – 1 UF 170/20)

Dass ein – möglicherweise bereits während des elterlichen Zusammenlebens gepflegtes – Hobby nach der Trennung Anlass zur Prüfung einer Kindeswohlgefährdung sein kann, zeigt ein aktueller Beschluss des OLG Frankfurt.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt übten die getrenntlebenden Eltern die Sorge für ihren 2019 geborenen Sohn gemeinsam aus. Der Vater hielt im Zusammenhang mit dem von ihm betriebenen Schlittenhundesport u.a. fünf Huskys sowie einen Labrador. Seitens der Mutter wurde dem Umgang entgegengehalten, dass sie die Kontakte nur akzeptiere, wenn die Hunde sich in dieser Zeit im Zwinger befänden. Erstinstanzlich wurde dem Vater ein Umgang mit dem Kind zuerkannt, allerdings nur in Abwesenheit der Hunde. Auf seine Beschwerde wurde die Ausgangsentscheidung dahin abgeändert, dass er lediglich sicherzustellen hatte, dass während der Umgangskontakte das Kind nicht in Gegenwart von einem oder mehreren Hunden unbeaufsichtigt bleibe. Seine Entscheidung hat der Senat darauf gestützt, dass mit der Umgangsregelung auch Auflagen verbunden werden könnten, gerichtet etwa auf das Verbot der Gegenwart eines gefährlichen Tieres während des Umgangs. Im konkreten Fall gebe es keine Anhaltspunkte für eine konkrete Kindeswohlgefährdung, da die Hunderassen nicht als gefährlich einzustufen und auch nicht in der jeweiligen Gefahrenabwehrverordnung gelistet seien. Zudem könne davon ausgegangen werden, dass die Tiere regelmäßig trainiert würden und damit über einen Grundgehorsam verfügten. Eine abstrakte Gefahr aufgrund der Anzahl der Hunde, die eine weitergehende Regelung verlange, sei nicht zu erkennen. Ebenso seien auch keine Anhaltspunkte dargetan, dass der Vater seiner Elternverantwortung und Aufsichtspflicht während der Umgänge nicht genüge. Mit Blick auf die Bedenken der Mutter und die Loyalitätspflicht des Vaters sei es aber geboten, die Verpflichtung an den Vater zum Zweck der Klarstellung und mahnenden Erinnerung zu tenorieren, um eine besondere Aufmerksamkeit in Situationen sicherzustellen, in denen die Hunde besonders aufgeregt sein könnten.

Können sich Eltern außergerichtlich über die Umgangsregelung nicht verständigen, so bedarf es der gerichtlichen Entscheidung, in die die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern, das Kindeswohl und die Individualität des Kindes als Grundrechtsträger einzubeziehen ist. Oberster Maßstab der Entscheidung ist das Kindeswohl. Die gerichtliche Entscheidung umfasst üblicherweise nur Regelungen zur Umgangszeit, der Dauer und der Häufigkeit der Kontakte. Die konkrete Gestaltung des Umgangsablaufs obliegt primär dem Umgangsberechtigten, wobei der Loyalitätsverpflichtung gem. § 1684 Abs. 2 BGB in der Form Bedeutung zukommt, dass während des Kontakts Beeinflussungen des Kindes zu unterlassen sind. Darüber hinaus hat der umgangsberechtigte Elternteil auf die Kindesbelange – etwa bei gesundheitlichen Einschränkungen – Rücksicht zu nehmen. Werden seitens eines Elternteils am Kindeswohl orientiert Sicherheitsbedenken erhoben, die sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich darstellen, so ist diesen bei der Ausgestaltung des Umgangs Rechnung zu tragen bzw. sind diese ggf. dann auch in die familiengerichtliche Regelung aufzunehmen. Besondere Bedeutung können derartige Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Hobbys eines Elternteils erlangen. So kann durchaus ein Verbot, das Kind nicht auf einem Motorrad mitzunehmen, gerechtfertigt sein oder auch die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass während des Umgangs ein gefährliches Haustier – etwa ein Kampfhund den das Kind zudem auch nicht kennt (z.B. KG Berlin v. 21.5.2002 – 18 UF 57/02, FamRB 2003, 9) – abwesend ist.

Da typischerweise das Verhalten des umgangsberechtigten Elternteils nicht darauf angelegt ist, das Kindewohl zu gefährden und ebenso der betreuende Elternteil nicht daran interessiert ist, die Heranführung des Kindes an das Hobby des anderen Elternteils prinzipiell zu verbieten, kann gerade in diesen Sachverhaltskonstellationen die Inanspruchnahme eines gemeinsamen Beratungsgesprächs beim Jugendamt deeskalierend wirken. Nach § 18 Abs. 3 SGB VIII haben nicht nur Kinder und Jugendliche einen eigenen Anspruch auf Beratung und Unterstützung bei der Anbahnung und Ausübung des Umgangsrechts, sondern auch Eltern, andere Umgangsberechtigte sowie Personen in deren Obhut sich das Kind befindet.

Verbesserung des Kinderschutzes durch Änderung des Familienverfahrensrechts? (BT-Drucks. 360/20)

Am 24.6.2020 hat das Land Baden-Württemberg einen Gesetzesantrag im Bundesrat eingereicht (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht). Grundlage des Gesetzesantrags ist der Abschlussbericht der von der Landesregierung Baden-Württemberg eingesetzten Kommission Kinderschutz im Zusammenhang mit dem „Staufener Missbrauchsfall“.

Der Entwurf zielt auf eine Verbesserung des Kinderschutzes, indem vor allem die §§ 160 bis 166 FamFG Modifizierungen zugeführt werden sollen. Im Wesentlichen sind folgende Änderungen vorgesehen:

  • Die nach § 158 Abs. 2 FamFG „in der Regel“ zu veranlassende Bestellung eines Verfahrensbeistands soll bei den dort genannten Fallkonstellationen nun immer erfolgen.
  • In § 159 Abs. 2 FamFG soll die Anhörung eines unter 14-jährigen Kindes nicht nur zur Ermittlung seiner Neigungen und Bindungen erfolgen, sondern auch, wenn Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB geführt werden, wobei sich das Gericht zudem einen persönlichen Eindruck von dem Kind und ggf. auch seiner üblichen Umgebung zu verschaffen hat, wenn dies als sachdienlich erachtet wird.
  • Nach einem neu einzuführenden § 160a FamFG soll das Gericht, soweit es nach den Umständen veranlasst ist, auch dritte Personen persönlich anhören.
  • In Modifizierung zu § 162 Abs. 1 FamFG, soll das Gericht in Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB mit dem Jugendamt die Umsetzung und Umsetzbarkeit geplanter Maßnahmen erörtern, wobei die Beteiligung des Jugendamts an diesen Verfahren auch die ausreichende und umfassende Information über entscheidungserhebliche Tatsachen umfassen soll.
  • Nach der für § 163 Abs. 3 FamFG vorgesehenen Modifizierung soll das Gericht auch die beratende und unterstützende Beiziehung eines Sachverständigen anordnen können und
  • nach der für § 166 Abs. 2 FamFG geplanten Änderung soll das Gericht in angemessenen Zeitabständen überprüfen, ob eine getroffene Anordnung umgesetzt wurde und die Maßnahme wirksam ist.

So sehr jede Maßnahme, die der Verbesserung des Kinderschutzes dient, ausdrücklich zu begrüßen ist, hinterlassen die in dem vorab dargestellten Gesetzesantrag vorgesehenen Änderungen nicht zwingend den Eindruck, dass die in der Realität bestehenden Problemfelder tatsächlich erkannt wurden.

Die Bestellung eines Verfahrensbeistands für ein Kind in einem Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB ist dem Grunde nach eine Selbstverständlichkeit, da in diesen Verfahren typischerweise ein elterliches Fehlverhalten zur Prüfung steht und damit ein zwangsläufiger Loyalitätskonflikt des Kindes. Es versteht sich nicht nur von selbst, dass es hierdurch zu einem Widerstreit des Interesses des Kindes zu dem seiner Eltern kommt, sondern auch, dass nur durch die Bestellung eines Verfahrensbeistands die Interessen des Kindes gewahrt werden können.

Nach § 159 Abs. 2 FamFG ist das unter 14-jährige Kind persönlich anzuhören, wenn seine Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidung von Bedeutung sind. Sowohl das BVerfG als auch der BGH – etwa in der Entscheidung vom 27.11.2019 (BGH v. 27.11.2019 – XII ZB 511/18, FamRB 2020, 59) – haben in ständiger Rechtsprechung betont, dass Neigungen, Bindungen und der Kindeswille gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls sind, deren Ermittlung die Anhörung eines auch unter 14-jährigen Kindes erfordert. Wenn diese Vorgaben bereits für jedes streitige Sorgerechtsverfahren gelten, so muss dies erst Recht in einem Verfahren nach §§ 1666, 1666a BGB gelten, in dem in intensivster Form das Kindeswohl auf dem Prüfstand steht. Dass darüber hinaus die Anhörung eines Kindes zudem Ausdruck der Gewährung rechtlichen Gehörs ist, muss eigentlich nicht gesondert betont werden. Bei konsequenter Anwendung bereits bestehender gesetzlicher Vorgaben – selbstredend vor dem Hintergrund der Kenntnis einer flankierend existenten höchstrichterlichen Rechtsprechung – bedarf es daher keiner Modifikation des § 159 Abs. 2 FamFG.

Auch die Zielsetzung der geplanten Korrektur des § 166 Abs. 2 FamFG erschließt sich nicht wirklich. Bereits jetzt sieht das Gesetz als verfahrensrechtliches Pendant zu § 1696 Abs. 2 BGB eine gerichtliche Prüfung kindesschutzrechtlicher Maßnahmen in angemessenen Zeitabständen vor. Es bedarf daher auch in diesem Kontext keiner gesetzlichen Modifikation, sondern allein einer konsequenten Umsetzung bereits bestehender Regelungen.

Gerade aus den Erkenntnissen zum „Staufener Missbrauchsfall“ muss die nicht von der Hand zu weisende Reformnotwendigkeit allerdings schon zu einem deutlich früheren Zeitpunkt ansetzen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass

  • in dem dem Staufener Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt gegen den einschlägig vorbestraften und erst im Februar 2014 aus der Haft entlassenen Lebensgefährten der Mutter bereits im Frühjahr 2016 erneut wegen Kinderpornographie ermittelt und festgestellt wurde, dass er sich häufig in der Wohnung seiner Partnerin aufhielt, in der auch deren siebenjähriger Sohn lebte. Obgleich die Strafvollstreckungskammer seinen Antrag auf Wohnung bei der Lebensgefährtin im August 2016 zurückwies, wurde erst im Februar 2017 eine Wohnsitzüberprüfung durch die Polizei vorgenommen und auch erst einen Monat später das Jugendamt hierüber in Kenntnis gesetzt.
  • noch im Beschwerdeverfahren, d.h. im Sommer 2017 das Jugendamt keine Kenntnis über das gegen den Lebensgefährten bereits im Jahr 2016 geführte Ermittlungsverfahren besaß, aufgrund dessen auch Anklage gegen ihn erhoben worden war. Obgleich die Akten dem Oberlandesgericht bereits vor dem Anhörungstermin vorlagen, war dem Beschluss der Beschwerdeinstanz nicht zu entnehmen, dass diese Strafakten Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und in irgendeiner Form in die Senatsentscheidung eingeflossen waren.

Der zwingende Reformbedarf setzt daher nicht erst im familiengerichtlichen Verfahren ein durch Korrektur von Vorschriften, die lediglich konsequent im Sinn einer bestehenden Rechtsprechung umgesetzt werden müssten. Bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt bedarf es der verbesserten Zusammenarbeit der einzelnen Akteure, die dem Schutz von Kindern verpflichtet sind. Wünschenswert wäre eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit sowohl auf der Ebene zwischen Polizei und Jugendamt aber auch im Verhältnis zwischen Polizei und Jugendamt einerseits und dem Familiengericht andererseits. Aber auch länderübergreifend wäre eine verstärkte Kooperation wünschenswert. Zwar existieren in einzelnen Bundesländern besondere Verwaltungsvorschriften zur Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter, doch wird in der Praxis Kritik an der Tatsache geübt, dass im Verhältnis der Bundesländer keine einheitliche Konzeption existiert.

Insoweit bringt vielleicht der am 9.10.2020 vom Bundesrat auf den Weg gebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Datenübermittlung bei Kindeswohlgefährdungen (BR-Drucks. 476/20) schon etwas, dessen Ziel es ist, mögliche Ursachen für Übermittlungsdefizite zwischen Familiengerichten, Staatsanwaltschaften und Jugendämtern zu beseitigen.

Urlaubsreisen in Coronazeiten (OLG Braunschweig v. 30.7.2020 – 2 UF 88/20)

Das Coronavirus bestimmt seit einigen Monaten unser Leben in allen Facetten. Dinge, die bislang selbstverständlich waren, müssen nun hinterfragt und auf den Prüfstand gestellt werden. Selbst Alltagsabläufe betreffen regelmäßig nicht mehr nur uns persönlich. Vielmehr müssen wir uns stets vor Augen führen, dass wir durch „Selbstverständlichkeiten“ Risiken für unser soziales Umfeld auslösen oder vergrößern und damit Menschen in ernsthafte gesundheitliche Gefahren bringen können. Dies gilt umso mehr, als nach wie vor zentrale Fragen im Zusammenhang mit dem Virus noch keiner abschließenden Klärung zugeführt werden konnten. Die unverändert bestehende Gefahrenlage erfordert eine ebenso sorgfältige wie kontinuierliche Einhaltung von Schutzmaßnahmen, ohne dabei den Blick für Fragen der Verhältnismäßigkeit zu verlieren.

Kaum ein anderes Rechtsgebiet wird durch die Corona-Problematik so betroffen wie das Familienrecht und hier insbesondere das Kindschaftsrecht. Die Alltagsgestaltung von Kindern im Haushalt ihres Obhutselternteils, aber auch anlässlich der Wahrnehmung von Umgangskontakten beim jeweils anderen Elternteil war bereits ohne Corona ein heftig bestrittenes Feld. Gerade Urlaubsreisen haben immer wieder zu Auseinandersetzungen geführt über die Fragen, inwieweit der andere Elternteil über das Urlaubsziel oder den genauen Urlaubsablauf informiert sein muss bzw. ob denn der Urlaub bereits dem Grunde nach von seiner Zustimmung abhängig ist.

Hierzu hat die Rechtsprechung bislang die Auffassung vertreten, dass ein Elternteil grundsätzlich über den Ort des Ferienumgangs und die Art der Ferien frei entscheiden und damit auch Urlaubsreisen mit dem Kind unternehmen kann, ohne dies von der Zustimmung des mitsorgeberechtigten Elternteils abhängig zu machen. Unbeschadet der jeweils einzelfallbezogen vorzunehmenden Bewertung wird lediglich eine Grenze gezogen, wenn eine Auslandsreise in ein dem Kind fremdes, in einem anderen Kulturkreis liegendes Land in Rede steht, selbst wenn es das Heimatland des begleitenden Elternteils ist. Gleiches gilt für Reisen in Krisengebiete oder Urlaubsregionen, für die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vorliegen. In diesen Konstellationen stellt die Urlaubsreise keine Alltagsangelegenheit mehr dar, die der Alleinentscheidungskompetenz jenes sorgeberechtigten Elternteils obliegt, in dessen Obhut sich das Kind – auch aufgrund eines Umgangsrechts – befindet. Vielmehr ist dann von einer Angelegenheit von erheblicher Bedeutung auszugehen, die die Zustimmung des anderen Elternteils erfordert. Kann diese Zustimmung nicht in direkter Abstimmung der Eltern erreicht werden, so bedarf es zu dieser spezifischen Frage einer familiengerichtlichen Entscheidung nach § 1628 BGB, d.h., es ist einem Elternteil die Entscheidungskompetenz diesbezüglich zu übertragen.

Mit einer entsprechenden Problematik hat sich aktuell das OLG Braunschweig befasst, in der es allerdings nicht um Gefahren ging, die den Kindern aus den Besonderheiten des konkreten Urlaubslands drohten, sondern vielmehr aus dem Transport zum Reiseziel. Die Kindesmutter hatte für die Zeit vom 1.8. bis zum 15.8.2020 eine Flugreise nach Mallorca geplant, wobei diese Reise zugleich auch einen gerichtlich geregelten Umgangskontakt des Vaters mit den beiden Kindern überlagerte. In einem Vermittlungsverfahren signalisiert er, dass er mit einer Urlaubsreise in das europäische Ausland durchaus einverstanden sei, wenn von der Benutzung des Flugzeugs Abstand genommen und die Reise mit einem Pkw durchgeführt werde. Das OLG Braunschweig hat ihm im Beschwerdeverfahren die Entscheidungsbefugnis für diese Urlaubsreise übertragen und zur Begründung ausgeführt, dass sich bei Urlaubsreisen die Bedeutung der Angelegenheit aus der Abwägung der sich einerseits für die kindliche Entwicklung bietenden Vorteile und den andererseits bestehenden Nachteilen, d.h. mit der Reise verbundenen Gefahren ergibt, wobei für letztere eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes Indiz sein kann. Auch wenn zwischenzeitlich die Beschränkungen für innereuropäische Flugreisen gelockert sind und zum Stand 30.7.2020 für Mallorca keine Reisewarnung vorlag (was sich zum Zeitpunkt der Einstellung dieses Blogbeitrags bereits geändert hat), verweist das Auswärtige Amt auf unverändert bestehende Einschränkungen im internationalen Luft- und Reiseverkehr, folgend aus der Verbreitung von COVID-19. Unter Berücksichtigung der nach wie vor bestehenden Unsicherheiten zur eindeutigen Identifizierung der Infektionswege des Virus, kann die Infektionsanfälligkeit nicht ausreichend verlässlich prognostiziert bzw. sind keine Prognosen möglich zu einer ggf. erhöhten Ansteckungsgefahr bei Flugreisen. Eine mögliche längere Quarantäne oder das Festsitzen im Ausland stellen eine nicht unerhebliche Belastung für das seelische Wohlbefinden eines Kindes dar, ebenso wie die hieraus folgenden möglichen schulischen Abwesenheitszeiten. Bei der Bewertung, welchem Elternteil die Entscheidungskompetenz zu übertragen war, schied die Kindesmutter aus, da die von ihr gebuchte Reise das auf einer Kindeswohlprüfung beruhende, gerichtlich geregelte Umgangsrecht missachtete und damit nicht kindeswohldienlich war. Noch im Vermittlungstermin hatte sie erklärt, dass sie die Reise auch gegen den Willen des Vaters durchführen werde.

Steigende Infektionszahlen im Zusammenhang mit Urlaubsrückkehrern bestätigen durchaus die Entscheidungsbegründung des OLG Braunschweig. In Ausgestaltung der elterlichen Verantwortung für Kinder sollte daher ebenso selbstverständlich die Frage gerechtfertigt sein, ob auch im Jahr 2020 eine Flugreise zwingende Voraussetzung zur Sicherstellung des Kindeswohls ist. Zumindest dürfte klargestellt sein, dass die Entscheidungskompetenz für eine Flugreise von Kindern während der Corona-Pandemie nicht allein bei einem Elternteil liegt.

Harte Zeiten für Umgangsblockierer (Saarländisches OLG v. 11.12.2019 – 6 WF 156/19)

Die zwangsweise Durchsetzung von Verfügungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit war bis zum Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 nicht nur mit erheblichen gesetzlichen Lücken behaftet, sondern bewegte sich auch in einem zeitintensiven Verfahren. Mit der Umstellung von Zwangsmitteln auf Ordnungsmittel zur Durchsetzung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen hat der Gesetzgeber die zur Verfügung stehenden Vollstreckungsmaßnahmen allerdings verschärft. Zu einer Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens hat zudem die Tatsache geführt, dass die Hinweispflicht auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen einen Umgangstitel in das Ausgangsverfahren verlagert ist und damit ein nach früherer Gesetzeslage noch notwendiger zeitlich verzögernder weiterer Verfahrensschritt entfallen ist.

Wird gegen eine gerichtliche Entscheidung oder einen gerichtlich gebilligten Vergleich schuldhaft verstoßen, so kann dies durch die Festsetzung eines Ordnungsgelds oder Ordnungshaft sanktioniert werden. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kommt als ultima ratio nur dann in Betracht, wenn die Festsetzung sonstiger Ordnungsmittel erfolglos blieb, deren Festsetzung keinen Erfolg verspricht oder die Vollstreckung besonders eilbedürftig ist.

Ebenso wie nach früherer Gesetzeslage waren die Gerichte bislang gleichwohl bei der Anordnung von Ordnungshaft eher zurückhaltend, so dass blockierende Elternteile durchaus die eigene eingeschränkte finanzielle Situation geradezu als „Vorteil“ erachteten, d.h. sie davon ausgingen, diese der Festsetzung eines Ordnungsgelds entgegen halten zu können und zudem darauf vertrauen zu dürfen, dass mit Blick auf Betreuungsbelange des Kindes, auch keine Ordnungshaft verhängt werde.

Zahlreiche Ordnungsmittelverfahren endeten daher bisher eher ergebnislos. Es zeichnet sich zwischenzeitlich allerdings eine gegenläufige Tendenz in der obergerichtlichen Rechtsprechung ab. Ebenso wie die Oberlandesgerichte in Thüringen und Schleswig-Holstein (vgl. zu dieser Thematik eingehend Cirullies, FamRB 2020, 241), hat auch das Saarländische Oberlandesgericht Ende 2019 die gegen einen blockierenden Elternteil festgesetzte Ordnungshaft dem Grunde nach bestätigt. Diese Praxis gewinnt in Corona-Zeiten besondere Aktualität, da viele betreuende Elternteile die Pandemie-Einschränkungen nutzen, um auch den Umgang des anderen Elternteils einzuschränken, wenn nicht gar vollständig auszuschließen. Dass dies nicht rechtens ist, ist mittlerweile h.M. (zuletzt OLG Braunschweig v. 20.5.2020 – 1 UF 51/20 – kein genereller Umgangsausschluss wegen COVID-19-Infektionsgefahr).

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Eltern für den achtjährigen Sohn durch gerichtlich gebilligten Vergleich eine Umgangsregelung getroffen, die seitens des Vaters – in dessen Haushalt der Sohn lebte – in der weiteren Folge unstreitig nicht umgesetzt wurde. Gegen eine gegen den Vater verhängte einmonatige Ordnungshaft legte er sofortige Beschwerde ein, der seitens des Senats nur teilweise abgeholfen wurde.

Zu der väterlichen Einschätzung, dass der gerichtlich gebilligte Vergleich dem Kindeswohl widerspreche, verwies der Senat darauf, dass dieser Einwand nicht im Vollstreckungsverfahren der Überprüfung zugänglich sei, sondern allein im Erkenntnisverfahren. Halte der Vater daher an dieser Einschätzung fest, so bedürfe es eines von ihm einzuleitenden Abänderungsverfahrens.

Ein Elternteil, der sich bei mangelnder Umsetzung einer Umgangsregelung auf den entgegenstehenden Willen des Kindes berufe, müsse im Einzelfall darlegen, wie er auf das Kind eingewirkt habe, um es zum Umgang zu bewegen. Unbeschadet der rechtlichen Unerheblichkeit einer solchen Weigerung bei einem gerade erst achtjährigen Kind, sei auch beachtlich, dass nach Verhängung des Ordnungsmittels der Umgang offensichtlich problemlos habe umgesetzt werden können.

Die Verhängung der Ordnungshaft sei im konkreten Fall beanstandungsfrei, da die – erneute – Festsetzung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg versprochen habe, da der Vater Leistungen nach dem SGB II beziehe und vermögenslos sei. Eine andere Sicht rechtfertige sich auch nicht, soweit die Ordnungshaft mit Belastungen für das Kind verbunden sein könne, da eine solche Sichtweise das Elternrecht des umgangsberechtigten Elternteils unverhältnismäßig zurücksetze, zumal wenn der Aufenthalt des Kindes während der Ordnungshaft im Haushalt des anderen Elternteils gesichert sei und es keiner Fremdplatzierung bedürfe. Lediglich der zeitliche Umfang der erstinstanzlich festgesetzten Ordnungshaft von einem Monat begegne Bedenken. In die Gesamtabwägung seien Schwere und Ausmaß der Verletzungshandlung, deren Folgen für den Umgangsberechtigten, der zeitliche Umfang des Verstoßes, der Grad des Verschuldens des Verpflichteten, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und – vor allem – spezialpräventive Aspekte einzubeziehen. Unter Abwägung dieser Aspekte halte der Senat eine Ordnungshaft von fünf Tagen für ausreichend, um das Fehlverhalten zu ahnden, nachdem seit den Herbstferien 2019 der Umgang beanstandungsfrei verlaufe.

Die Verhängung der Ordnungshaft zu Lasten des betreuenden Elternteils mag auf den ersten Blick dem Kindeswohl entgegenstehen. Allerdings darf umgekehrt auch nicht verkannt werden, welche Belastungen wiederholte Vollstreckungsversuche bzw. die gänzliche Isolierung von dem anderen Elternteil für das Kind bedeuten, das mit seiner vordergründigen Kontaktablehnung in der Regel nur die Meinung des Obhutselternteils wiedergibt, auf dessen Wohlwollen es letztlich angewiesen ist.

Wer betreut – bestimmt auch! (Brandenburgisches OLG v. 24.2.2020 – 13 UF 125/19)

In der Praxis sind diese Fallkonstellationen immer wieder anzutreffen: Der Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, ist mit der Ausgestaltung der Umgangskontakte nicht einverstanden, sei es dass der andere Elternteil zu umfangreiche Fernsehzeiten gewährt, eine aus Sicht des anderen Elternteils „ungesunde“ Nahrung ermöglicht oder einfach während des Umgangs Aktivitäten plant, mit denen der Obhutselternteil – aus welchen Gründen auch immer – nicht einverstanden ist. Nicht immer sind die erhobenen Einwände unberechtigt. Nicht selten zeigt sich aber auch, dass die geltend gemachten Bedenken weniger in der berechtigten Sorge um das Kindeswohl wurzeln, sondern eher in der Paarproblematik ihre Begründung finden.

Mit einem entsprechend gelagerten Sachverhalt hat sich aktuell das Brandenburgische OLG befasst:

Der Antragsteller war durch gerichtlichen Vergleich zum Umgang mit seinen beiden Söhnen berechtigt, wobei der Umgang mit dem älteren Sohn von Donnerstag nach der Schule/Hort bis Montag Schulbeginn und mit dem jüngeren Sohn von Freitag nach der Kita bis Sonntag 18.00 Uhr ausgeübt wurde. Die Kinder waren spätestens um 16.00 Uhr von der Schule bzw. Kita abzuholen. Den älteren Sohn hatte der Antragsteller aufgefordert, an den Umgangsfreitagen allein vom Schul-/Hortgebäude zum Kitagebäude seines Bruders zu gehen und dort auf den Vater zu warten. Nachdem das Kind an mindestens einem Freitag etwa 15 Minuten lang vor der verschlossenen Kitatür warten musste, forderte die Antragsgegnerin die Horterzieherin auf, es dem Kind nicht mehr zu erlauben, den Hort zu verlassen, um zur Kita zu gehen. Im gerichtlichen Verfahren forderte der Antragsteller, der Antragsgegnerin aufzugeben, das Verbot gegenüber dem Hort zurückzunehmen.

Der Senat ist in der Beschwerdeinstanz diesem Antragsbegehren gefolgt und hat darauf verwiesen, dass der Antragsteller für die Dauer des festgelegten Umgangs das Recht zur alleinigen Entscheidung über die tatsächliche Umgangsgestaltung hat und eine Einschränkung dieser Befugnis aus Gründen des Kindeswohls nicht in Betracht kommt. Zur Begründung hat der Senat weitergehend ausgeführt, dass die Art und Weise der Abholung des Kindes regelmäßig Bestandteil der Alltagssorge ist. Was aber Gegenstand der Alltagssorge ist, kann nicht gleichzeitig Umgangsmodalität sein. Ist daher ausdrücklich vereinbart, dass der Umgang nach der Schule beginnt, so ist der Moment des Schulschlusses der tatsächliche Beginn der Alltagssorge des Umgangsberechtigten, auch wenn die Umgangsvereinbarung die Formulierung enthalt, dass das Kind „spätestens um 16.00 Uhr“ von der Schule oder der Kita abzuholen ist.

Weitergehend hat der Senat auch keine Notwendigkeit gesehen, familiengerichtlich in die Entscheidungsbefugnis des Antragstellers zu der Frage einzugreifen, wie der Schulweg konkret bewältigt werden soll, da keine Kindeswohlgefährdung vorliegt, d.h. der Senat ist in Übereinstimmung mit den anderen Verfahrensbeteiligten davon ausgegangen, dass der in Rede stehende Schulweg von 800 Meter für einen Achtjährigen normal ist und die hiesigen Witterungsverhältnisse hierbei keine Gesundheitsbeeinträchtigung befürchten lassen.

Auch wenn Eltern die Sorge für ihre Kinder gemeinsam ausüben und damit grundsätzlich das Gesamtvertretungsprinzip gilt, bleibt davon ein mögliches Alleinvertretungsrecht eines Elternteils unberührt. Dieses kann sich kraft Gesetzes ergeben, etwa das Alleinentscheidungsrecht für Angelegenheiten des täglichen Lebens oder im Fall des angeordneten Ruhens der elterlichen Sorge. Daneben kommt ein Notvertretungsrecht in Betracht bei Gefahr in Verzug. Und letztlich kann einem Elternteil durch gerichtlichen Beschluss die Entscheidungsbefugnis für eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung übertragen werden, wenn die Eltern zu dieser Frage kein Einvernehmen erzielen können.

Während der Dauer eines Umgangskontakts ist der berechtigte Elternteil damit nicht nur zur Entscheidung über Angelegenheiten des täglichen Lebens berechtigt. Er bestimmt ebenso den Ort an dem der Umgang stattfindet, d.h. den Aufenthaltsort des Kindes, sowie die konkrete Ausgestaltung des Umgangs. Zu beachten sind allerdings die Belange des Kindes, etwa folgend aus gesundheitlichen Einschränkungen, so dass etwaigen Sicherheitsbedenken des anderen Elternteils auch nur in dem Umfang Rechnung zu tragen ist, als sie sich am Kindeswohl orientieren und nicht als rechtsmissbräuchlich zu werten sind.

 

Vollmacht oder Sorgerechtsregelung? (OLG Brandenburg v. 2.10.2019 – 9 UF 174/19)

Die Frage der elterlichen Sorge birgt in kindschaftsrechtlichen Verfahren ein hohes Konfliktpotential. Beide Elternteile nehmen selbstverständlich jeweils für sich in Anspruch, ausschließlich im Interesse des Kindes zu handeln. Nicht selten folgt jedoch aus den ausgetauschten Argumenten, dass vorrangig höchstpersönliche Interessen der Eltern im Vordergrund stehen. Stellvertretend für eine emotional noch längst nicht abgeschlossene Trennung wird auf der Ebene der elterlichen Sorge ein „Schlagabtausch“ durchgeführt, in dem man dem früheren Partner tatsächliche oder vermeintliche persönliche Defizite vorhält, in der Annahme, dass ihn diese Defizite selbstverständlich zur Ausübung der elterlichen Sorge disqualifizierten. Zunehmend ist in den Verfahren zu beobachten, dass Elternteile, die erkannt haben, dass sie dem Sorgerechtsantrag des jeweils anderen rechtlich nicht erfolgreich begegnen können, auf die Erteilung einer Vollmacht zurückgreifen, um so den Antrag zu Fall zu bringen und zumindest formal in der Position des Sorgemitinhabers zu verbleiben.

Mit einer solchen Fallgestaltung hat sich im Herbst 2019 das OLG Brandenburg auseinandergesetzt. Die Eltern stritten über den Fortbestand der gemeinsamen Sorge für ihren 2012 geborenen Sohn, der im Haushalt des Vaters lebt. Auf dessen Antrag wurden ihm erstinstanzlich die Teilbereiche der Gesundheitssorge, der Vermögenssorge sowie die Vertretung in Rechts- und Behördenangelegenheiten übertragen. Gegen diesen Beschluss legte die Mutter Rechtsmittel ein, wobei das OLG die Beschwerde zurückwies. Neben grundlegenden Hinweisen zur mangelnden Kommunikationsfähigkeit und -willigkeit der Eltern, in deren Ausprägung es sogar anwaltlicher Korrespondenz zur Unterzeichnung des Schulzeugnisses bzw. der Vorlage eines Stundenplans bedurfte, nahm der Senat auch Stellung zu der Frage, ob möglicherweise die seitens der Mutter in Rede gebrachte Erteilung einer Vollmacht als milderes Mittel der Konfliktvermeidung gesehen werden könne.

Diese Frage hat der Senat verneint unter Verweis bereits darauf, dass von der Mutter gerade keine Vollmacht zu den streitgegenständlichen Teilbereichen der elterlichen Sorge vorgelegt wurde. Gleichzeitig verwies der Senat darauf, dass eine solche Vollmacht auch jederzeit frei widerruflich sei, während eine gerichtliche Sorgerechtsregelung in ihrer Abänderbarkeit den engen Voraussetzungen des § 1696 BGB unterliege. Hieraus leite sich die Befürchtung ab, dass sich der Elternteil, der die Möglichkeit einer Vollmachtserteilung in den Raum stelle und im Übrigen dem Antrag auf Sorgerechtsübertragung entgegentrete, sich hierdurch rechtliche Vorteile erhoffe, die aber weiteres Konfliktpotenzial bergen könnten. Zudem stelle eine elterliche Sorge, die nur formal aufrecht erhalten bleibe, lediglich eine „leere Hülle“ des Sorgerechts dar.

Mit seiner Entscheidung greift das OLG Brandenburg eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur kontrovers diskutierte Frage auf. Während etwa die Oberlandesgerichte Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 7.12.2017 – II-1 UF 151/17, MDR 2018, 154), Nürnberg (OLG Nürnberg v. 4.7.2011 – 7 UF 346/11, MDR 2011, 1237) oder Saarbrücken (Saarl. OLG v. 5.11.2018 – 6 UF 82/18, FamRZ 2019, 985) auch im Fall einer erteilten Sorgeermächtigung die dadurch nicht entbehrlich werdende Kooperationsfähigkeit und -willigkeit beider Elternteile hervorheben, um von einer Aufrechterhaltung der gemeinsamen Sorge ausgehen zu können, vertritt das OLG Frankfurt die Auffassung, dass zumindest in jenen Fällen, in denen der ermächtigende Elternteil sich von seiner Erklärung nicht (kurzfristig) lösen möchte und keine unterschiedlichen Entscheidungen in kindbezogenen Belangen zu treffen sind bzw. verlangt werden, die Auflösung der gemeinsamen Sorge unverhältnismäßig erscheint (OLG Frankfurt v. 27.2.2019 – 8 UF 61/18, FamRZ 2019, 1144 = FamRB 2019, 263). Abschließende Klärung wird die Entscheidung des BGH zu der unter dem Az. XII ZB 112/19 anhängigen Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG Frankfurt bringen.