Kaffeerunden-Splitter – Versorgungs- und Teilungsordnung sind wichtig

Am 1. und 3. Mittwoch im Monat findet seit zwei Jahren in der Zeit von 14:00 bis 15:00 Uhr die „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“, eine virtuelle Diskussion zwischen Anwalt- und Richterschaft, Versicherungsmathematiker:innen, Rentenberater:innen und Versorgungsausgleichsspezialist:innen einiger Versicherungskonzerne statt. Die Veranstaltung wird von FAFamR Jörn Hauß und VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb moderiert. Die Teilnahme steht jeder interessierten Person frei und ist kostenlos. Jede:r kann sich mit Fragen und Anregungen an die Kaffeerunde wenden und in den Verteiler aufgenommen werden. Wie in jeder Kaffeerunde können Fragen zum Versorgungsausgleich auch während der Runde gestellt werden, sinnvoller ist es jedoch, sie zuvor an Jörn Hauß per Mail zu richten: Hauss@Anwaelte-DU.de.

Der FamRB wird praktisch wichtige „Ergebnisse“ der Diskussion aus der Kaffeerunde von Zeit zu Zeit auch in seinem Blog vorstellen.

Der Versorgungsausgleich ist zumeist der werthaltigste Teil einer Scheidung. Allerdings ist er oft auch der Fernliegendste. Unterhalt und Zugewinnausgleichszahlungen belasten dagegen sofort. Deshalb ist es menschlich verständlich, dass sich die scheidungsbereiten Ehegatten und die Anwaltschaft mit dem „Kleingeduckten“ der auszugleichenden Versorgungen, den Versorgungs- und Teilungsordnungen nicht oder nur ungern beschäftigen.

Vorbildlich also, dass eine Kollegin bei einer zugunsten ihrer Mandantin zu teilenden Versorgung rügte, dass nach der Teilungsordnung die Versorgung aus dem Ausgleichswert zum Rechtskraftzeitpunkt zu den „aktuellen Versicherungsbedingungen“ begründet werden sollte. Ebenso aufmerksam, dass sie die Teilhabe ihrer Mandantin an der Wertenwicklung des ehezeitlich erworbenen Fondsvermögens zwischen Ehezeitende und Rechtskraft geltend machte. Der Ausgleich dieser Versorgung war Gegenstand der Entscheidung des OLG Frankfurt v. 21.11.2023 (OLG Frankfurt v. 21.11.2023 – 6 UF 222/22, FamRB 2024, 143 [Breuers]) und diese nun wiederum der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ am 21.2.2024 .

Der ernüchternde Ausgang des Verfahrens war bei genauem Hinsehen dem Typ der auszugleichenden Versorgung geschuldet: Der Versicherungsnehmer konnte aus eine ellenlangen Liste von Fonds beim Versorgungsträger ein Versorgungsvermögen ansammeln, beliebige Entnahmen und Neuanlagen während der Laufzeit tätigen, seine gewählten Fonds austauschen und Anteile daran beliebig verändern. Es handelt sich also um ein Eigenmanagement eines reinen Fonds-Vorsorgevermögens. Der Versorgungsträger eröffnete der versicherten Person die Möglichkeit, aus dem so angesammelten Versorgungsvermögen zum selbst gewählten Renteneintritt eine Kapitalauszahlung oder zu den dann maßgeblichen Berechnungsparametern eine lebenslange Rentenauszahlung zu wählen. Das ehezeitlich aufgebaute Vorsorgevermögen wurde aus der Differenz von eheanfänglich und eheendzeitlich vorhandenem Vorsorgevermögen und daraus die Ausgleichswert-Quote gebildet. Mit dieser wurde nach der Teilungsordnung das bei Rechtskraft vorhandene Versorgungsvermögen multipliziert und so der „aktualisierte“ Ausgleichswert der ausgleichsberechtigten Person gutgeschrieben, die sich ihr Vorsorgevermögen aus einer Liste von rd. 80 angebotenen Fonds selbst zusammenstellen konnte.

Die Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft war daher nicht anzuordnen, weil die Wertteilhabe am Vorsorgevermögen in dieser Zeit durch die Kursentwicklung der Fonds sichergestellt ist. Und auch die Anordnung, bei der Berechnung der später zu zahlenden Versorgung an die ausgleichsberechtigte Person die vertraglich festgelegten Berechnungsparameter der ausgleichspflichtigen Person anzuwenden, war obsolet, weil die bei Renteneintritt maßgeblichen Berechnungsparameter für die Begründung der Rentenhöhe maßgeblich sein sollten und damit der Tarifwechsel bzw. die Tarifaktualisierung schon der Quellversorgung beigegeben war.

Die ausführlich und gut begründete Entscheidung des OLG Frankfurt wäre entbehrlich gewesen, hätte der Versorgungsträger die der Versorgung zugrundeliegende Versicherungspolice mitübersandt. Ein bisschen schade wäre das aber auch gewesen, weil wir dann die interessante Entscheidung des OLG mit vielerlei Erkenntnissen über die Vielfältigkeit der Versorgungslandschaft nicht hätten diskutieren können (müssen).

Eine Frage blieb aber in der Entscheidung und der Kaffeerunde offen: Wenn der Versicherungsnehmer in der Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung die Zusammenstellung des Fonds verändert und dadurch Gewinne oder Verluste generiert werden, partizipiert der ausgleichsberechtigte Ehegatte daran, obwohl es sich um ein nachehezeitliches Ereignis handelt? Diskutieren Sie gern mit!

Beraterhinweis

Beim Ausgleich hochwertiger Versorgungen sollte niemand ohne Einsichtnahme in die Versorgungs- und Teilungsordnung den Versorgungsausgleich „passieren lassen“. Es ist fahrlässig, sich auf die Prüfungspflicht des Gerichts zu verlassen. Das Gericht haftet nicht für Schäden, wohl aber die Anwaltschaft.

Eine „Beanstandungsliste“ von über 300 Teilungsordnungen finden Sie hier im Blog unter https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2023/06/20/das-gestaendnis-warum-anwalt-und-richterschaft-bei-teilungsordnungen-genau-hinschauen-sollte/.

Kaffeerunden-Splitter – Versorgungsausgleichsgewinne mit Teilrente realisieren

Am 1. und 3. Mittwoch im Monat findet seit zwei Jahren in der Zeit von 14:00 bis 15:00 Uhr die „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ statt, eine virtuelle Diskussion zwischen Anwalt- und Richterschaft, Versicherungsmathematiker:innen, Rentenberater:innen und Versorgungsausgleichsspezialist:innen einiger Versicherungskonzerne statt. Die Veranstaltung wird von FAFamR Jörn Hauß und VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb moderiert. Die Teilnahme steht jeder interessierten Person frei und ist kostenlos. Jede:jeder kann sich mit Fragen und Anregungen an die Kaffeerunde wenden und in den Verteiler aufgenommen werden. Wie in jeder Kaffeerunde können Fragen zum Versorgungsausgleich auch während der Runde gestellt werden, sinnvoller ist es jedoch, sie zuvor an Jörn Hauß per Mail zu richten: Hauss@Anwaelte-DU.de.

Der FamRB wird praktisch wichtige „Ergebnisse“ der Diskussion aus der Kaffeerunde von Zeit zu Zeit auch in seinem Blog vorstellen.

Die externe Teilung von Anrechten der betrieblichen und privaten Altersvorsorge oder die Abfindung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche führt oftmals zu erheblichen Versorgungsgewinnen, wenn der Ausgleichswert mit einem Rechnungszins unter 3 % berechnet wurde und die Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV) begründet werden kann. Derzeit betragen die Versorgungsgewinne ca. 70 % für eine 50-jährige ausgleichsberechtigte Person.

Scheitert die Versorgungsbegründung daran, dass die ausgleichsberechtigte Person bereits eine Vollrente wegen Alters bezieht und sie die Regelaltersgrenze bereits überschritten hat (§ 187 SGB VI) kann jedoch zu ihren Gunsten eine Versorgung durch Beitragszahlung nicht mehr begründet werden.

Zwar vermindert sich der Vorteil ab Renteneintritt der ausgleichsberechtigten Person kontinuierlich, aber auch im Alter von 70 Jahren beträgt er noch rund 15 %.

Wie bekommt man also den Ausgleichswert einer externen Teilung oder den Abfindungsbetrag eines schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts (§§ 23, 24 VersAusglG) trotz Altersrentenbezug und Erreichen der Regelaltersgrenze in die DRV?

Ganz einfach: Die ausgleichsberechtigte Person wechselt zuvor von der Voll- in die Teilrente und beantragt beim Versorgungsträger eine Teilrente in Höhe von 99,99 % der Vollrente. Das öffnet das Tor der DRV für den Beitrag oder die Abfindungszahlung. Der Versorgungsverlust von 0,01 % dürfte dabei verschmerzbar sein. Wer es nicht glaubt, lese im Rechtsportal der DRV nach: https:/rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de unter Gemeinsame Rechtliche Anweisungen (GRA) zu § 42 SGB VI Ziff. 2.2. unter Verweis auf AGVR 4/2022, TOP 4:

„Versicherte können die Höhe der Teilrente in beliebigen Prozentschritten mit zwei Dezimalstellen (Nachkommastellen) wählen. Die Teilrente muss allerdings mindestens 10,00 Prozent der Vollrente betragen (§ 42 Abs. 1 SGB VI). Sie kann höchstens in Höhe von 99,99 Prozent in Anspruch genommen werden.“

Wer also ausgleichsberechtigte Personen in Abänderungsverfahren (§ 51 VersAusglG) oder über die Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Versorgungen (§§ 23, 24 VersAusglG) berät, sollte tunlichst prüfen, ob bei externer Teilung oder Abfindung die gesetzliche Rentenversicherung als Transfergewinne bescherende Zielversorgung in Betracht kommt. Selbst für den betagten Vollrentner ist der vorherige Wechsel zur Teilrente i.H.v. 99,9 % meist noch günstig. Wird der Abfindungs- oder Ausgleichswert mit einem Rechnungszins von unter 2,3 % berechnet, ist es selbst für eine 73 Jahre alte Person meist noch günstiger auf 0,01 % der Vollrente zu verzichten und den externen Ausgleich oder die Abfindung in die gesetzliche Rentenversicherung zu steuern. Beim 68 Jahre alten Vollrentenbezieher wird noch bei einem Rechnungszins von 3,5 % ein deutlicher Transfergewinn erzielt.

Bei werthaltigen Anrechten helfen Versicherungsmathematikerinnen, Rentenberater, aber auch die auf den Versorgungsausgleich spezialisierte Anwaltschaft konkret weiter.

Neuer § 241a SGB VI – Hamburg ergreift die Initiative

Über den Bundesrat will Hamburg eine Schwachstelle des Versorgungsausgleichs beseitigen (BR-Drucks. 402/23). Wird im Versorgungsausgleich zugunsten von Landes- oder Kommunalbeamtinnen oder -beamten eine Versorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet, kann daraus für die ausgleichsberechtigte Person i.d.R. erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze (§ 235 SGB VI) eine Versorgung bezogen werden. Bei „besonderen Altersgrenzen“, die in der Beamtenversorgung für Vollzugs-, Polizei-, Feuerwehrbeamtinnen und -beamte, für Berufssoldatinnen und -soldaten gelten, wird das dann ein Problem, wenn der Versorgungsbezieher mit einer besonderen (früheren) Altersgrenze im Versorgungsausgleich höhere Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwirbt, als er aus der eigenen Beamtenversorgung abgibt. § 35 VersAusglG ermöglicht nämlich nur die Aussetzung der Kürzung der Beamtenversorgung bis zum Leistungseintritt der dem Versorgungsbezieher im Versorgungsausgleich übertragenen Versorgung. Praktisch führt das dazu, dass für viele Beamtinnen und Beamte ab Erreichen der „besonderen“ Altersgrenze bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze und damit dem Einsetzen der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung eine nicht unerhebliche Einkommenslücke besteht. Auch § 14a BeamtVG beseitigt diesen Missstand nicht. Danach kann der Ruhegehaltssatz nämlich vorübergehend nur bis maximal 66,97 % bis zum Eintritt der Leistung aus der gRV erhöht werden.

Dieses – vorwiegend bei weiblichen Versorgungsbeziehern mit hohem Teilzeitfaktor bestehende – Problem soll nun gelöst werden, indem mit § 241a SGB VI eine „vorübergehende Rente wegen der in einem Versorgungsausgleich begründeten oder übertragenen Anwartschaften“ eingeführt werden soll. Danach sollen Bezieher einer Beamtenversorgung mit einer besonderen Altersgrenze die im Versorgungsausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragenen oder begründeten Anrechte auch bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung aus diesen Anrechten eine Versorgung beziehen können.

Es wäre sicher hilfreich, die Länderjustizministerien und das BMJ würden zur Stützung dieser Initiative Beispiele aus der Praxis erfahren. Der Reformeifer könnte so gestützt werden.

Hilfeaufruf an die FamRB-Leserinnen und -Leser: Übersehene, verschwiegene oder vergessene Anrechte im VA

Wird in einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich bei der Scheidung ein existierendes Anrecht nicht berücksichtigt, weil es nicht angegeben oder vom Gericht übersehen wurde, sieht der BGH darin keine bewusste Teilentscheidung (BGH FamRZ 2014, 1614 = FamRB 2014, 405 [Siede]). Die Rechtskraft der Entscheidung bezieht sich daher auch auf die Tatsache, dass sonstige Anrechte nicht vorhanden sind. Damit ist eine spätere Korrektur der Entscheidung durch Abänderung nach § 51 VersAusglG bzw. §§ 225 f. FamFG nicht möglich (BGH FamRZ 2013, 1642 = FamRB 2013, 353 [Siede]).

Weder kommt nach derzeitiger Rechtsprechung des BGH eine Ergänzung des Ausgangsbeschlusses nach § 43 FamFG (BGH FamRZ 2014, 1614 = FamRB 2014, 405 [Siede]) noch ein Ausgleich nach der Scheidung gemäß § 20 VersAusglG in Betracht (BGH FamRZ 2013, 1548 = FamRB 2013, 353 [Siede]). Der BGH ist der Ansicht, dass der schuldrechtliche Ausgleich keine generelle Korrekturfunktion für im Ausgangsverfahren übersehene, verschwiegene oder vergessene Anrechte hat (vgl. auch Siede, NZFam 2023, 577; Weil, NZFam 2023, 594).

Damit können in der Ausgangsentscheidung übersehene Anrechte nach derzeitiger Rechtslage zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr ausgeglichen werden. Dies kann für die betroffenen Beteiligten zu existenziellen Notlagen führen, insbesondere wenn sie im Scheidungsverfahren nicht anwaltlich vertreten wurden und damit eine Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts nicht für den Schaden eintritt.

Dies stellt einen dringenden Handlungsbedarf dar, da es sich um einen Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz handelt. Der Fachausschuss Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hat daher bereits im Dezember 2022 eine Initiativstellungnahme an das BMJ gerichtet. Das BMJ hat mitgeteilt, dass die Problematik erkannt sei. Es bedarf allerdings einer Fallsammlung, da die Dunkelziffer dieser Fälle erheblich sein dürfte und das BMJ eine quantitative Grundlage für eine Ergänzung des VersAusglG benötigt.

Als Mitglied des Ausschusses Familienrecht im DAV hat sich der Verfasser bereit erklärt, eine Fallsammlung anzulegen und diese dem BMJ zur Verfügung zu stellen. Ich wäre daher dankbar, wenn mir geeignete Fälle unter meiner E-Mail-Adresse (weil@familienanwaelte-marburg.de) mitgeteilt würden.

Das Geständnis – warum Anwalt- und Richterschaft bei Teilungsordnungen genau hinschauen sollten

Was wie der (bereits mehrfach verwendete) Titel eines spannenden vielleicht auch tiefschürfenden Romans oder eines Fortbildungsseminars einer anderen fachanwaltlichen Spezies aussieht, hat gleichwohl einen familienrechtlichen Bezug. Wer jetzt aber lüstern tiefe Einblicke ins Scheidungsrecht erwartet, wird enttäuscht. Das Scheidungsrecht ist tot (oder kann sich jemand an ein streitiges Scheidungsverfahren erinnern?). Das Scheidungsfolgenrecht aber lebt, und mit ihm das Versorgungsausgleichsrecht. Von dem erwarten sich die Scheidungspartner einen mehr oder minder gelungenen halbteiligen Ausgleich des ehezeitlichen Versorgungserwerbs. Meist scheitert dieser nicht einmal am guten Willen der Scheidungswilligen, sondern „an widrigen Umständen“.

So auch in einem Fall, in dem es um die Teilung einer zertifizierten Riester-Versorgung ging, die von der Generali Deutschland Lebensversicherung AG unter dem Vertrauen schaffenden Markennamen RiesterRente STRATEGIE PLUS angeboten wird. Ihre interne Teilung sollte der 48 Jahre alten Ehefrau eine Versorgung aus einem Ausgleichswert von rd. 35.000 € und aus diesem dann mit Renteneintritt (67) eine Rente verschaffen. Gericht und ausgleichsberechtigte Ehefrau vertrauten der „Zertifizierung“ der Versorgung durch die BaFin, nur die Anwältin der Frau schaute in die Teilungsordnung der Generali und entdeckte in deren § 5 Sonderbares: Die Versorgung zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person sollte zu den „aktuellen Rechnungsgrundlagen“ begründet, der Ausgleichswert um die „hälftigen Kosten“ vermindert und die Versorgung aus dem so verminderten Ausgleichswert zum Zeitpunkt der Rechtskraft eingerichtet werden.

Die nach dieser „Irritation“ vom Gericht um Aufklärung gebetene Generali zierte sich etwas, um schließlich – geständnisartig – wie folgt zu formulieren:

„Im Rahmen unserer Teilungsanordnung begründen wir für die Ausgleichsberechtigte einen neuen Vertrag. Diesem liegen nicht die gleichen Konditionen wie dem Quellvertrag zugrunde. Der Rechnungszins des neuen Vertrages wäre 0,25 % anstatt wie im Quellvertrag 1,75 %. Dieses hat Auswirkungen auf die Höhe der garantierten Verzinsung des konventionell angelegten Guthabens, sowie die Höhe der garantierten Rente.“

Besser hätte man es kaum formulieren können, nur konkreter.

Allein die Absenkung des Rechnungszinses bewirkt einen Rentenverlust für die ausgleichsberechtigte Person von rund 58 % gegenüber der Quellversorgung und jedes weitere Jahr der Verfahrensverzögerung bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung verschafft dem Versorgungsträger nochmals einen Gewinn von etwa 1,8 %, weil Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person an der Wertentwicklung des Anrechts zwischen Ehezeitende und Eintritt der Rechtskraft entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht gewährleistet ist (BGH v. 19.8.2015 – XII ZB 443/14, FamRZ 2015, 1869 m. Anm. Holzwarth = FamRB 2015, 407 [Norpoth]; BGH v. 7.9.2011 – XII ZB 546/10, FamRZ 2011, 1785 = FamRB 2011, 330 [Hauß]).

Es müsste daher wie folgt tenoriert werden:

„Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der <ausgleichspflichtigen Person> bei der Generali <VersNr. …> zu Gunsten der <ausgleichsberechtigten Person> bezogen auf den … (Ehezeitende) eine Versorgung aus einem Ausgleichswert in Höhe von 35.000,00 € (Kapitalwert) nach Maßgabe der Teilungsordnung des Versorgungsträgers in der Fassung vom 01.07.2020 übertragen,

mit der Maßgabe, dass abweichend von < 5. 3. Spstrich > der Teilungsordnung des Versorgungsträgers

  • auf das zu begründende Anrecht Rechnungszins und Sterbetafel der auszugleichenden Versorgung anzuwenden sind,
  • ein Abzug der Teilungskosten vom titulierten Ausgleichsbetrag unzulässig ist,
  • eine Abweichung vom gerichtlich festgelegten Ausgleichsbetrag unzulässig ist,
  • der Ausgleichswert zwischen dem … (Ehezeitende) und dem Datum der Rechtskraft der Entscheidung mit dem Zinssatz aufzuzinsen ist, mit dem auch der Ausgleichswert berechnet wurde.“

Wenn ich mich recht an die – zugegeben lange zurückliegende – Tätigkeit im Strafrecht erinnere, wirken Geständnisse nur dann strafmildernd, wenn sie ehrlich und mit „tätiger Reue“ geleistet werden. Tätige Reue könnte die Generali einfach leisten: Sie müsste nur die Teilungsanordnung der Rechtsprechung und der Rechtslage anpassen.

Solange das nicht geschehen ist, ist die Mandantschaft auf die Aufmerksamkeit von Anwalt- und Richterschaft angewiesen. Um diese Aufmerksamkeit leichter zu machen verweisen wir auf die ein weiteres Mal aktualisierte Beanstandungsliste mit nunmehr fast 300 Teilungsordnungen, die Sie hier herunterladen können: Teilungsordnungen auf dem Prüfstand_6-2023.

Vorzeitige Rentenangleichung zum 1.7.2023 zu erwarten

Bis vor kurzem war eine Rentenerhöhung von 3,5% im Westen zum 1.7.2023 erwartet worden, nun sollen es nach der Ankündigung des Bundesarbeitsministers 4,39% werden. Aber für das Familienrecht noch interessanter ist die angekündigte Erhöhung um 5,86% im Osten mit der überraschenden Folge, dass der neue aktuelle Rentenwert danach sowohl im Westen als auch im Osten ab 1.7.2023 jeweils 37,60 € betragen wird.
Die ursprünglich bald nach der Wiedervereinigung erwartete Rentenangleichung zwischen Ost und West hat sich mehr als dreißig Jahre hingezogen, nun scheint sie – überraschend – bereits am 1.7.2023 und damit sogar ein Jahr früher Wirklichkeit zu werden als nach dem bereits beschlossenen Gesetz zum Abschluss der Rentenüberleitung vom 17.7.2017 (BGBl 2017 I, 2575) , mit dem auch §§ 16 Abs. 3 und 43 Abs. 2 VersAusglG geändert worden sind, jedoch erst mit Wirkung vom 1.7.2024. 
Deshalb wird man wohl bis zum 30.6.2024 den § 16 Abs. 3 VersAusglG noch in seiner derzeit geltenden Fassung anwenden und ggf. nach dessen im kommenden Jahr wegfallenden Satz 2 tenorieren müssen.
Inwieweit der ebenfalls noch bis 30.6.2024 geltende § 120f Abs. 2 Nr. 1 SGB VI, wonach die bis zum 30.6.2024 im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet erworbenen Anrechte nicht als Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG gelten, ab 1.7.2023 noch Bedeutung behält, erscheint allerdings fraglich.

Versorgungsausgleich & Barwertberechnung mit ChatGPT?

Versorgungsausgleich & Barwertberechnung mit ChatGPT?

Im Jahr 2020 hat Daniel Kehlmann versucht, im Dialog mit einem mit künstlicher Intelligenz bestückten Rechner eine Kurzgeschichte zu schreiben. Die Kurzgeschichte dieses Scheiterns ist unter dem Titel „Mein Algorithmus und Ich“ erschienen.

Der augenblickliche Hype um ChatGPT hat mich animiert, seine versorgungsausgleichsrechtliche Leistungsfähigkeit zu testen. Das literarische Scheitern der KI bei der Koproduktion einer Kurzgeschichte im Kopf (und Bücherschrank) mache ich die Fallprobe:

Auskunft eines betrieblichen Versorgungsträgers über einen ehezeitlichen Versorgungserwerb von 446 € reine Altersrente im Monat, Alter des Mannes 50 Jahre, Renteneintrittsalter 67. Der Versorgungsträger gibt als Rechnungszins BilMoG-10 an, mehr nicht. Auszugleichen ist also eine Rente in Höhe von 223 € monatlich.

ChatGPT startet und ist – es ist Sonntag – gerade einmal nicht überlastet. In die Eingabezeile tippe ich ein:

Barwert Rente 2.676 € jährlich für 50-jährigen Mann ab Renteneintrittsalter 67, Rechnungszins BilMoG-10, Stichtag 31.12.2022

Es dauert einige Sekunden und das Programm antwortet:

Der Rechnungszins BilMoG-10 bezieht sich auf den Zinssatz, der gemäß dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz von 2009 für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen herangezogen wird. Der Zinssatz wird von der Deutschen Bundesbank veröffentlicht und wird jährlich aktualisiert. Zum Stichtag 31.12.2022 beträgt der Rechnungszins BilMoG-10 1,02 %. [das ist falsch, richtig wäre 1,78 %].

Um den Barwert einer Rente von 2.676 € jährlich eines 50-jährigen Mannes mit einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren und einem Rechnungszins BilMoG-10 zum Stichtag 31.12.2022 zu berechnen, müssen wir die folgenden Schritte durchführen:

  1. Bestimme die Anzahl der Zahlungen, die während der Rentenzeit gemacht werden, d.h. die Anzahl der Jahre, die der Mann in Rente sein wird. Hier beträgt die Rentenzeit 67 – 50 = 17 Jahre.[das ist falsch, die Anwartschaftszeit beträgt 17 Jahre, die Rentenzeit rd. 20,6 Jahre].
  2. Berechne den Barwert der jährlichen Rentenzahlungen, indem du jeden Betrag durch den entsprechenden Diskontfaktor dividierst, der sich aus dem Rechnungszins und der Anzahl der Zahlungen ergibt. Der Diskontfaktor kann mithilfe der Formel (1 + r)^-n berechnet werden, wobei r der Rechnungszins und n die Anzahl der Zahlungen ist.
  3. Der Diskontfaktor für das erste Jahr beträgt (1 + 0,0102)^-1 = 0,9899. Der Diskontfaktor für das zweite Jahr beträgt (1 + 0,0102)^-2 = 0,9798. Dies wird für jedes Jahr der Rentenzeit durchgeführt.
  4. Addiere alle Barwerte der jährlichen Rentenzahlungen zusammen, um den Gesamtbarwert der Rente zu erhalten.

Hier ist die Berechnung:

Barwert der Rente = 2.676 x ((1 – (1 + 0,0102)^-17)/0,0102) x (1/ (1 + 0,0102)^1) Barwert der Rente = 2.676 x 13,626 x 0,9899 Barwert der Rente = 36.884,71 €

Daher beträgt der Barwert einer Rente von 2.676 € jährlich eines 50-jährigen Mannes mit einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren und einem Rechnungszins BilMoG-10 zum Stichtag 31.12.2022 etwa 36.884,71 €.

Ein Blick in die Auskunft des Versorgungsträger führt zu Irritationen. Dieser gibt als von ihm errechneten Kapitalwert für die externe Teilung 35.130 € an, teilt aber keinen Rententrend mit. Erst der Blick in die Versorgungsordnung gibt Klarheit, der Rente liegt eine Leistungsdynamit (Rententrend) von 1 % zugrunde.

Also kontrolliere ich:

  1. Der BilMoG-10 Zinssatz beträgt zum Stichtag 31.12.2022 nicht 1,02 %, sondern 1,78 %.
  2. Die Anwartschaftszeit von 17 Jahren ist richtig angenommen, die Leistungszeit teilt das Programm nicht mit, ist aber offensichtlich mit 20 Jahren angenommen worden; das ist vertretbar, nach der Generationensterbetafel wären 20,6 Jahre zutreffend.

Und dann kontrolliere ich die Berechnung mit den Richttafeln Heubeck-2018-G[1] und ermittle für den von ChatGPT angenommenen Rechnungszins von 1,02 % einen Barwertfaktor für die reine Altersrente von 14,380 und damit einen Ausgleichswert von 38.480 €. Das Programm Kapitalwertkontrolle 2023[2] zeigt einen Ausgleichswert von 37.423 € an ChatGPT liegt also – unter Annahme des zu niedrigen Rechnungszinses – nicht verkehrt.

Mit dem richtigen BilMoG-10-Zins von 1,78 % errechnet sich nach Heubeck ein Ausgleichsbetrag in Höhe von 31.140 € und mit dem Programm Kapitalwertkontrolle 2023 von 30.496 € und nach ChatGPT?

„Daher beträgt der Barwert einer Rente von 2.676 € jährlich eines 50-jährigen Mannes mit einem Renteneintrittsalter von 67 Jahren und einem Rechnungszins von 1,78 % etwa 31.468,28 Euro.“

Damit kann der Familienrechtler leben.

Rechnet man nun noch die Leistungsdynamik von 1 % Rentensteigerung pro Jahr ab Renteneintrittsalter ein, ergibt sich bei Heubeck ein Barwert von 35.077 € und mit dem Programm Kapitalwertkontrolle ein Barwert von 33.778 €. Der vom Versorgungsträger mitgeteilte Barwert von 35.130 € geht also in Ordnung.

So ganz ersetzt ChatGPT den Versorgungsausgleichsrechtler aber noch nicht. Wünscht man eine Berechnung unter Einschluss von Invaliditäts- und Hinterbliebenenabsicherung (60 %) und/oder einer Leistungsdynamik von 1 %, dauert es deutlich länger (offenbar ziert sich das Programm ein wenig), bis dann unsinnige Ergebnisse produziert werden. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Das Programm lernt ja noch und es ist erst ein paar Monate alt.

Ihnen wird beim ersten Hinschauen auf die von ChatGPT verwendeten Formeln auch sicher aufgefallen sein, dass sich in die Berechnung einige „Flüchtigkeitsfehler“ eingeschlichen haben. Das Ergebnis ist aber recht passabel. Zufall?

Und was ist jetzt mit meinem Fall? Der Versorgungsträger will die externe Teilung. Soll er sie aus seinem halbwegs plausiblen Ausgleichswert haben. In der gesetzlichen Rentenversicherung als Zielversorgung liegt der Rentenertrag für meine Mandantin rd. 73 % über dem Rentenertrag aus der Quellversorgung. Ich kann es einfach nicht lassen und frage ChatGPT nach der richtigen Zielversorgung. Da schwächelt ChatGPT:

Der Versorgungsausgleich ist ein wichtiger Bestandteil des deutschen Familienrechts und soll sicherstellen, dass bei einer Scheidung die während der Ehezeit erworbenen Rentenansprüche beider Ehepartner ausgeglichen werden. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: die interne und die externe Teilung. … Bei der externen Teilung werden die Rentenanwartschaften auf einen anderen Rentenversicherungsträger übertragen.

Wählt man die externe Teilung, so muss man sich für eine Zielversorgung entscheiden. … Die Wahl der Zielversorgung sollte wohlüberlegt sein, da sie Einfluss auf die Höhe der späteren Rente haben kann.

Bei der Wahl der Zielversorgung sollte man darauf achten, dass die Rentenversicherung solide und zuverlässig ist und eine ausreichende Rendite erwirtschaftet, um später eine angemessene Rente zu garantieren. …

Es ist empfehlenswert, sich von einem Fachanwalt für Familienrecht oder einem unabhängigen Versicherungsmakler beraten zu lassen, um die bestmögliche Wahl der Zielversorgung zu treffen.

ChatGPT setzt also doch (noch) auf „natürliche Intelligenz“. Wie lange noch? Ich schau in einem Jahr noch einmal nach und werde berichten.

PS: Wer es genau wissen will, kann die Berechnung anhand der nachfolgenden Tabellen prüfen (drauf klicken und es kommt eine größere Version):

[1] Das Programm kann für rd. 1.000 € käuflich erworben werden.

[2] Das Programm kann kostenlos unter https://www.famrb.de/muster_formulare.html beim FamRB heruntergeladen werden.

Einladung zur Kaffeerunde VA

Jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr,

moderiert und organisiert von RA Jörn Hauß:

„Kaffeerunde Versorgungsausgleich“

Wir erörtern in einer Online-Schaltung alltägliche und manchmal auch spezielle

Fragen des Versorgungsausgleichs. Kostenlos und locker.

Sie können sich gern dazuschalten:

https://global.gotomeeting.com/join/205481741

Sie können sich auch über ein Telefon einwählen.
(Bei Geräten, die diese Funktion unterstützen, ist die sofortige Teilnahme über eine der unten aufgeführten Direktwahlnummern möglich.)

Deutschland: +49 891 2140 2090
– Direktwahl: +4989121402090,,205481741#

Zugangscode: 205-481-741

Wenn Sie in den Email-Verteiler zur „Kaffeerunde“ aufgenommen werden möchten, ganz einfach Mail an hauss@anwaelte-DU.de.

Teilungsordnungen auf dem Prüfstand

Der FamRB hatte um Hilfe gebeten (https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2022/08/16/hilfeaufruf-an-die-famrb-leser-gefahr-aus-der-teilungsordnung/) und hat Hilfe bekommen und bekommt sie auch weiterhin, danke dafür.

Der FamRB revanchiert sich und präsentiert Ihnen eine Liste mit mittlerweile dank Ihrer tatkräftigen Unterstützung nahezu 300 Teilungsordnungen. Nur ein kleiner Bruchteil dieser Teilungsordnungen sind aus unserer Sicht wirklich in Ordnung und nicht zu beanstanden. Zudem haben wir in diese Liste Entscheidungen der Gerichte zu beanstandungswürdigen Teilungsordnungen aufgenommen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine beeindruckende und für die Versicherer mindestens peinliche Anzahl.

Das werthaltigste Problem ist die Ziffer 5 der Teilungsordnungen, die manchmal auch an anderer Stelle zu finden ist und in der geregelt ist, dass die zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person zu begründende Versorgung zu den „im Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung geltenden aktuellen Versicherungsbedingungen“ begründet wird. Wenn im Tenor einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich auf eine derartige Teilungsordnung unkorrigiert verwiesen wird, sollten Anwälte am besten gleich ihre Haftpflichtversicherung informieren. Im statistisch häufigsten Scheidungsfall eines 50-jährigen Mannes, der im Jahr 1995 eine private oder als betriebliche Direktversicherung begründete Rentenversicherung abgeschlossen hat, führt das zu einem Versorgungsverlust der ausgleichsberechtigten Person von bis zu gut 73 % oder anders ausgedrückt: Aus 10.000 € Ausgleichswert erhält die ausgleichsberechtigte Person statt rd. 131 € Monatsrente nur rd. 50 €. Leider profitiert davon in unserem Fall nicht der Mann, sondern die Versicherung. Es liegt daher auch im Interesse der ausgleichspflichtigen Person, darauf zu achten, dass eine solche Vernichtung ehelich erworbenen Vermögens unterbleibt.

Daneben findet sich Erstaunliches:

Viele Teilungsordnungen ermöglichen einen „doppelten Abzug der Teilungskosten“, indem sie diese bereits bei der Ermittlung des dem Gericht vorgeschlagenen Ausgleichswerts berücksichtigen und dann formulieren, dass die Versorgung zu Gunsten der ausgleichsberechtigten Person aus dem vom Gericht festgelegten Ausgleichswert „abzüglich der Teilungskosten“ begründet wird. In Großbritannien wäre das eine Straftat (contempt of court), in Deutschland nur ein lohnendes Geschäft, weil es kaum jemand merkt. Wie soll die ausgleichsberechtigte Person feststellen, ob die zu ihren Gunsten zu begründende Versorgung aus dem gerichtlich festgelegten Ausgleichswert von 50.000 € oder 49.500 € begründet wurde?

Auch behalten sich manche Versorgungsträger vor, den vom Gericht titulierten Ausgleichswert eigenmächtig zu korrigieren, indem Veränderungen des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraftzeitpunkt vom Versorgungsträger in den Ausgleichswert eingepflegt werden.

Und schließlich – dies könnte die Praxis leicht korrigieren – nehmen es einige Versorgungsträger mit der Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und Rechtskraft „nicht so genau“. Sie begründen aus dem gerichtlich festgelegten Ausgleichswert die Versorgung zum Zeitpunkt der Rechtskraft und nicht „bezogen auf das Ehezeitende“. Wenn da die Verzinsung des Ausgleichswerts in diesem Zeitraum nicht vom Gericht angeordnet wurde, kann bereits bei einer Verfahrenslaufzeit von nur zwei Jahren eine Versorgungsverlust von fast 10 % auftreten.

In der Liste der Teilungsordnungen haben wir zunächst unser Augenmerk nur auf die berüchtigte Ziffer 5 (s.o.) gerichtet. Erst später fiel auf, dass auch andere Punkte kritikwürdig sind. Nach Abschluss unserer Sammlung werden wir die Teilungsordnungen nochmals auf die weiteren Kritikpunkte überprüfen und das Ergebnis dann neu werten und publizieren.

Vorab nur schon einmal ein „Mustertenor“ mit einer Maßgabeanordnung, der die wichtigsten Probleme einer Teilungsordnung vermeidet:

„Zu Lasten des Anrechts der <ausgleichspflichtigen Person> bei der <Versorgungsträger nebst Vers.-Nr.> wird zu Gunsten der <ausgleichsberechtigten Person> bezogen auf den <Ehezeitende> eine Versorgung aus einem Ausgleichswert in Höhe von <#.###.##0 € (Kapital/Rente)> nach Maßgabe der Teilungsordnung <des Versorgungsträgers in der Fassung vom …> mit der Maßgabe begründet, dass

  • abweichend von <> der Teilungsordnung auf das zu begründende Anrecht Rechnungszins und Sterbetafel der auszugleichenden Versorgung anzuwenden sind und
  • abweichend von <Ziff. … > der Teilungsordnung ein Abzug der Teilungskosten vom titulierten Ausgleichsbetrag unzulässig ist und
  • abweichend von <> der Teilungsordnung das zu begründende Anrecht an der Wertentwicklung zwischen Ehezeitende und der Rechtskraft der Entscheidung teilzuhaben hat und der gerichtlich festgelegte Ausgleichswert mindestens mit dem Rechnungszins der auszugleichenden Versorgung zu verzinsen ist.“

Abschließend noch zwei Bitten:

  • Schicken Sie uns Ihnen vorliegende Teilungsordnungen, die in der Liste nicht erfasst sind, auch weiterhin ein. Die Liste wird ständig weiter aktualisiert und steht in aktualisierter Form zum Download bereit.
  • Vergessen Sie bitte nie, im Fall einer externen Teilung die Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft zu beantragen. Nur bei der gesetzlichen Rentenversicherung ist das entbehrlich, weil das auszugleichende Anrecht dann bezogen auf das Ehezeitende begründet wird und an der Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung teilnimmt (gemeinerweise kann aber u.U. auch hier die Verzinsung günstiger sein).

Zu der aktuellen Liste kommen Sie hier: Beanstandungsliste Teilungsordnungen 1-2023!

 

Einladung zum juristischen Streitgespräch

Kurz vor Weihnachten, am 21.12.2022, wird die seit Jahresanfang etablierte „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ online von 14:00 bis 15:00 Uhr den diesjährigen Jahresabschluss „feiern“:

Thema:

„Nachehezeitliche versorgungsschädliche Beendigung des Beamtenverhältnisses und § 27 VersAusglG“

Positionierungen jeweils ca. 5 Minuten:

VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb, Marburg

VorsRiOLG Johannes Norpoth, Hamm

FAFamR Jörn Hauß, Duisburg

danach 30 Minuten offene Diskussion (hauptsächlich der Teilnehmer) und abschließend 10 Minuten vorweihnachtliche Versöhnung

Der Fall:

Die beiden Durchschnittsentgelt-Verdiener M(50) und F(50) lassen sich scheiden. M hat in der 23-jährigen Ehezeit eine Beamtenversorgung in Höhe von rd. 1.340 € (39.000 x 71,75 % / 40 / 12) erdient. Nach der Scheidung macht er sich selbständig und verlangt 12 Monate vor seinem Renteneintritt die Abänderung des seinerzeitigen Versorgungsausgleichs, weil durch die Nachversicherung in der DRV der ehezeitliche Versorgungsbezug sich auf rd. 830 € (36,02 x 23) reduziert habe und damit vom ehezeitlichen Versorgungserwerb der F nicht mehr abweiche.

Der Fall ist nicht alltäglich, die Lösung nicht bagatellhaft. Vor allem neigt man rasch dazu, den Sachverhalt zu variieren, um die als „gerecht“ empfundene Lösung leichter begründen zu können.

Es konkurrieren:

  • die „Freiheit“ des M, sein nachehezeitliches Leben so gestalten zu können, wie er möchte,
  • das „Recht“ der F, das erreichte ehezeitliche Versorgungs- und damit auch Vermögensniveau nicht durch „Fremdintervention“ zu verlieren.

Oder anders ausgedrückt:

  • Muss M die Aufgabe des ehezeitlichen Beamtenjobs mit einer die Halbteilung unterschreitenden Altersvorsorge bezahlen, indem ihm nach der Abänderung als ehezeitlicher Versorgungserwerb 575 €, der F aber 1.085 € verbleiben, weil deren Ausgleichswert über § 27 VersAusglG vermindert wird, oder
  • muss F hinnehmen, dass ihre Teilhabe am ehezeitlichem Versorgungserwerb des M durch dessen nachehezeitliche Selbstverwirklichung aufgezehrt wird und ihr statt 1.085 € monatlichem Rentenaufbau in der Ehe nur 830 € zukommen, was einem Kapitalwertverlust von ca. 51.224 € entspricht.

Sie werden mir zugeben, dass es dazu viele Lösungen geben wird.

Angefangen von der Annahme einer das Ehezeitende überdauernden versorgungsausgleichsrechtlichen Solidaritätspflicht bis hin zu deren stichtagsbezogener Beendigung wird fast alles vertreten und vielleicht auch vertretbar sein.

Sie haben noch nie von der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ gehört? Dann schalten Sie sich doch einfach zum Streitgespräch oder, wenn Ihnen der 21.12. zu vorweihnachtlich ist, jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr kostenfrei dazu:

„Kaffeerunde Versorgungsausgleich“

Wir erörtern in einer Online-Schaltung alltägliche und manchmal auch spezielle

Fragen des Versorgungsausgleichs. Kostenlos und locker.

Sie können sich gern dazuschalten:

https://global.gotomeeting.com/join/205481741

Sie können sich auch über ein Telefon einwählen.
(Bei Geräten, die diese Funktion unterstützen, ist die sofortige Teilnahme über eine der unten aufgeführten Direktwahlnummern möglich.)

Deutschland: +49 891 2140 2090
– Direktwahl: +4989121402090,,205481741#

Zugangscode: 205-481-741

Wenn Sie in den Email-Verteiler zur „Kaffeerunde“ aufgenommen werden möchten, ganz einfach Mail an Haus@Anwaelte-DU.de.