Gleich beide anwaltlichen Berufsorganisationen haben in letzter Zeit Entwürfe für eine Neuordnung des anwaltlichen Gesellschaftsrechts vorgelegt: Die BRAK im Mai 2018 und der DAV im März 2019. Damit besteht nun erstmals seit vielen Jahren eine reale Chance, dass dieser Rechtsbereich eine „vernünftige“ Neuregelung erfährt.
In einigen Punkten gleichen sich die beiden Entwürfe. So soll die Anwalts-KG, die GmbH & Co. KG sogar, erlaubt werden. Eigentlich banal, aber noch in jüngerer Zeit Gegenstand heftiger Kontroversen in der BGH-Rechtsprechung. Anwaltssozietäten sollen grundsätzlich eigens zugelassen werden, nicht mehr nur die natürlichen Personen.
Beim Thema interprofessioneller Zusammenschlüsse schreitet der DAV deutlich mutiger voran als die BRAK. Das BVerfG hatte in letzter Zeit mehrfach Verbote interprofessioneller Zusammenarbeit wie auch die daran vom Gesetzgeber geknüpften Mehrheitsverhältnisse für verfassungswidrig erklärt. Der DAV nimmt das zum Anlass für eine Generalklausel: „Vereinbare“ Berufe dürften mit Anwälten verbunden werden. Was das bedeutet, ist offen, klare Konturen gibt es nicht mehr. Das bietet Chancen für gute, den Mandanten dienliche Fächerkombinationen. Andererseits werden Ängste vor einer „Überfremdung“ anwaltlicher Gesellschaften geweckt, die Widerstand heraufbeschwören.
Das heißeste Eisen hat der DAV am Ende nicht anpacken wollen: Die „auswärtige Kapitalbeteiligung“, sprich: Geld von Investoren. Man präferiert, dem BMJV den Vortritt zu lassen. Von dort war angekündigt worden, man wolle Investitionen in rechtsberatende Unternehmen harmonisch regeln, Anwaltskanzleien also im gleichen Zuge wie Inkassofirmen. Diese Zurückhaltung des DAV ist nicht vornehm, sondern furchtsam. Das Feld wird Ministerialbeamten überlassen, statt mutig eigene Ideen vorzulegen. Dabei geht es gerade hier, bei der Finanzkraft unterschiedlicher Anbieter von Rechtsdienstleistungen, um die wirtschaftliche Ausgangslage im Verteilungswettkampf um die beste Position auf dem Rechtsberatungsmarkt.
Der DAV-Entwurf bietet Anregungen zur Neugestaltung der berufsrechtlichen Normen. Einiges wird zupackend angegangen, bei anderem schreckt die Berufsvertretung zurück. Bei über 160000 Anwälten mit einem äußerst heterogenen Berufsbild gilt es offenbar, stets politische Rücksichten zu nehmen und nicht die Zukunftsaufstellung mit der „Brechstange“ durchzusetzen. Nun ist das BMJV gefragt. Wenn es sich beeilt, könnte die BRAO noch im Laufe der aktuellen Legislaturperiode gründlich überarbeitet und modernisiert, die Anwaltschaft fit gemacht werden für die Zukunft.
Ausführlicher zu diesem Thema: Römermann im „Blickpunkt“, GmbHR 7/2019.
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