Nicht nur das Vereinigte Königreich bereitet sich auf einen „harten“ Brexit vor, sondern auch die deutsche Gesellschaftsrechtspraxis. Der drohende Wegfall der Niederlassungsfreiheit betrifft dabei neben in Deutschland ansässigen Limiteds auch Limited Liability Partnerships (LLPs). Diese Rechtsform war aufgrund der umfassenden Haftungsbeschränkung insbesondere für Anwaltskanzleien attraktiv. In der Diskussion über mögliche Rettungsmaßnahmen steht sie bisher nur begrenzt im Fokus. Nach den bisherigen Stellungnahmen sollen der UK LLP grenzüberschreitende Umwandlungen nur auf Basis der SEVIC-Rechtsprechung des EuGH offenstehen. Denn als Personengesellschaft sei sie nicht von Art. 118-134 GesRRL erfasst und könne darum auch nicht an einer grenzüberschreitenden Verschmelzung nach §§ 122a-122m UmwG beteiligt sein (vgl. J. Schmidt, GmbHR 2018, R292, R293). Das ist mit Rechtsunsicherheit verbunden, weshalb stattdessen alternative Lösungen wie Anwachsungsmodelle propagiert werden. Auch das kürzlich inkraftgetretene 4. UmwÄndG (siehe dazu bereits den Eintrag von Knaier) hält keine besonderen Mechanismen für die LLP bereit, sondern erweitert nur den Kreis der aufnehmenden Rechtsträger auf Personenhandelsgesellschaften (oHG und KG).
Dem scheint die – angesichts des Namens verständliche – Fehlvorstellung zugrundezuliegen, die LLP sei eine Sonderform der englischen partnership, also eine Personengesellschaft. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass die LLP eher einer company, also einer Kapitalgesellschaft ähnelt: Nach sec. 1 (2) des Limited Liability Partnerships Act 2000 ist die LLP eine Körperschaft (body corporate) mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt, das gegen unzulässige Entnahmen abgesichert ist. Die LLP Regulations 2009 wenden darum weite Teile des Companies Act 2006 für die LLP entsprechend an, außerdem auch die britischen Vorschriften zur grenzüberschreitenden Verschmelzung (Cross-border Mergers Regulations 2007).
Zugleich ist das Richtlinienrecht offen für eine solche Erweiterung der verschmelzungsfähigen Rechtsträger durch die Mitgliedsstaaten. „Kapitalgesellschaft“ im Sinne von Art. 119 Nr. 1 GesRRL sind nicht nur die in Annex II der Richtline aufgezählten Rechtsformen, sondern nach lit. b auch
eine Gesellschaft, die Rechtspersönlichkeit besitzt und über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet, und die nach dem für sie maßgebenden nationalen Recht Schutzbestimmungen im Sinne des Titels I Kapitel II Abschnitt 2 und des Titels I Kapitel III Abschnitt 1 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter einhalten muss.
Diese Merkmale treffen auf die LLP zu, weshalb sie für die grenzüberschreitende Verschmelzung als „Kapitalgesellschaft“ nach § 122b UmwG qualifiziert werden muss. Ihr steht damit die grenzüberschreitende Hineinverschmelzung als rechtssichere Gestaltungsoption zur Verfügung. Zielrechtsträger kann allerdings nur eine deutsche Kapitalgesellschaft (namentlich AG und GmbH) sein, nicht dagegen eine PartG mbB, was insbesondere für Anwalts-LLPs infrage gekommen wäre. Als Personenhandelsgesellschaft kann eine Anwaltskanzlei nicht betrieben werden.
Zugleich müssen die bisher diskutierten Gestaltungsalternativen kritisch überdacht werden. Verbreitet wird vorgeschlagen, der Zielrechtsträger solle als Gesellschafter in die LLP eintreten. Eine entsprechende Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag vorausgesetzt, käme es dann bei Austritt der übrigen Gesellschafter zur Anwachsung mit Gesamtrechtsnachfolge, wie dies bei Personengesellschaften üblich ist (vgl. dazu Hoger/Lieder, ZHR 180 (2016), 613, 640; Zwirlein/Großerichter/Gätsch, NZG 2017, 1041, 1045). Diese Lösung dürfte sich aber für die LLP nicht als gangbarer Weg erweisen. Für diese sind nämlich – ihrer kapitalgesellschaftlichen Natur entsprechend – die Vorschriften des Insolvency Act 1986 zum Liquidationsverfahren zu beachten. Entsprechend findet das Anwachsungsmodell im englischen Schrifttum keine Erwähnung. Stattdessen wird als Alternative zur Verschmelzung die sogenannte „reconstruction by voluntary liquidation“ genannt, bei der sich die LLP in ein freiwilliges Abwicklungsverfahren begibt und der Abwickler das Unternehmen im Tausch gegen Anteile in die Zielgesellschaft einbringt (vgl. dazu Morse et al., Palmer’s Limited Liability Partnership Law, 2. Aufl. 2011, Rn. A10-47 ff.).
Die Einordnung der LLP zeigt, dass Vorsicht geboten ist, wenn Vorstellungen der nationalen Rechtsdogmatik auf ausländische Rechtsformen übertragen werden sollen. Die grenzüberschreitende Verschmelzung jedenfalls steht ihr als rechtssicherer, wenngleich bürokratischer Ausweg aus dem britischen Recht offen. Daneben mag das freiwillige Abwicklungsverfahren als Alternative in Betracht kommen, während das Anwachsungsmodell nicht empfohlen werden kann (siehe zur Thematik ausführlich Wolff, GmbHR 2019, 52).