Die Einführung der Zivilkammern mit Sonderzuständigkeit nach § 72a GVG hat zu zahlreichen Folgeproblemen geführt. Eines davon ist – wie zu erwarten war – der Zuständigkeitskonflikt.
In einem Verfahren vor dem KG (Beschl. v. 25.2.2021 – 2 AR 7/21) ging es um folgenden Sachverhalt: Aufgrund verschiedener Forderungen, die letztlich aus Bauverträgen stammten, hatte die Beklagte gegenüber der Klägerin ein abstraktes Schuldanerkenntnis abgegeben. Aus diesem Anerkenntnis nahm die Klägerin die Beklagte nunmehr im Urkundenprozess in Anspruch. Die allgemeine Zivilkammer sah die Sache als Bausache an, die „Baukammer“ als allgemeine Zivilsache.
Das KG sah sich als zuständig an, um den Konflikt zu entscheiden. Zwar spricht § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO von verschiedenen Gerichten. Die Vorschrift ist aber nach st. Rspr. auch dann anzuwenden, wenn sich verschiedene Spruchkörper eines Gerichts über eine gesetzliche Geschäftsverteilung streiten, d.h. eine Frage betroffen ist, die nicht durch das Präsidium des Gerichts entschieden werden darf. Notwendig ist allerdings, dass die jeweiligen, die Zuständigkeit ablehnenden Entscheidungen auch den Verfahrensbeteiligten bekannt gemacht wurden. Dabei reicht es aus, wenn die Entscheidung einer Kammer durch die andere bekannt gemacht wird.
Der Wortlaut des § 72a GVG „Streitigkeiten aus Bau-…verträgen …, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen“ legt allerdings nahe, dass es auf das Rechtsverhältnis ankommt, aus dem der Anspruch hergeleitet wird. Dies war hier kein Bauvertrag, sondern ein abstraktes Schuldanerkenntnis. Allerdings wollte der Gesetzgeber alle Streitigkeiten unabhängig von der vertraglichen Qualifikation als Bauvertrag erfassen. Das KG hatte bereits früher entschieden, dass eine Zuständigkeit der Baukammer gegeben ist, wenn sich die Klägerseite auf ein sog. deklaratorisches Anerkenntnis beruft. Bei einem abstrakten Anerkenntnis muss dasselbe gelten, und zwar aus folgenden Gründen: Die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Anerkenntnissen ist oftmals schwierig und stark einzelfallabhängig. Von einem solchen Umstand eine gerichtliche Zuständigkeit abhängig zu machen, wäre sachwidrig. Entscheidend ist aber, dass es gerade bei abstrakten Anerkenntnissen im Laufe des Prozesses in den überwiegenden Fällen doch auf das zugrundeliegende Rechtsverhältnis ankommt. Regelmäßig wird die Unwirksamkeit des Anerkenntnisses nach den §§ 138, 142 BGB geltend gemacht oder es wird wenigstens versucht, das Anerkenntnis nach § 812 Abs. 1 1 Alt. 1 zu kondizieren. Damit sprechen die besseren Argumente dafür, auch derartige Streitigkeiten den Spezialkammern zuzuweisen. Es kommt mithin darauf an, welche Streitigkeit hinter dem jeweiligen Anerkenntnis steht.
Fazit: Die Entscheidung des KG ist sach- und praxisgerecht und sollte Schule machen.