MDR-Blog

Blog powered by Zöller: Tücken der elektronischen Signatur

Zöller-Autor Prof. Dr. Reinhard Greger  Zöller-Autor Prof. Dr. Reinhard Greger

„Doppelt genäht hält besser“, sagt der Volksmund. Für den elektronischen Rechtsverkehr gilt dies aber nicht unbedingt. Wenn ein Anwalt nämlich einen über sein beA versandten Schriftsatz – unnötigerweise – mit qualifizierter elektronischer Signatur (qeS) versehen hat, ist die Einreichung gleichwohl unwirksam, sofern der Schriftsatz die einfache Signatur (d.h. die Namensangabe) eines anderen Rechtsanwalts trägt. So haben es jedenfalls ein Strafsenat des BGH (3 StR 262/22) und das BayObLG (207 StRR 2/23) unter Verweis darauf entschieden, dass die den Schriftsatz verantwortende und die versendende Person identisch sein müssen. Dies kann man allerdings auch anders sehen.  So hat das BAG entschieden, dass der versendende beA-Inhaber durch die Anbringung seiner qeS, die ja die frühere handschriftliche Unterschrift ersetzt, die Verantwortung für den Inhalt des Dokuments übernimmt, also „verantwortende Person“ i.S.d. § 130a Abs. 3 ZPO (BAG v. 24.10.2019 – 8 AZN 589/19, MDR 2020, 240) wird. Ob sich diese Auffassung durchsetzen wird, ist freilich ungewiss. Vorsorglich sollten daher die sicheren Wege beschritten werden, d.h. das Schriftstück entweder mit der qeS des Verfassers oder mit der einfachen Signatur des beA-Versenders, ggf. mit Vertretungszusatz; versehen werden (s. Zöller/Greger, § 130a  ZPO Rn. 11). Ob die Doppelnaht alleine hält, ist ungewiss.

Was aber beim elektronischen Rechtsverkehr sicher nicht geht, ist das Zusammennähen mehrerer Dokumente. Dies musste ein Anwalt leidvoll erfahren, der beim Versand einer Berufungsschrift versehentlich nicht den Schriftsatz, sondern die beizufügende Urteilsabschrift mit seiner qeS versehen hat. Seinem Argument, dass man die Sendung doch als Einheit sehen müsse und nach früherem Recht die fehlende Unterschrift durch die Unterzeichnung einer Anlage ersetzt werden konnte (s. Zöller/Greger, § 130 ZPO Rn. 19), hielt der BGH entgegen, dass § 4 Abs. 2 ERVV eine gemeinsame Signatur mehrerer Dokumente ausschließt; die (unnötige) Signatur der Anlage lasse nicht erkennen, dass der Versender des Schriftsatzes die Verantwortung für diesen übernehmen wollte (BGH, Beschl. v. 19.1.2023 – V ZB 28/22).

Wie immer: Die wichtigste aktuelle Rechtsprechung finden Sie im Zöller s. § 130a ZPO Rn. 8, 9 und 11.

Schreiben Sie einen Kommentar

Sie müssen sich einloggen um einen Kommentar schreiben zu können.