Der BGH (Beschl. v. 26.7.2022 – I ZR 142/22) hat sich mit der Besorgnis der Befangenheit eines Richter befasst, ist begründet, wenn die Ehefrau des abgelehnten Richters an der Entscheidung der Vorinstanz als Berufungsrichterin mitgewirkt hat.
Das LG hatte der Klage der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Provisionen stattgegeben. Das OLG wies alsdann die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurück. Im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde erreichte der Rechtsstreit anschließend den BGH. Ein Richter am BGH zeigte an, dass seine Ehefrau an der Entscheidung des OLG mitgewirkt hatte. Die Klägerin lehnte den Richter am BGH daraufhin wegen Befangenheit ab. Der BGH gibt dem Antrag statt!
Klar ist, dass eine tatsächliche Befangenheit des Richters nicht erforderlich ist, vielmehr ist der „böse Schein“ ausreichend. Dafür kommen nur objektive Gründe aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei in Betracht. Derartige Gründe können sich auch aus nahen persönlichen Beziehungen zwischen Richtern, die an derselben Sache beteiligt sind bzw. waren, ergeben.
Grundsätzlich hat der BGH allerdings bereits entschieden, dass die Mitwirkung eines Ehegatten an einer angefochtenen vorinstanzlichen Entscheidung eines Kollegialgerichts keinen durchgreifenden Befangenheitsgrund gegen einen „übergeordneten“ Richter begründen kann. Es bleibt unbekannt, ob und wie der Ehepartner entschieden hat, möglicherweise ist er überstimmt worden. Anders verhält es sich, wenn der Ehegatte als Einzelrichter entschieden hat. Hier ist klar, was der Ehegatte gemeint hat. Da vorliegend die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen wurde, lag gleichfalls – wie bei der Einzelrichterentscheidung – offen zu Tage, was der Ehegatte gemeint hat. Damit liegt hier ein Fall vor, der der Einzelrichterentscheidung vergleichbar. Folglich hat der Befangenheitsantrag Erfolg.
Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin, die den Antrag gestellt hat, in der Vorinstanz obsiegt hatte. Denn auch wenn es vielleicht näherliegt, dass der abgelehnte Richter seiner Ehefrau zustimmt, so bleibt doch auch die Möglichkeit, dass er sich besonders kritisch zu dem ergangenen Urteil positioniert, um seine Unvoreingenommenheit zu zeigen.
Im hier zu beurteilenden Fall musste der Richter am BGH daher aus dem Verfahren ausscheiden.