Es handelte sich um einen alltäglichen Fall: Der Kläger hatte einen PKW gekauft. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Unfallwagen gehandelt hat, dem darüber hinaus noch zahlreiche zugesicherte Eigenschaften fehlten. Der Kläger erklärte daher den Rücktritt vom Vertrag und machte Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche geltend, und zwar bei dem LG Tübingen, in dessen Bezirk er wohnt. Das LG wies die Klage ab, da es sich für örtlich unzuständig hielt. Der Kläger hatte ausdrücklich keinen (Hilfs-)Verweisungsantrag gestellt. Dadurch bekam das OLG Stuttgart auf seine Berufung hin die Gelegenheit, sich ausführlicher zu der Frage der Zuständigkeit bei derartigen Sachverhalten zu äußern. Das OLG (Urt. v. 13.1.2016 – 9 U 183/15) bestätigte die an die Rechtsprechung des BGH angelehnte h. M. zu diesem Problemkomplex:
29 ZPO verweist für die Zuständigkeit auf materielles Recht, mithin hier auf § 269 BGB. Regelmäßig besteht kein einheitlicher Erfüllungsort, vielmehr ist für jede einzelne Pflichtverletzung gesondert anzuknüpfen. Im Zweifel ist allerdings der Wohnsitz des Schuldners Erfüllungsort. Die besonderen Umstände eines Falles können aber auch einen anderen – insbesondere auch einheitlichen – Erfüllungsort ergeben. Bei einem Kaufvertrag ist einheitlicher Erfüllungsort für alle Rückgewähransprüche nach Rücktritt vom Vertrag, jedenfalls nach beidseitiger Vertragserfüllung, der Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet. Dies gilt vor allem dann, wenn mit dem Rückgabeanspruch ein Rücknahmeanspruch korrespondiert. Wenn die ausgetauschten Leistungen Zug-um-Zug rückabzuwickeln sind, entspricht es dem mutmaßlichen Willen der Parteien, den Ort, an dem sich die gekaufte Sache befindet, auch als Erfüllungsort für die Rückzahlung des Kaufpreises anzusehen.
Das OLG Stuttgart führt darüber hinaus im Einzelnen aus, dass diese Grundsätze von dem BGH nicht etwa in verschiedenen Entscheidungen aufgegeben worden sind, sondern nach wie vor Bestand haben. Weiterhin wurde das Urteil des LG aufgehoben und der Rechtsstreit zur sachlichen Prüfung zurückverwiesen (§ 538 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Damit dürfte man hinfort von diesen Grundsätzen weiterhin ausgehen können. Diese sind auch sachgerecht und haben sich in der gerichtlichen Praxis bewährt.
Der Fall zeigt darüber hinaus, dass man als Rechtsanwalt nicht immer einen Verweisungsantrag stellen sollte, wenn das Gericht einen solchen anregt. Oftmals ist es sachgerecht, es auf eine Entscheidung des Berufungsgerichts ankommen zu lassen. Mit einem Rechtsmittel kann die Entscheidung zur Zuständigkeit nämlich – wie hier – auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden wohingegen Verweisungsbeschlüsse regelmäßig Bestand haben (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO) und nur ausnahmsweise wegen Willkür unwirksam sind (hierzu zuletzt: F. O. Fischer, MDR 2016, 500 ff.). Der eintretende Zeitverlust ist oftmals gar nicht so hoch, da derartige Verfahren von den Berufungsgerichten meist vorgezogen werden und auch eine denkbare Vorlage nach § 36 Nr. 6 ZPO bei einem Verweisungsbeschluss das Verfahren nicht unerheblich verzögert.