OLG Frankfurt a. M.: Gewinnspielteilnahme durch Bewertung wettbewerbswidrig

Bewertungen verleihen gerade Unternehmen im E-Commerce Rückenwind beim Absatz, da der Verkehr sie als neutrale Bewertung von echte Kundenerfahrungen auffasst.  Fälle gekaufter Bewertungen sind dabei bereits mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung gewesen und in der Regel für unlauter befunden worden.

für Ein Unternehmen ist auf die Idee gekommen, durch ein Gewinnspiel (auch) mehr Bewertungen von echten Bewertenden zu erlangen. Neben Kommentaren und social media Postings und Likes war eine Teilnahme auch durch Bewertungsabgabe möglich. Mit den Bewertungen hat das Unternehmen dann später geworben, was nun – auch in der Berufungsinstanz – vom OLG Frankfurt a. M. untersagt wurde. Grund hierfür sei, dass eine Irreführung über die Umstände der Bewertungsabgabe vorläge.

Das Gericht nimmt nicht nur an, dass sich Bewertende im Rahmen eines Gewinnspiels – ohne dazu aufgefordert worden zu sein – eher dazu verpflichtet sehen, das Unternehmen positiv zu bewerten. Auch die reine Anzahl der Bewertungen, die durch das Gewinnspiel massiv gesteigert würde, führe in die Irre, da dadurch der Eindruck eines größeren Geschäftsbetriebes erweckt würde.

Praxistipp

In der Beratungspraxis wäre eine solche Kampagne vermutlich bisher mit eher geringen Risiken bewertet worden und in vielen Fällen – gerade wegen des positiven Effekts – für vertretbar gehalten worden. Die Argumentation des OLG Frankfurt ist aber gut nachvollziehbar. Wer gleichwohl solche Kampagnen durchführt, könnte prüfen, ob ein Hinweis im Rahmen der Nutzung des Bewertungsergebnisses auf die Umstände der Bewertungen möglich ist, was in vielen Fällen – Beispiel Google My Business – schwierig sein dürfte. Für Unternehmer werden die Möglichkeiten, ihr Bewertungsprofil aufzubessern, schwieriger. Selbst für Bewertungen, die erst auf Nachfrage(n) von tatsächlichen Kunden erstellt wurden, könnte eine Gefahr ausgehen, da diese eben nicht ohne Einwirkung des Unternehmers zustande kamen. Die Branchenüblichkeit solcher Bewertungsnachfragen dürfte aber auch den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt sein, es scheitert dann an einer Irreführung.

OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 20.08.2020, 6 U 270/19 hier im Volltext.

OLG Frankfurt: Übersendung von Schriftsätzen an die Anwaltskammer

In einem Lauterkeitsverfahren vor dem OLG Frankfurt (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 19.2.2020 – 6 W 19/20, MDR 695) stritten zwei Rechtsanwälte über Unterlassungsansprüche. Der Antragsgegner nahm dies zum Anlass, mehrere Schriftsätze des Antragstellers an die Anwaltskammer zu schicken und auf das seiner Ansicht nach standeswidriges Verhalten des Antragstellers hinzuweisen. Später erteilte der Vorstand der Anwaltskammer dem Antragsteller tatsächlich eine Rüge.

Der Antragsteller beantragte, nunmehr gegen den Antragsgegner eine einstweilige Verfügung, und zwar wie folgt: „Dem Antragsgegner wird bei Meidung gesetzlicher Ordnungsmittel untersagt, personenbezogene Daten des Antragstellers (Name, Privatanschrift, Sachverhalt, rechtliche Ausführungen, Behauptungen etc.) einschließlich Geschäftsgeheimnissen (Abmahnung, Vertragsstrafenforderung, Streitwert, Gebührenbestimmung), die in der Abmahnung des Antragstellers vom … nebst Anlagen (vorgefertigte Unterlassungserklärung und Werbe-E-Mail an das private E-Mail Postfach des Antragstellers) in dem Schriftsatz des Antragstellers vom … ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Antragstellers oder ohne überwiegende berechtigte Interessen des Antragsgegners bzw. seiner Mandantschaft durch Übermittlung offenzulegen, wie geschehen am … und … gegenüber der Rechtsanwaltskammer in …“

Das LG wies diesen Antrag zurück, die sofortige Beschwerde des Antragstellers hatte keinen Erfolg. Weder aus § 3 UWG noch aus Art. 79 DS-GVO noch aus den §§ 823, 1004 Abs. 1 BGB ergibt sich hier ein Unterlassungsanspruch. Es fehlt an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse des Antragstellers, und zwar, weil die Äußerung des Antraggegners gegenüber der Anwaltskammer hier als sogenannte privilegierte Äußerung anzusehen ist. Es besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Unterlassung von Behauptungen, wie z. B. auch ehrverletzenden Äußerungen, wenn diese – ungeachtet ihres Wahrheitsgehaltes – der Rechtsverfolgung in einem Verfahren dienen. In der Bejahung eines Anspruchs läge nämlich eine unzulässige Einengung der Äußerungsfreiheit von Verfahrensbeteiligten. Diese müssen in einem rechtsstaatlichen Verfahren vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Diese Rechtsprechung gilt auch für verfahrensbezogene Handlungen, wie hier die Übersendung von Schriftsätzen.

Zwar ist grundsätzlich noch eine Interessenabwägung geboten. Das Interesse des Betroffenen überwiegt aber nur dann, wenn es sich um bewusst unwahre oder leichtfertig aufgestellte falsche Behauptungen handelt, die in dem eingeleitete Verfahren gar nicht geklärt werden können. Dies scheidet hier jedoch schon deswegen aus, weil der Antragsteller tatsächlich von der Anwaltskammer gerügt wurde.

Schließlich hält das OLG Frankfurt den Antrag auch für unbegründet. Eine Übermittlung der Daten war jedenfalls nach § 6 Abs. 1 f DS-GVO zulässig. Der Antragsteller unterliegt damit also „in Bausch und Bogen“.