Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und mit ihm des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs läuft – wie zu erwarten – nicht ganz störungsfrei. Ursprünglich sah das Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkerkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (ejustice-Gesetz) vor, dass ab 1.1.2016 allen zugelassenen Anwälte durch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) zur Verfügung gestellt wird, § 31a BRAO.
Mit Presseerklärung vom 26.11.2015 teilte die BRAK mit, das beA erfülle „derzeit“ nicht alle Erwartungen an die Qualität in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit. Man verschiebe daher den Starttermin auf unbestimmte Zeit. Mit Presseerklärung vom 14.04.2016 kam jetzt die lang ersehnte Information zu dem neuen Starttermin. Am 29.9.2016 soll es soweit sein: das beA kann genutzt werden. Die Erstregistrierung (also das Anlernen des Zugangsmediums) wird mindestens zwei Wochen vor dem Starttermin möglich sein. Auch die Bundesnotarkammer hat angekündigt, die Produktion und den Versand der Zugangsmedien ab sofort wieder aufzunehmen.
Die Kosten für die Einrichtung und den Betrieb dieses Postfaches legt die BRAK auf die regionalen Rechtsanwaltskammern um. Diese wiederum erheben von ihren Mitgliedern (höhere) Beiträge oder Umlagen. Hiergegen hat sich bereits ein Mitglied gerichtlich gewandt. Der BGH entschied mit Urteil vom 11.1.2016 (AnwZ (Brfg) 33/15), dass eine Umlage zur Finanzierung des beA rechtmäßig ist; insbesondere werfe § 31a BRAO keine verfassungsmäßigen Bedenken auf.
Die Frage, wer die Kostenlast für das beA zu tragen hat, wird mittlerweile überschattet von der Frage, ob das beA auch genutzt werden muss. Dabei besteht Einigkeit darüber, dass keine Pflicht besteht, das beA aktiv für den Versand zu nutzen. Der Gesetzgeber hat im neuen § 130a ZPO mehrere alternative Zugangswege vorgesehen, um mit den Gerichten zu kommunizieren.
Ziel des Gesetzgebers bei Einführung des ejustice-Gesetz war es allerdings, alle zugelassenen Anwälte für Gerichte und Behörden elektronisch und auf einheitliche Art und Weise erreichbar zu machen. Daher vertritt die BRAK die Auffassung, das beA für alle Anwälte am 29.9. so einzurichten, dass es empfangsbereit ist. Um u.a. Haftungsgefahren zu vermeiden, empfiehlt es sich daher, ab 29.9. das beA regelmäßig zu kontrollieren oder sich zumindest über E-Mail bei Eingängen benachrichtigen zu lassen.
Diese mittelbare Kontrollpflicht führt zu der häufig genannten passiven Nutzungspflicht. Diese Pflicht ist – wie die Pflicht den Hausbriefkasten zu leeren – naturgemäß gesetzlich nicht geregelt. Hiergegen wenden sich Anwälte vor dem AGH Berlin in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Sie begehren, das beA nicht ohne Einwilligung des betroffenen Anwalts empfangsbereit zu schalten. Flankierend wurde nun durch Dehley, NJW 18/2016, 1274, festgestellt, dass § 31a BRAO keine passive Nutzungspflicht erlaube. Die faktische Freischaltung des Empfangs sei verfassungswidrig.
So bleibt mit Spannung zu erwarten, ob es bei dem Starttermin am 29.9. – für alle Anwälte – bleiben wird. Möglicherweise entschließt sich der Gesetzgeber noch zu einer Klarstellung im Gesetz.