Haben Sie auch etwas gegen…?
Tja, gegen was denn eigentlich? So richtig scheint die Influencer-Welt das nicht zu wissen.
Inzwischen sieht auch die Regierung Handlungsbedarf. Dementsprechend hat das BMJV nun entsprechende Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) angekündigt, die allen Beteiligten zu mehr Rechtsklarheit verhelfen soll. Wie genau diese Regelung aussehen soll, ist unklar. Mit nur einer knappen Regelung wie zum Beispiel „Äußerungen mit kommerziellem Charakter ohne jegliche Gegenleistung bedürfen keiner besonderen Kennzeichnung“ dürfte vermutlich die, über mehrere Rechtsgebiete verstreuten, Kennzeichnungspflichten nicht allumfassend modifizieren können. Bereits in der Vergangenheit haben Bemühungen um Klärungen umstrittener Rechtsfragen (wie zum Beispiel der neu geschaffene § 97a UrhG, um bei typischen File-Sharing-Abmahnungen graue Bereiche einzuebnen) zu neuen Unsicherheiten und Auslegungsherausforderungen der Gerichte geführt. Es bleibt daher fraglich, ob ein Handeln des Gesetzgebers, das zugleich die Dynamik der Weiterentwicklung moderner Medien durch Unschärfen miterfassen muss, hier zielführend ist. Eine solche Regelung würde ein über Jahrzehnte gewachsenes Gleichgewicht, wie es zum Beispiel im Printbereich (Autozeitschrift mit Fahrzeugvorstellung) vollkommen selbstverständlich ist, möglicherweise aus der Balance bringen.
Fest steht, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und gerichtliche Verfahren wegen mangelnder Kennzeichnung kommerzieller Inhalte, überwiegend angestrengt vom Verband Sozialer Wettbewerb VSW, sind ein Ärgernis und verunsichern die Branche. Insbesondere das Landgericht der Influencer-Hauptstadt Berlin stellte bisher an Beiträge in sozialen Netzwerken hohe Anforderungen. Durch weitere Rechtsprechung verstreut über die Republik – dank § 14 Abs. 1 S. 2 UWG kann sich der VSW meistens nicht das Wunschgericht aussuchen – haben sich die Anforderungen aber einerseits zumindest ein wenig konkretisiert, auch sind Wege aufgezeigt worden, wie die derzeitige social-media-Praxis als rechtskonform beurteilt werden kann. Insbesondere das LG München I (Urt. v. 29.04.2019 – 4 HK O 14312/18, MDR 2019, 820; siehe auch Böse, MDR-Blog v. 1.5.2019) geht einen interessanten, wenn auch nicht kritikfreien Weg.
Hinweis: Eine Zusammenstellung der ergangenen lauterkeitsrechtlichen Rechtsprechung sowie konkrete Gestaltungsvorschläge „ab wann“, „wo“ und „wie“ eine Kennzeichnung von Veröffentlichtungen erforderlich ist, finden Sie in Böse, Influencer-Marketing – Die lauterkeitsrechtlichen Kennzeichnungspflichten von Werbebotschaften, MDR 2019, 769.