BGH: Künftig Wildwest-Methoden bei Privatverkäufen auf Onlineverkaufsplattformen?

Der BGH hat – bisher überwiegend unbeachtet – eine sehr bemerkenswerte Anleitung dafür aufgestellt, wie man Verkäufe auf Onlineplattformen als Verbraucher „frisieren“ kann.

Streitgegenständlich war der Verkauf eines PKW über die Plattform mobile.de. In der dortigen Anzeige wurden bestimmte Eigenschaften des zu verkaufenden PKW beschrieben. Diese fanden sich später nicht im abgeschlossen Kaufvertrag wieder, der jedoch einen umfassenden Gewährleistungsausschluss enthielt. Die anfangs auf der Plattform angepriesenen Eigenschaften wies das Fahrzeug dann tatsächlich auch nicht auf.

Der BGH ist der Ansicht, dass die vorherige öffentliche Äußerung keine Berücksichtigung bei dem Umfang des später vereinbarten Gewährleistungsausschluss finden soll:

Allein der Umstand, dass der Verkäufer im Vorfeld des Vertragsschlusses eine öffentliche Äußerung über eine bestimmte Eigenschaft der Sache im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB abgegeben hat, rechtfertigt es nicht, hieraus abzuleiten, dass sich ein umfassend vereinbarter Haftungsausschluss nicht auf die nach dieser Äußerung geschuldete Beschaffenheit erstreckt. Denn aus dem Empfängerhorizont eines verständigen und redlichen Käufers beansprucht ein im Kaufvertrag vereinbarter umfassender Haftungsausschluss Vorrang vor früher abgegebenen öffentlichen Äußerungen des Verkäufers nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB, die nicht einmal ansatzweise Erwähnung im Kaufvertrag gefunden haben. Maßgeblich ist der Wille der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ist im Kaufvertrag ein umfassend formulierter Haftungsausschluss vereinbart worden, der keine Ausnahmen vorsieht und sich damit nach seinem Wortlaut auch auf die Gewährleistungsfälle des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB erstreckt, ist die im Vorfeld des Vertragsschlusses abgegebene öffentliche Äußerung des Verkäufers regelmäßig zeitlich und inhaltlich „überholt“

Anders als bei dem Zusammentreffen eines umfassenden Haftungsausschlusses und einer Beschaffenheitsvereinbarung geht es hierbei nicht darum, durch interessengerechte Auslegung einen Widerspruch zwischen zwei gleichrangigen (vertraglichen) Regelungen aufzulösen. Vielmehr besteht insoweit ein Stufenverhältnis zwischen der gesetzlich vorgesehenen, aber grundsätzlich abdingbaren Sachmängelhaftung wegen des Fehlens von in öffentlichen Äußerungen angegebenen Eigenschaften der Sache (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) und dem vereinbarten Haftungsausschluss. Daher rechtfertigt es die Abgabe einer solchen Äußerung allein nicht, einen umfassenden Haftungsausschluss einschränkend auszulegen. .

Lediglich eine kleine Tür hält der BGH für Sonderfälle offen:

Ob und unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall eine abweichende Beurteilung angezeigt sein kann, etwa wenn der Käufer – nachweislich – dem Verkäufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand als kaufentscheidend zur Kenntnis bringt und der Verkäufer hiergegen keine Einwände erhebt, kann dahin stehen. Häufig wird in diesen Fällen eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen (vgl. zu den Anforderungen Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 16; vom 29. Juni 2016 – VIII ZR 191/15, aaO; jeweils mwN), so dass es auf die Frage einer Sachmängelhaftung nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB dann ohnehin nicht ankommt (vgl. auch BT-Drucks. 14/6040 aaO).

Diese Entscheidung öffnet für – erfolgreiche – Enttäuschung der Käufererwartungen im C2C-Verkehr auf Onlineplattformen, auf denen nicht unmittelbar ein Kaufvertrag zustande kommt, Tür und Tor. Käufern ist dringend zu raten, die Beschaffenheit aus der Onlineanzeige auch zum Gegenstand des Vertrages zu machen. Der einfachste Weg dürfte es sein, eine Beschaffenheit gemäß der Beschreibung im Internetangebot zu vereinbaren und diese Beschreibung dem Kaufvertrag als Anlage beizufügen.

BGH, Urteil vom 27.09.2017 Az.: VIII ZR 271/16