OLG Hamm: Verlag haftet, wenn Anzeigen nicht auf fehlende Identitätsangaben geprüft werden

Der Verfügungskläger vertreibt Produkte, für den ein Mitbewerber unlauter wirbt, konkret ging es unter anderem um einen Verstoß gegen § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, wonach in Anzeigen in den meisten Fällen die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den die Anzeige geschaltet wurde, anzugeben sind.

Für den Verfügungskläger bestanden im Wesentlichen die Hürde, dass der Zeitungsverlag nur fremde Inhalte abdruckt.

In der Praxis könnte man zunächst meinen, dass Zeitungsverlage hier eine rein technische Dienstleistung ausüben, indem angelieferte Anzeigenvorlagen gesetzt und gedruckt werden. Aufgrund der finanzierenden Funktion für den redaktionellen Teil ist bei einer Abwägung der Verantwortlichkeit zudem die in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Pressefreiheit mit einzubeziehen, die langwierige Prüfungen insbesondere bei täglich erscheinenden Publikationen entgegenstehen könnte.

Der BGH hat die Pflicht zur Prüfung auf evidente Verstöße begrenzt und dies beispielsweise verneint bei

  • blickfangmäßigen Preisangaben ohne Hinweis auf Versandkosten (BGH, Urteil vom 07.05.1992 – I ZR 119/90 – Pressehaftung II)
  • irreführender Beschreibung eines Schlankheitsmittels, das ein Sattessen erlaubte (BGH, Urteil vom 10.02.1994 – I ZR 316/91 – Schlankeitswerbung)
  • nicht schlussverkaufsfähiger Ware bei Bewerbung im Rahmen eines Schlussverkaufs (BGH, Urteil vom 10.11.1994 – I ZR 147/92 – WSV-Werbung für Möbel)

Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss hier aber klare Worte für die Prüfungspflichten bei einem Presseerzeugnis gefunden, dass nur monatlich veröffentlicht wird und über keinen nennenswerten redaktionellen Teil verfügt:

„Ein Presseunternehmen trifft jedenfalls eine Pflicht zur Prüfung von Werbeanzeigen Dritter auf grobe und unschwer erkennbare Rechtsverstöße (BGH, Urteil vom 05.02.2015 l ZR 136/13 – [TIP der Woche] «juris;», dort Rdnr. 31). Bei dem vorbezeichneten Wettbewerbsverstoß dürfte es sich um einen derartigen Verstoß handeln. Bereits bei flüchtiger Durchsicht der streitgegenständlichen Werbeanzeige fällt auf, dass diese den Verbraucher zwar in die Lage versetzen soll, unmittelbar eine Bestellentscheidung zu treffen und diese auch sofort in die Tat umzusetzen, indes keinerlei Angaben zum Vertragspartner des Verbrauchers bei einer eventuellen Bestellung enthält und dem Verbraucher so eine ganz wesentliche Information vorenthält. Die Regelung in § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG gehört überdies zu den auch für die eigene Kundenakquise der Verfügungsbeklagten – namentlich bei der Einwerbung von Anzeigenkunden – bedeutsamen gesetzlichen Regelungen.“

Verlage sind daher erneut an eine zumindest kursorische Prüfung der geschalteten Anzeigen zu erinnern, gerade bei nur wöchentlich oder monatlich erscheinenden Werken, die ggf. auch einen verminderten redaktionellen Teil haben (z. B. Kostenlose Wochenzeitungen, Gratis-Fernsehzeitschriften). Hierzu sollte unbedingt die Prüfung gehören, ob die Kontaktdaten des Werbenden vollständig angegeben sind, dies sind in der Regel:

  • Bürgerlicher Name oder Firma inklusive Rechtsformzusatz
  • Postleitahl, Ort, Straße, Hausnummer, eine Postfachangabe ist nicht ausreichend

Ausnahmen können sich bei besonders kleinformatigen Anzeigen aus § 5a Abs. 5 Nr. 1 UWG ergeben, wobei vertiefte Kenntnisse von Verlagen wohl nicht verlangt werden können.

Die Inanspruchnahme eines Verlages kann sich, insbesondere bei stets wechselnden Handlungspersonen auf Auftraggeberseite oder bei Auslandsbezug, als effektiveres Mittel darstellen, um nachhaltig Wettbewerbsverstöße zu bekämpfen. Indem Verlage über Wettbewerbsverstöße informiert werden, steigen deren Prüfungspflichten (OLG Köln, Urteil vom 03.02.2012 – Aktenzeichen 6 U 76/11).

OLG Hamm Hinweisbeschluss vom 06.07.2017 I-4 U 33/17