Seit Februar 2017 gelten die Mitteilungspflichten des § 36 VerbraucherstreitbeileÂgungsG (VSBG). Ein Unternehmer mit Webseite oder als Verwender allg. GeschäftsÂbedingungen muss den VerÂbraucher „leicht zugänglich, klar und verständlich“ unter anderem davon in Kenntnis setzen, „inwieweit er bereit ist…an StreitbeilegungsÂverÂfahren vor einer VerÂbrauÂcherschlichÂtungsstelle teilzunehmen“ (Abs. 1 Nr. 1 der VorÂschrift). Greger (https://www.schlichtungs-forum.de, 28.2.2018) stellt schon im Vorfeld des für Juli 2018 anstehenden Verbraucherschlichtungsberichts des Bundesamts für Justiz (§ 35 VSBG) aufgrund der Daten der einzelnen SchlichtungsÂstellen fest, dass sich die ErÂwartung, wegen der in Kraft getretenen InformaÂtionspflichten würden die Zahl der SchlichtungsÂverfahren ansteigen, nicht erfüllt hat.
Man kann sogar die Befürchtung hegen, dass ihre Erfüllung das Aufkommen an SchlichÂtungsÂverfahren dämpft. Ohne eine Ãœbersicht über das ErklärungsÂverhalten insgesamt zu haben, fällt doch auf, dass anzeigepflichtige Unternehmen sehr weitÂgehend kundtun, nicht zur Teilnahme an einem Verfahren vor einer VerbraucherÂschlichtungsstelle bereit zu sein. Das hat nicht nur den Effekt, dass Verbraucher entÂmutigt sein müssen, auf diesem Wege Recht zu bekommen (an einer gerichtlichen Durchsetzung wird bei geringen Werten eher „rationales Desinteresse“ bestehen; vgl. Riehm NJW 2017, 113, 117). Ein weiteres Manko ergibt sich möglicherweise auf der GrundÂlage von BGH NJW 2016, 233, 235 (ZKM 2016, 32; fortschreibend: OLG Stuttgart WM 2017, 376), wonach ein Antrag auf ein solches Verfahren bei vorab verneinter TeilnahmeÂbereitÂschaft des Schuldners ungeeignet sein kann, gem. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB die Verjährung des VerbrauÂcherÂÂanspruchs zu hemmen. Althammer/Lohr (ZKM 2016, 33) sehen in der EntÂscheidung die Gefahr einer erheblichen Schwächung von GüteÂverfahren als Instrument der Streitbeilegung, deren Chancen hiermit verkannt und gekappt werden. Die Rechtssicherheit im Hinblick auf die Möglichkeit der Verjährungshemmung wird jedenfalls gefährdet (vgl. die abl. Anm. von May/Röder NJW 2016, 235 f.). Der BGH hatte sich unter Bezug auf § 242 BGB allerdings zu dem Fall ausgeÂsproÂchen, dass der Schuldner seine mangelnde BeÂreitÂschaft, an einvernehmliÂcher Streitbeilegung mitzuÂwirken, dem Antragsteller „schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt“ hatte; die Berufung auf die VerjährungsÂhemmung sei dann rechtsÂmissbräuchlich (Rdn. 34 f.). Diese Konsequenz will Steike aber auch für eine entÂsprechende ErkläÂrungen gem. § 36 VSBG ziehen (BoroÂwski/RötheÂmeyer/Steike, VerÂbrauÂcherstreitbeiÂlegungsgesetz, 2016, § 36 Rdnr. 11; ebenso Steike/Borowski VuR 2017, 218, 221) und gibt noch den Hinweis, Unternehmer könnten auf diesem Wege GüteÂanträgen bewusst die verjährungshemmende Wirkung nehmen und „die VerÂbraucher ….in das GeÂrichtsÂverfahren zwingen“.
Abgesehen davon, dass die entsprechende Erklärung auf den unternehmerischen WebÂseiten häufig gar nicht leicht zu finden ist, richtet sie sich (anÂders als in der BGH-Entscheidung) nicht an einen konkreten Adressaten und nicht auf einen speziellen KonÂflikt. M.E. scheidet eine Ãœbertragung der Entscheidung auf die hier angesprochenen Fälle schon deshalb aus (anders und wohl noch über den BGH hinausgehend OLG Stuttgart WM 2017, 376 = BeckRS 2016, 115351). Auch lässt sich grundsätzlich fraÂgen, ob die Anwendbarkeit des RechtsÂgedankens der EntÂscheiÂÂdung auf die StreitbeileÂgung in Verbrauchersachen mit Art. 12 Abs. 1 ADR-RL vereinÂbar ist (Fries JZ 2016, 723, 726; verneinend auch für den hier behandelten Fall der Mitteilung nach § 36 VSBG BeckOGK/Meller-Hannich BGB § 204 Rdnr. 180.1). Delikat wird es, wenn sich die Erklärung unmittelbar innerÂhalb der AGB des Unternehmers findet (z.B. IKEA Allgemeine Liefer- u. ZahlungsÂbedingungen Online Shop), also wie eine die gesetzliche VerjährungsÂhemÂmung abbedingende Klausel wirken würde, was in mehrfacher Hinsicht nicht angänÂgig ist.
Jedenfalls muss sich etwas im Hinblick auf die Beteiligungsbereitschaft von UnterÂnehÂmern tun, soll die Streitbeilegung in Verbrauchersachen nicht ein Mauerblümchen bleiÂben. In den Bereichen Versicherung, Energie, Banken und Personenverkehr war es schon unabhängig vom VSBG zu beachtlichen Fallzahlen gekommen, bei denen man sich gleichwohl fragen kann, wie sie im Verhältnis zum tatsächlichen Konfliktpotential stehen (vgl. Hirsch, zitiert in http://www.centrale-fuer-mediation.de/newsletter/51349.htm). Eine positive Entwicklung ergibt sich jedenfalls nicht naturwüchsig, sondern kann ein steiniger Weg sein, was sich an der Zuwendung der Flugbranche zur söp (Schlichtungsstelle für den öffentlichen PersoÂnenÂverkehr; allgemein zur Entwicklung hier Isermann RRa 2016, 106) nach anfänglichem Zögern und gesetzgeberischen Maßnahmen exemplifizieren lässt (s. Entwurfsbegründung zum Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr, BT-Drs. 17/11210, S. 2, 10 ff.). Auch die laufende Diskussion um eine Schlichtungsstelle im Reiserecht zwischen VerbraucherÂschützern, BMJ und TouristikÂunternehmen zeigt dies wieder (Neue Osnabrücker Zeitung v. 6.3.2018, zu finden unter www.noz.de). An der Bereitschaft von UnterÂnehmen, sich SchlichÂtungsÂverfahren zu öffnen, wird auch allgemein weiter gearbeitet werden müssen.