Co-Autor:
Dr. Walter Woeller
Rechtsanwalt, Fachanwalt für ArbR und Mediator, Dr. Woeller, Tschakert & Partner Partnerschaftsgesellschaft mbB
Am 7. Mai 2025 berichtete SWR aktuell über eine aufgewühlte Belegschaft bei Bosch in Schwäbisch Gmünd. Hunderte Menschen versammelten sich, um gegen den angekündigten Stellenabbau zu protestieren. Ursprünglich beschäftigte der Automobilzulieferer dort rund 6.000 Menschen, aktuell sind es noch ca. 3.500 – und nun sollen weitere 1.500 Arbeitsplätze wegfallen.
Die Betriebsversammlung wurde abgebrochen. Die Stimmung ist aufgeladen, die Menschen haben Angst, sie fordern Antworten. Auch die Stadt und der Oberbürgermeister zeigen sich solidarisch, wie die Rems-Zeitung berichtet. Bosch ist der größte Arbeitgeber vor Ort – ein solcher Einschnitt trifft die gesamte Region.
Was folgt, ist ein bekanntes Szenario: Die Arbeitgeberseite legt ein Konzept zur Restrukturierung vor und fordert den Betriebsrat zu Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan auf. Doch diese Gespräche, die zunächst in der sog. „Informationsphase“ erfolgen, finden bereits in einem höchst angespannten Klima statt – begleitet von Protesten, Unsicherheit und wachsendem Misstrauen.
In der Praxis zeigt sich immer wieder: Wenn Konflikte auf dieser Eskalationsstufe auf diese Weise ausgetragen werden, droht in der Einigungsstelle eine weitere Verhärtung der „Fronten“. Arbeitgeber könnten nämlich versucht sein, das Verfahren zu beschleunigen – etwa durch ein frühes Scheiternlassen der Verhandlungen und damit der Forcierung des Einigungsstellenverfahrens. Doch die Folgen eines solchen „Hau-Ruck-Verfahrens“ sind schwer kalkulierbar: für den Betriebsfrieden, für das Vertrauen, für die Anschlussfähigkeit kommender Veränderungen.
Vor diesem Hintergrund lohnt es, über Alternativen zur klassischen Konfliktaustragung nachzudenken. Eine vorgeschaltete Mediation kann – als hybrides Verfahren – den nötigen Raum für Verständigung und Klärung eröffnen, bevor die Einigungsstelle unter hohem Entscheidungsdruck greift. Gerade in angespannten Umbruchphasen lässt sich so die Grundlage für tragfähige und anschlussfähige Lösungen schaffen. Unsere Erfahrung zeigt: Dort, wo Vertrauen bereits erschüttert ist, braucht es ein Verfahren, das nicht nur strukturell greift, sondern auch atmosphärisch tragfähig ist.
Ein vertiefender Blick in die Gestaltung solcher Verfahren findet sich im Beitrag „Mediation und Einigungsstelle hybrid gestalten“ in ZKM 3/2025 (ZKM0079100). Wir skizzieren darin Ansätze, die sich in konkreten Restrukturierungskontexten bewährt haben – und erläutern, wie Haltung und Struktur in arbeitsbezogenen Konflikten ineinandergreifen können. Wer die dort vorgestellten Konzepte praxisnah diskutieren möchte, ist herzlich eingeladen zum Webinar am 2. September 2025 (10–12 Uhr), das wir gemeinsam mit dem Verlag Dr. Otto Schmidt veranstalten: Mediation und Einigungsstelle hybrid gestalten | Wirtschaftskrise – Personalabbau – Mediation?