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Jul 14

Streit mit Jobcenter: Schlichtungsverfahren wird kaum genutzt

  • 14. Juli 2025
  • Ausgabe 4/2025

Seit der Bürgergeldreform im Juli 2023 gibt es ein neues Instrument zur Konfliktlösung zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten: das Schlichtungsverfahren (ausführlich ZKM Janda, ZKM 2024, 82 ff.). Es soll Auseinandersetzungen rund um den Kooperationsplan deeskalieren und Lösungen ermöglichen. Doch obwohl das Verfahren gesetzlich verankert ist, wird es bislang kaum genutzt. Eine erste Bilanz zeigt: Die Erwartungen an das Instrument sind groß, die Realität jedoch ernüchternd. Mit dem Bürgergeld wurde der frühere Zwangscharakter der Eingliederungsvereinbarung durch den Kooperationsplan ersetzt – ein freiwilliges, nicht rechtsverbindliches Dokument, das Vereinbarungen über Leistungen und Pflichten zwischen Jobcenter und Bürgergeldbeziehenden festhält. Kommt es bei der Erstellung dieses Plans zu Meinungsverschiedenheiten – etwa über zumutbare Eigenbemühungen –, kann ein Schlichtungsverfahren nach § 15a SGB II eingeleitet werden.

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist das Ziel, eine „kooperative Beratung auf Augenhöhe“ zu fördern. Der entscheidende Unterschied zur früheren Praxis: Die Eingliederungsvereinbarung enthielt stets eine Rechtsfolgenbelehrung, bei deren Missachtung Leistungskürzungen drohten. Der Kooperationsplan hingegen hat keine rechtliche Verbindlichkeit – und die Schlichtung bietet neue Spielräume zur Einigung, ohne sofort Sanktionen nach sich zu ziehen. Das Gesetz sieht keine einheitliche Umsetzung vor. Jedes Jobcenter organisiert das Verfahren selbst. Laut der Online-Jobcenter-Befragung OnJoB, durchgeführt im Frühjahr 2024, geben 70 Prozent der befragten Geschäftsführungen an, das Schlichtungsverfahren intern durchzuführen – meist mit eigenem Personal. Nur elf Prozent setzen auf externe Stellen, etwa Beratungsstellen oder andere Behörden. Diese könnten laut IAB Bedenken hinsichtlich der Unparteilichkeit entgegenwirken, so Sarah Bernhard, eine der Autorinnen des IAB-Forschungsberichts 17/2024.

Die Einführung des Schlichtungsverfahrens war ein klarer Schritt hin zu mehr Mitbestimmung und Fairness im Hartz-IV-Nachfolgesystem. Doch nach knapp zwei Jahren zeigt sich: Theorie und Praxis klaffen auseinander. Trotz rechtlicher Verankerung bleibt die Nutzung des Schlichtungsverfahrens bisher gering. Zwischen Juli 2023 und Januar 2025 wurden bundesweit lediglich rund 200 Fälle dokumentiert – und das in nur 87 von 300 Jobcentern mit gemeinsamer Trägerschaft. Das Verfahren scheint vielen Bürgergeld-Empfängern unbekannt zu sein oder wird als zu bürokratisch wahrgenommen. Viele Leistungsberechtigte wissen nicht einmal, dass es das Verfahren gebe, so die Kritik im IAB-Forschungsbericht 4/2025. Auch wenn Jobcenter verpflichtet sind, über die Schlichtung aufzuklären, ist fraglich, ob diese Informationen bei den Betroffenen ankommen – insbesondere bei Menschen mit geringem Regelwissen oder Sprachbarrieren. Ein weiteres Hindernis: Das Verfahren ist auf Konflikte beim Erstellen des Kooperationsplans beschränkt. Fragen zur Umsetzung oder zu Leistungen sind ausgeschlossen – was das Einsatzfeld erheblich einschränkt.

Quelle: www.come-on.de v. 2.6.2025

Bild: DesignRage /shutterstock.com

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Redaktion ZKM

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