Der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela brachte die Kriegsparteien in Burundi 2002 zu einem Friedensabkommen. Eine Schlüsselrolle hinter den Kulissen spielten dabei ein Schweizer und ein südafrikanischer Vermittler. Auch Schweizer NGOs arbeiten hinter den Kulissen für den Frieden. Friedensvermittlung ist ein diskreter Job. Vor allem NGOs sprechen selten darüber, was hinter den Kulissen passiert. Dabei sind sie ein wichtiger Teil der Schweizer Diplomatie und könnten noch eine Rolle bei der Befriedung der Ukraine spielen.
„Wenn man einen Konflikt hat, gibt es sofort eine Tendenz, die andere Seite zu entmenschlichen“, sagt Pierre Hazan, nach dem Titel seines im September 2022 veröffentlichten Buchs „Verhandeln mit dem Teufel“ gefragt. „Wir sprechen über Leute, die Kriegsverbrechen begangen haben. Die Frage ist, ob man das Ausmaß der regionalen und internationalen Unsicherheit begrenzen, die Situation stabilisieren und zu einer Lösung beitragen kann? Wenn ja, dann muss man verhandeln, und das tut man nicht mit den Guten.“
Diese Leute hätten ihre eigenen Interessen und meinten es vielleicht nicht ernst mit dem Frieden. „Möglicherweise wollen sie dich manipulieren“, sagt Hazan. Der leitende Berater des Genfer Zentrums für humanitären Dialog (HD Center) spricht aus langjähriger Erfahrung. Moralische Dilemmas gehören zum Tagesgeschäft in der Friedensvermittlung. Hilft man beispielsweise in Syrien bei der sicheren Evakuierung von Zivilisten, um sie vor Schaden zu bewahren, trägt man unter Umständen zu den ethnischen Säuberungszielen der Kriegsparteien bei. Und wenn das Angebot lautet, ein Drittel der Gefangenen auszuwählen, die aus einem schrecklichen Lager der kroatischen Miliz in Bosnien entlassen werden sollen – wie entscheidet man sich dann?
Hazan gehörte zu einem Team von humanitären Helfern, die 1993 in der Nähe von Mostar genau das tun mussten. Er beschreibt die entsetzlichen Bedingungen, den Gewichtsverlust der Gefangenen und das Wissen, dass die Zurückgebliebenen sterben könnten, sowie den Zynismus des Lagerleiters, der nur diejenigen freilassen wollte, die „keinen Wert“ hatten, sprich keine Verwandten in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, die ein Lösegeld bezahlen könnten. Es kam zu keiner Einigung, doch der Offizier verweigerte plötzlich jede Freilassung. Die Busse, welche die freigelassenen Häftlinge abholen sollten, blieben leer.
Das sei ein moralischer Wendepunkt für ihn gewesen. „In diesen Tagen“, schreibt Hazan in seinem Buch, „wurde mir bewusst, wie schwer diese ethische Verantwortung sein kann, die darauf abzielt, die Mittel dem Ziel anzupassen, mit all den potenziell fatalen Folgen, die sich daraus ergeben können.“
Quelle: www.swissinfo.ch v. 13.12.2022
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