Einladung zur Kaffeerunde VA

Jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat von 14:00 bis 15:00 Uhr,

moderiert und organisiert von RA Jörn Hauß:

„Kaffeerunde Versorgungsausgleich“

Wir erörtern in einer Online-Schaltung alltägliche und manchmal auch spezielle

Fragen des Versorgungsausgleichs. Kostenlos und locker.

Sie können sich gern dazuschalten:

https://joernhauss.my.webex.com/joernhauss.my/j.php?MTID=mee57fd0f7cf4758d6332a0d6d9ed09c4

und ebenfalls neu: www.kaffeerundeva.de

 

Sie können sich auch über ein Telefon einwählen.
(Bei Geräten, die diese Funktion unterstützen, ist die sofortige Teilnahme über eine der unten aufgeführten Direktwahlnummern möglich.)

 

Meeting-Kennnummer: 2743 600 0889

Passwort: ghMqdMj3w24 (44673653 beim Einwählen von einem Telefon oder Videosystem)

Wenn Sie in den Email-Verteiler zur „Kaffeerunde“ aufgenommen werden möchten, ganz einfach Mail an hauss@anwaelte-DU.de.

Familienrecht im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 21. Legislaturperiode

Der Koalitionsvertrag, veröffentlicht am 9.4.2025, enthält keine umfassenden inhaltlichen Ausführungen zu Reformvorhaben im Familienrecht (Reformvorhaben in der Diskussion: FamRB 2024, 425). Es wird konstatiert, dass sich die Koalition bei familienrechtlichen Reformen vom Kindeswohl leiten lassen wolle (Rz. 2903 ff.). Konkrete Aspekte finden sich nur punktuell:

Unterhaltsrecht

Bei Änderungen im Unterhaltsrecht soll sichergestellt werden, dass diese nicht zulasten der Kinder oder hauptlasttragenden Eltern gehen. Eine stärkere Verzahnung des Unterhaltsrechts mit dem Steuer- und Sozialrecht ist vorgesehen (Rz. 2906 ff.).

Im Bereich des UVG ist beabsichtigt, säumige Unterhaltsschuldner durch härtere Strafen zu sanktionieren. Ferner wird eine unterjährige Auskunftspflicht eingeführt und die Pfändungsfreigrenzen für Unterhaltsschuldner auf den Prüfstand gestellt. Kindergeld soll zur Entlastung Alleinerziehender nur hälftig auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden (Rz. 3172 ff.)

Kindschaftsrecht

Häusliche Gewalt wird ausdrücklich als Kindeswohlgefährdung eingestuft und muss zulasten des Gewalttäters maßgeblich berücksichtigt werden (Rz. 2905 f.). Missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen sollen wirksam unterbunden werden (Rz. 2910 f.).

Abstammungsrecht

Zum Abstammungsrecht finden sich keine Ausführungen.

Namensrecht

Das reformierte Namensrecht, das am 1.5.2025 in Kraft tritt, steht erneut zur Überarbeitung an (Rz. 2912 f.). Dabei wird insbesondere eine verbesserte Nachvollziehbarkeit von Namensänderungen angestrebt (Rz. 3323).

Selbstbestimmungsgesetz

Das kürzlich in Kraft getretene SelbstbestimmungsG wird bis zum 31.7.2026 evaluiert. Dabei wird ein Fokus auf die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, die Fristsetzungen zum Wechsel des Geschlechtseintrags sowie den wirksamen Schutz von Frauen gelegt werden (Rz. 3319 ff.).

Gewaltschutz

Die Umsetzung des Gewalthilfegesetzes soll entsprechend der Istanbul-Konvention und der EU-Gewaltschutzrichtlinie eng begleitet und Präventions-, Aufklärungs- und Täterarbeit verstärkt werden (Rz. 3268 ff.).

Geplant ist eine Ausweitung des Strafrahmens des Gewaltschutzgesetzes, die gerichtliche Anordnung der elektronischen Fußfessel nach spanischem Modell sowie verpflichtende Anti-Gewalt-Trainings für Täter (Rz. 2922 ff.). Geflüchtete Frauen sollen besser vor Gewalt geschützt werden, z.B. durch Erleichterungen bei Residenzpflicht und Wohnsitzauflage (Rz. 3066 ff.).

Der strafrechtliche Schutz von Frauen, Kindern, alten Menschen und Menschen mit Behinderungen wird durch Einführung eines neuen Qualifikationsmerkmals (bzw. Mordmerkmals) beim Tatbestand von Mord, gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub verbessert. Der Tatbestand der Nachstellung wird verschärft und die Verwendung von GPS-Trackern mit aufgenommen werden (Rz. 2917 ff.).

Binationale Familien

Eine Reform des Staatsbürgerschaftsrecht ist vorgesehen (Rz. 3069).

Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten wird, ausgenommen von Härtefällen, befristet für 2 Jahre ausgesetzt. Anschließend folgt die Überprüfung, ob eine weitere Aussetzung der zuletzt gültigen Kontingentlösung im Rahmen der Migrationslage notwendig und möglich ist (Rz. 2975 ff.).

Integration soll für Bleibeberechtigte gefördert werden. Ein an zahlreiche Voraussetzungen geknüpftes und befristetes neues Bleiberecht für Geduldete wird geschaffen (Rz. 3072 ff.). Neben einer zielgerichteteren Migrationsberatung für Erwachsene (Rz. 3051 ff.) sollen künftig in einer verpflichtenden Integrationsvereinbarung Rechte und Pflichten definiert werden und bei Erwerbslosigkeit konkrete Schritte zur Arbeitsmarktintegration enthalten sein, die sich an den Instrumenten des SGB II orientieren (Rz. 3061 ff.).

Eine gesetzliche Regelung jenseits der Aufnahme von Schutzbedürftigen, z.B. zur Arbeitsmigration, wird nicht thematisiert.

Familienverfahrensrecht

Die kürzlich reformierte Betreuervergütung wird erneut zeitnah evaluiert. Eine Reform der Vergütungsstruktur ist geplant (Rz. 2806 ff.).

Sozialrecht

Es ist beabsichtigt, eine Kommission zur Sozialstaatsreform mit dem Auftrag zur Modernisierung und Entbürokratisierung einzusetzen, die im 4. Quartal 2025 erste Ergebnisse präsentieren soll.

Die sozialrechtlichen Rechtsgebiete Wohngeld, BAföG, Unterhaltsvorschuss sowie Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII werden der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit zugeordnet  (Rz. 473 ff.).

Sozialleistungen sollen zusammengefasst und besser aufeinander abgestimmt werden, z.B. durch die Zusammenführung von Wohngeld und Kinderzuschlag (Rz. 443 ff.).

Zur Bekämpfung von Kinderarmut und zur Entlastung von Alleinerziehenden wird u.A. der Teilhabebetrag des Bildungs- und Teilhabepakets von 15 € auf 20 € erhöht. Zudem wird die Einführung einer sog. „Kinderkarte“ geprüft (Rz. 463 ff.). Der Kinderzuschlag wird weiterentwickelt und vereinfacht werden (Rz. 3160 ff.). Armutsgefährdeten Kindern soll durch einen besseren Zugang zu besonderen schulischen Angeboten und Freizeitangeboten eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden (Rz. 3164 ff.). Außerdem ist beabsichtigt, ein übergreifendes digitales Portal für Familienleistungen zu errichten (Rz. 3167 ff.).

Steuerrecht

Durch eine neue gesetzliche Regelung soll sichergestellt werden, dass bei einer Erhöhung des Kinderfreibetrags auch eine adäquate Anhebung des Kindergelds erfolgt (Rz. 1443 ff.).

Der Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag wird erhöht oder weiterentwickelt, um die finanzielle Situation von Alleinerziehenden zu verbessern (Rz. 1446 f.)

Mutterschutz für Selbstständige

Analog zu den Mutterschutzfristen für Beschäftigte wird der Mutterschutz für Selbstständige eingeführt und durch eine Aufklärungskampagne begleitet (Rz. 3247 ff.).

Schwangerschaftsabbrüche

Eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ist nicht vorgesehen. Jedoch soll der Zugang zu medizinisch sicherer und wohnortnaher Versorgung ermöglicht, die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung erweitert und die medizinische Weiterbildung gestärkt werden (Rz. 3253 ff.)

Weitere Themen aus der Familienpolitik (Rz. 3105 ff.)

Unter Anderem: Elterngeld (Rz. 3137), Kita (Rz. 3110 ff.), Kinder- und Jugendschutz (Rz. 3179 ff.) Gleichstellungsstrategie (Rz. 3219 ff.),  Pflege von Angehörigen (Rz. 3292 ff.).

Bundesministerium

Die Leitung des Ministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird durch die CDU gestellt (Rz. 4557, Rz. 4561).

 

Den Koalitionsvertrag für die 21. Legislaturperiode, „Verantwortung für Deutschland“, zwischen CDU, CSU und SPD finden Sie hier: Koalitionsvertrag

Augen auf für plausiblere Gutachten in Kindschaftssachen

Geht es um die Zukunft eines Kindes, treten regelmäßig Fragestellung auf, die das Familiengericht nicht allein beurteilen kann und daher ein Gutachten eines Sachverständigen anfordert. Wer soll es schreiben und nach welchen Maßstäben?

Selbst für ausgesprochen berufserfahrenen Familienrechtspezialisten – und übrigens auch für Familienrichter – liegt es nicht unbedingt auf der Hand, welche Berufsqualifikation ein Sachverständiger mitbringen sollte, damit das Gutachten die Fragen des Gerichts sinnvoll beantworten kann. Hinzu kommt die Schwierigkeit, überhaupt jemanden zu finden, der den Auftrag verhältnismäßig zeitnah bearbeiten kann.  So kommt es vor, dass neben Psychologen auch Psychiater, Sozialpädagogen oder Vertreter sonstiger Berufsgruppen beauftragt werden, deren Fachkompetenzen mehr oder eben auch weniger gut zum Auftrag passen. Zwar ist der § 163 Abs. 1 FamFG „nur“ eine Soll-Regelung, doch gibt es von fachlicher Seite aus betrachtet durchaus eine klare Marschrichtung, welche Qualifikation zu welcher Problemstellung passt. Die gängigsten Konstellationen erfordern typischerweise den Einsatz eines Psychologen. Weicht eine Familienrichterin davon ab, müssen gute Gründe dafür erkennbar sein. Diese Gründe sollten in einer individuell erworbenen diagnostischen Zusatzqualifikation der zu beauftragenden Person liegen.

Die angemessenen Berufsqualifikation allein ist noch kein Garant für ein informatives Gutachten. Die Sachverständige muss ihr methodisches Vorgehen vielmehr auch nach wissenschaftlichen Prinzipien ausrichten. Maßstab hierfür sind zum einen die durch die Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen regelmäßig überarbeiteten Qualitätsstandards für psychologische Gutachten im Allgemeinen (https://ottosc.hm/zWfaG) und sowie zum anderen die Mindestanforderungen an die Qualität von Sachverständigengutachten im Kindschaftsrecht als Spezialfall aus der Feder der Arbeitsgruppe Familienrechtliche Gutachten (https://ottosc.hm/rtgUo).

In der Juristenausbildung bedeutet Methodik das Erlernen der Auslegungskanones, die Betrachtung des gesetzgeberischen Willens und die Auswertung aktueller Rechtsprechung zu einem Rechtsproblem. In der Psychologie dagegen umfasst Methodik die Prinzipien des Versuchsaufbau, statistische Auswertung, Diagnostik und Testtheorie. Für einen Psychologieabsolventen schließen sich die Qualitätsstandards für psychologische Gutachten und die Mindestanforderungen in Kindschaftssachen nahtlos an das universitäre Methodikcurriculum an; für juristische Berufsträger ist aufgrund der anders gepolten akademischen Ausbildung allein aus der Lektüre heraus womöglich weniger einleuchtend, was daraus für eine sachgerechte Diagnostik folgt und was demnach in einem fachlich angemessenen Gutachten vorzufinden sein sollte.  Es ist daher eher die Regel als die Ausnahme, dass Juristen und Psychologen aneinander vorbeireden, wenn es darum geht, den wissenschaftlichen Erkenntnisprozess in einem Einzelfall zu beschreiben.

Doch auch Juristen können und sollen ein psychologisches Sachverständigengutachten mindestens auf seine Plausibilität hin überprüfen können, damit letztendlich eine Entscheidung zugunsten des Kindeswohls ergehen kann, die auf einer soliden Datengrundlage beruht.

 

Hinweis der Redaktion: Was die wesentlichen Grundlagen sachgerechter Diagnostik ausmachen, erfahren Sie im Fortbildungsbeitrag Mohnert, Gutachtenqualität in Kindschaftssachen – Wissenschaftliche Standards (FamRB 2025, 113).  Der Beitrag ist zum Selbststudium nach § 15 FAO geeignet und auch im kostenlosen Datenbanktest zu lesen und zu lösen.

15 Jahre BGH-Rechtsprechung zum VersAusglG

Durch die Strukturreform des Versorgungsausgleichs im Jahr 2009 erfolgte die Umstellung des früheren Gesamtausgleichs hin zum Einzelausgleich der erworbenen Anrechte.

Der BGH hat seitdem in mehr als 200 Fällen Recht gesprochen, darunter auch große Leitentscheidungen getroffen, wie etwa

  • zum Ausgleich sicherungshalber abgetretener Anrechte
  • zum sog. „Werteverzehr“ bei laufender Versorgung oder
  • zum Ausgleich von Grundrenten-Entgeltpunkten

Andere Entscheidungen klären Details der verästelten Rechtsmaterie.

RiBGH Dr. Claudio Nedden-Boeger hat eine systematische Zusammenstellung und Sortierung dieser BGH-Entscheidungen erstellt. Sein Online-Beitrag bietet sowohl einen umfassenden Überblick als auch eine durchsuchbare Sammlung. Alle Entscheidungen sind mit den Volltexten in der FamRZ und den dazugehörigen Entscheidungsbesprechungen im FamRB verlinkt.

Die praktische Arbeitshilfe

Nedden-Boeger, Fünfzehn Jahre Versorgungsausgleichsgesetz in der Rechtsprechung des BGH – Eine systematische Übersicht, FamRB 2025, S3

finden Sie

sowohl in Ihrem Beratermodul Familienrecht bei Otto Schmidt online: https://ottosc.hm/ZH6fW

als auch bei juris: https://ottosc.hm/NTBpx

Wie vermeidet man Kardinalfehler bei einem Antrag auf Teilungsversteigerung des Familienheims?

Teilungsversteigerungsverfahren sind ähnlich „beliebt“ wie der Versorgungsausgleich. Mit gutem Grund. Zum einen werden diese Verfahren nach den gesetzlichen Gebühren „grotesk schäbig“ vergütet (so Bothe, Teilungsversteigerung, 2. Aufl., § 1 Rz. 21). Zum anderen ähneln sie einem juristischen Labyrinth. Ist einmal der falsche Weg gewählt, gibt es kein Zurück. Die Haftung ist vorprogrammiert.

Einige Beispiele:

  • Bereits bei der bloßen Androhung eines solchen Verfahrens ist Vorsicht geboten. Sofern es um das Vermögen im Ganzen geht, gilt § 1365 BGB schon mit der Androhung. Die Folge kann ein vorzeitiger Zugewinnausgleich gem. § 1385 Ziff. 2 BGB sein.
  • Vielfach werden Verfahren eingeleitet, die erkennbar zu keinem Erfolg führen können. Das setzt allerdings die Kenntnis über das geringste Gebot und die Bedeutung des Betreibers eines Verfahrens voraus. Das geringste Gebot hat mit dem Verkehrswert rein gar nichts zu tun. Es kann bezüglich eines Objektes gänzlich unterschiedlich sein, je nachdem, wer Betreiber ist. Die Konsequenz ist: Betreibt ein Miteigentümer aus dem schlechteren Rang, ist unter Umständen ein Verfahren gänzlich sinnfrei, sofern – absehbar – niemand bietet. Der Antragsteller hat dann die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  • Die Erwartungshaltung von Mandanten über die Tragweite eines solchen Verfahrens ist regelmäßig unrealistisch. Es gibt kein Ankaufs-, kein Vorkaufs- und keine Zurückbehaltungsrechte wegen der Ansprüche aus der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Hoffnung, der Erlös werde „natürlich“ vom Rechtspfleger im Verhältnis der Anteile aufgeteilt, ist trügerisch. Sie kann dazu führen, dass der Ersteigerer mit seinen Gegenrechten jedenfalls in diesem Verfahren ausfällt.
  • Die Tragweite der Spekulationssteuer wird verkannt. Gerade bei einem Immobilienbooms droht sie immer latent. Außerdem wird nicht erkannt, dass in Zeiten geänderter Zinsen Banken einen Teilungsversteigerungsantrag als willkommenen Anlass nehmen könnten, diesen als Vollstreckungsmaßnahme anzusehen. Die Folge ist eine Kreditkündigung, was das worst-case-Szenario eines solchen Antrages wäre.
  • Der Antrag wird vor Rechtskraft einer Scheidung ohne Beachtung der differenzierenden Rechtsprechung des BGH zu diesem Problemkreis (BGH v. 16.11.2022 – XII ZB 100/22, FamRZ 2023, 352 m. Anm. Giers) eingereicht. Auch hier kann die Folge sein: Ein Drittwiderspruchsantrag gem. § 771 ZPO oder ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich.

Falls das Verfahren tatsächlich eingeleitet wurde, sollte ein aktueller Warnhinweis beachtet werden. Hat das Scheidungsverfahren den Charakter eines Rosenkrieges angenommen, meinen die Beteiligten, dass mit der erloschenen Liebe und dem beginnenden Krieg jedes Mittel erlaubt sei. Sie irren. Nach der Entscheidung des BGH v. 18.7.2024 – V ZB 43/23, MDR 2024, 1427 (Schörnig) gilt der Grundsatz des „fairen Verfahrens“. Störmanöver, mit denen versucht wird, Verfahren zu manipulieren, sind verboten. Hierzu gehören unter anderem die Vorlage von fingierten Mietverträgen oder die Selbstmordandrohung bei einem erfolgreichen Zuschlag an Dritte. Wenn der Rechtspfleger Manipulationsvorwürfe feststellt, muss – nicht kann! – er nach dieser Entscheidung den Zuschlag versagen. Es liegt dann ein Verstoß gegen Treu und Glauben und den Grundsatz des „fairen Verfahrens“ vor. Neben einer Zuschlagsversagung droht aber auch ein Schadensersatzanspruch. Dies gilt sowohl für den Miteigentümer wie für den Rechtsvertreter, der diese Manipulationen unterstützt oder sogar aktiv fördert.

Hinweis der Redaktion: Ausführlich zum Thema Kogel, 7 taktische Todsünden bei der Einleitung eines Verfahrens auf Teilungsversteigerung – Teil 1, FAMRB0073840 und Teil 2, FAMRB0073841 – frei abrufbar im Rahmen eines kostenlosen Datenbanktests. Vertiefend: Kogel, Strategien bei der Teilungsversteigerung des Familienheims, FamRZ-Buch 35, 7. Aufl. 2025 (erscheint im Februar) – online im Aktionsmodul Familienrecht.

Düsseldorfer Tabelle 2025 und weitere Unterhaltsleitlinien

Am 29.11.2024 veröffentlichte das OLG Düsseldorf die neue Düsseldorfer Tabelle 2025. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) vom 23.12.2024 wurde das Kindergeld zum 1.1.2025 auf 255 Euro erhöht. Infolgedessen wurde eine aktualisierte Fassung der Tabelle veröffentlicht. Im Vergleich zur Fassung vom 29.11.2024 wurden der Anhang „Tabelle Zahlbeträge“ sowie das Berechnungsbeispiel zu Anmerkung C (Mangelfälle) geändert.

Inhaltlich sind diesmal nur geringfügige Änderungen vorgenommen worden. So sind neben marginalen Änderungen beim Kindesunterhalt die Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle an einigen Stellen redaktionell überarbeitet worden. Der Studierendenbedarf wurde von 930 € auf 990 € (Wohnanteil 440 €) erhöht. Die Vorgaben zur Bemessung der berufsbedingten Aufwendungen, zur Berücksichtigung von Schulden sowie zur Anrechnung von Anrechnung von Ausbildungsvergütungen sind entfallen, da die Gerichte dies in ihren jeweiligen Unterhaltsleitlinien eigenständig regeln.

Für Abonnenten des FamRB:

VorsRiOLG a.D. Heinrich Schürmann erläutert – wie jedes Jahr – in Ausgabe 1/2025 des FamRB die Beweggründe für die Neufassung der Düsseldorfer Tabelle und zeigt umfassend und dezidiert ihre Auswirkungen für die Beratungspraxis auf.

Bestandteil Ihres Beratermoduls Familienrecht ist das Programm Familienrechtliche Berechnungen. Autor ist Familienrichter RiAG Niels Bauer. Das Programm umfasst einen Unterhaltsrechner, einen Zugewinnausgleichsrechner und einen Versorgungsausgleichsrechner. Die Düsseldorfer Tabelle sowie auch die weiteren aktuellen Unterhaltsleitlinien aller OLG fließen dort zeitnah nach Bekanntgabe ein. So werden Sie in die Lage versetzt, auch komplizierte Praxisfälle automatisiert zu lösen. Einfach hier einloggen.

Düsseldorfer Tabelle

Beiträge zur Düsseldorfer Tabelle in FamRB 1/2025 

Weitere Unterhaltsleitlinien

Bitte beachten Sie: noch nicht alle Unterhaltsleitlinien haben den erhöhten Kindergeldbeitrag berücksichtigt.

Stand: 18.2.2025

Immobilienbewertung in der Zugewinnausgleichsberechnung – Verkehrswert = Marktwert?

Angesichts der enormen Steigerung der auf dem Markt erzielten Kaufpreise für Immobilien stellt sich die Frage, ob die nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bewertung von Renditeobjekten im Rahmen der Ermittlung von Zugewinnausgleichsansprüchen geeignete Ertragswertmethode noch zu zutreffenden Ergebnissen führt.

Unstreitig in Rechtsprechung und juristischer Literatur ist, dass der maßgebliche Wert für die Zugewinnausgleichsberechnung regelmäßig der Verkehrswert der Immobilie am Stichtag ist, wobei damit der am Markt für diese Immobilie an diesem Tag erzielbare Kaufpreis gemeint ist (siehe nur BeckOK/BGB, Stand 1.11.2023, § 1376 Rz. 4, m.w.N.). Die ImmoWertV verwendet die Begriffe Verkehrswert und Marktwert gar synonym.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Ertragswertmethode zur Wertermittlung des Verkehrswertes (= Marktwertes) von vermieteten Grundstücken geeignet (siehe nur BGH v. 13.7.1970 – VII ZR 189/68, juris Rz. 24 ff.; vgl. auch BGH v. 17.11.2010 – XII ZR 170/09, juris Rz. 45 ff.). Es mag auch einstmals richtig gewesen sein, dass der am wahrscheinlichsten zu erzielende Kaufpreis für eine Immobilie durch das Ertragswertverfahren regelmäßig realistisch abgebildet werden konnte, zumal das Hauptinteresse eines potenziellen Käufers in der Regel auf die zu erzielenden Erträge gerichtet war (so auch Budzikiewicz in Erman, 17. Aufl., § 1376 BGB Rz. 9 m.w.N.), diese Zeiten sind allerdings vorbei.

Personen mit ein wenig Erfahrung am Immobilienmarkt, die nicht juristisch vorgebildet sind, differenzieren zwischenzeitlich flächendeckend deutlich zwischen dem „Verkehrswert“ und dem „Marktwert“ einer Immobilie. Mit ersterem Begriff ist dabei der Wert gemeint, den ein Sachverständiger mithilfe der Ertragswertmethode ermittelt, mit letzterem Begriff der Wert, der tatsächlich (wahrscheinlich) am Markt erzielt werden kann. Der „Marktwert“ in diesem Sinne lag in den letzten 10 Jahren erfahrungsgemäß häufig äußerst deutlich über dem „Verkehrswert“ in diesem Sinne. Selbst eine Immobiliensachverständige, die im Rahmen eines Zugewinnausgleichsverfahren vor dem Amtsgericht Köln im Jahr 2023 zu ihrem Gutachten bzgl. einer Mietimmobilie befragt wurde, welches sie nach der Ertragswertmethode erstellt hatte, differenzierte deutlich zwischen Markt – und Verkehrswert:

„Dieser (der Kaufpreis) kann sich aber auch aus der angespannten Käufer- und Marksituation zu dieser Zeit ergeben. Es kann sein, dass hierdurch Immobilien deutlich über Verkehrswert veräußert werden.“

Und weiter:

„Wenn ich gefragt werde, ob die von mir beschriebene Sondersituation am Käufermarkt von mir berücksichtigt wurde bei der Bewertung der Immobilien, kann ich sagen, dass sich die Begutachtung immer an der Wirtschaftlichkeit orientieren muss. Dass es eine Kaufpreisentwicklung gegeben hat, ist unstreitig; insoweit ist der Antragstellerin Recht zu geben. Allerdings kann es auch gut sein, dass in einer angespannten Marktlage ein unwirtschaftlicher Preis gezahlt wird.“

Nun ist es nach der diesbezüglich eindeutigen Rechtsprechung und Literatur gerade nicht richtig, dass sich eine Begutachtung an der Wirtschaftlichkeit einer Immobilie zu orientieren hat, sondern ausschließlich daran, welcher Preis am Stichtag am wahrscheinlichsten am Markt hätte erzielt werden können – ob wirtschaftlich oder nicht. Dennoch halten die Sachverständigen – wohl aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Geeignetheit dieser Methode – sklavisch an der Ertragswertmethode fest. Die Gerichte folgen häufig (nach meiner Erfahrung sogar immer) den Schätzungen der Sachverständigen, ohne die Geeignetheit der gewählten Methode in Frage zu stellen.

Der Erbrechtssenat des Bundesgerichtshofs räumt immerhin einem in zeitlichen Zusammenhang mit dem Stichtag (etwa fünf Jahre) erzielten Kaufpreis Vorrang gegenüber der Schätzung eines Sachverständigen im Rahmen der Immobilienbewertungen für die Pflichtteilsberechnung ein. Der Erbrechtssenat führt hierzu aus, es sei nicht zu rechtfertigen, die im Rahmen einer Bewertung relativ gesicherte Ebene tatsächlich erzielter Verkaufserlöse bei einer zeitnahen Veräußerung zugunsten bloßer Schätzungen zu verlassen (siehe nur BGH v. 25.11.2010 – IV ZR 124/09, FamRZ 2011, 214 = ZEV 2011, 29 = ZErb 2011, 83 = NJW 2011, 1004; BGH v. 14.10.1992 – IV ZR 211/91, NJW-RR 1993, 131; BGH v. 13.3.1991 – IV ZR 52/90, WM 1991, 1553, 1554 = NJW-RR 1991, 900). Der Familiensenat hat sich dieser Sichtweise bisher leider nicht angeschlossen, sich aber – soweit ersichtlich – auch noch nicht explizit gegenteilig geäußert.

Es bleibt zu hoffen, dass sich eines Tages auch für den Familiensenat die Gelegenheit ergeben wird, sich ausdrücklich zu der Frage zu positionieren, ob er die Ertragswertmethode angesichts der Entwicklung auf dem Immobilienmarkt nach wie vor für geeignet hält.

Kein Ordnungsmittel ohne ausdrückliches Handlungsgebot (BGH v. 21.2.2024 – XII ZB 401/23)

In Rechtsprechung und Literatur wurde bislang die Frage, ob Ordnungsmittel auch dann gegen einen Umgangsberechtigten angeordnet werden können, wenn seine Umgangszeiten zwar positiv gerichtlich geregelt sind,  er allerdings auch außerhalb dieser geregelten Zeiten Kontakt zu dem Kind aufnimmt.

Vertreten wurde hierzu etwa die Auffassung, dass die positive Umgangsregelung gleichzeitig als Verbot zu verstehen sein soll, sich außerhalb dieser Zeiten jeglichen Kontakts zu enthalten (z.B. KG v. 13.2.2015 – 13 WF 203/14, FamRZ 2015, 940 = FamRB 2015, 130 [Clausius]). Eine weitere Meinung knüpfte primär an Art und Umfang des hergestellten Kontakts an, so dass Kontakte von lediglich kurzer Dauer nur von untergeordneter Bedeutung seien, die kein Ordnungsmittel rechtfertigten (OLG Frankfurt v. 31.10.2016 – 2 WF 302/16, FamRZ 2017, 744).

In einer Grundsatzentscheidung vom 21.2.2024 hat der BGH (XII ZB 401/23, FamRB 2024, 231 [Clausius]) diese Frage nun abschließend geklärt und sich der weitergehend vertretenen Auffassung angeschlossen, dass eine Umgangsregelung, die eine bestimmte Umgangszeit positiv zuweist, nicht gleichzeitig ein hinreichend bestimmtes und damit ordnungsmittelfähiges Kontaktverbot für die übrige Zeit darstellt.

Seine Entscheidung hat der BGH mit dem Hinweis begründet, dass eine vollstreckungsfähige Umgangsregelung eine nach Art, Ort und Zeit erschöpfende, hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts sowie nach § 89 Abs. 2 FamFG einen hierauf bezogenen Hinweis auf die möglichen Folgen der Zuwiderhandlung erfordert.

Der Begriff des Umgangs ist nach Darlegung des BGH umfassend zu verstehen, d.h. das Gesetz differenziert in § 1684 BGB nicht zwischen verschiedenen Umgangsformen, so dass auch nur flüchtige, fernmündliche, schriftliche oder nonverbale Kontakt erfasst werden. Legt eine Regelung daher Umgangszeiten ohne nähere qualitative Eingrenzung fest, so ist diese nicht hinreichend bestimmt, um dem berechtigten Elternteil in der für die Vollstreckung gebotenen Deutlichkeit vor Augen zu führen, welches Verhalten von ihm außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten erwartet wird. Eine solche Regelung kann nicht ohne weiteres als ein an den Berechtigten gerichtetes Verbot verstanden werden, sich jeglicher Kontaktaufnahme, sei es in Form von Briefen, Telefonaten oder auch eines nur nonverbalen Kontakts bei zufälligen Begegnungen außerhalb der Umgangszeiten zu enthalten.

Will ein Elternteil Kontakte außerhalb der geregelten Zeiten ausschließen, so wird er nach der Entscheidung des BGH auf die Möglichkeit verwiesen, eine konkrete Verhaltensgebote oder -verbote enthaltende Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 BGB, einen spezifischen Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 BGGB oder ein Kontaktverbot nach § 1666 Abs. 3 Nr. 4 BGB zu erwirken. Dabei muss sich das Unterlassungsgebot, sich außerhalb der zum Umgang zugewiesenen Zeiten der Kontaktaufnahme zu enthalten, stets ausdrücklich und eindeutig aus der Umgangsregelung ergeben und von dem nach § 89 Abs. 2 FamFG zu erteilenden Hinweis umfasst sein, um Grundlage zur Anordnung eines Ordnungsmittels zu sein.

Die Entscheidung des BGH und die sich hieraus für die Praxis ergebende Klarstellung ist ausdrücklich zu begrüßen. Stehen Umgangsregelungen nunmehr in einem gerichtlichen Verfahren zur Entscheidung und möchte ein Elternteil sicherstellen, dass außerhalb der positiv zugewiesenen Zeiten gerade keine weiteren Kontakte stattfinden, so wird er sich in seiner Antragserwiderung aber nun nicht nur zu den konkret seitens des anderen Elternteils gewünschten Umgangszeiten erklären müssen, sondern konkret auch zu den Gründen, die einem Kontakt außerhalb dieser Zeiten entgegenstehen und hier unter besonderer Beachtung, der jeweiligen gesetzlichen Eingriffsschwellen, d.h. dass im Fall des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB die Einschränkung zum Wohl des Kindes erforderlich ist bzw. andernfalls das Kindeswohl gefährdet wäre (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB).

Kaffeerunden-Splitter – Versorgungs- und Teilungsordnung sind wichtig

Am 1. und 3. Mittwoch im Monat findet seit zwei Jahren in der Zeit von 14:00 bis 15:00 Uhr die „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“, eine virtuelle Diskussion zwischen Anwalt- und Richterschaft, Versicherungsmathematiker:innen, Rentenberater:innen und Versorgungsausgleichsspezialist:innen einiger Versicherungskonzerne statt. Die Veranstaltung wird von FAFamR Jörn Hauß und VorsRiOLG a.D. Werner Schwamb moderiert. Die Teilnahme steht jeder interessierten Person frei und ist kostenlos. Jede:r kann sich mit Fragen und Anregungen an die Kaffeerunde wenden und in den Verteiler aufgenommen werden. Wie in jeder Kaffeerunde können Fragen zum Versorgungsausgleich auch während der Runde gestellt werden, sinnvoller ist es jedoch, sie zuvor an Jörn Hauß per Mail zu richten: Hauss@Anwaelte-DU.de.

Der FamRB wird praktisch wichtige „Ergebnisse“ der Diskussion aus der Kaffeerunde von Zeit zu Zeit auch in seinem Blog vorstellen.

Der Versorgungsausgleich ist zumeist der werthaltigste Teil einer Scheidung. Allerdings ist er oft auch der Fernliegendste. Unterhalt und Zugewinnausgleichszahlungen belasten dagegen sofort. Deshalb ist es menschlich verständlich, dass sich die scheidungsbereiten Ehegatten und die Anwaltschaft mit dem „Kleingeduckten“ der auszugleichenden Versorgungen, den Versorgungs- und Teilungsordnungen nicht oder nur ungern beschäftigen.

Vorbildlich also, dass eine Kollegin bei einer zugunsten ihrer Mandantin zu teilenden Versorgung rügte, dass nach der Teilungsordnung die Versorgung aus dem Ausgleichswert zum Rechtskraftzeitpunkt zu den „aktuellen Versicherungsbedingungen“ begründet werden sollte. Ebenso aufmerksam, dass sie die Teilhabe ihrer Mandantin an der Wertenwicklung des ehezeitlich erworbenen Fondsvermögens zwischen Ehezeitende und Rechtskraft geltend machte. Der Ausgleich dieser Versorgung war Gegenstand der Entscheidung des OLG Frankfurt v. 21.11.2023 (OLG Frankfurt v. 21.11.2023 – 6 UF 222/22, FamRB 2024, 143 [Breuers]) und diese nun wiederum der „Kaffeerunde Versorgungsausgleich“ am 21.2.2024 .

Der ernüchternde Ausgang des Verfahrens war bei genauem Hinsehen dem Typ der auszugleichenden Versorgung geschuldet: Der Versicherungsnehmer konnte aus eine ellenlangen Liste von Fonds beim Versorgungsträger ein Versorgungsvermögen ansammeln, beliebige Entnahmen und Neuanlagen während der Laufzeit tätigen, seine gewählten Fonds austauschen und Anteile daran beliebig verändern. Es handelt sich also um ein Eigenmanagement eines reinen Fonds-Vorsorgevermögens. Der Versorgungsträger eröffnete der versicherten Person die Möglichkeit, aus dem so angesammelten Versorgungsvermögen zum selbst gewählten Renteneintritt eine Kapitalauszahlung oder zu den dann maßgeblichen Berechnungsparametern eine lebenslange Rentenauszahlung zu wählen. Das ehezeitlich aufgebaute Vorsorgevermögen wurde aus der Differenz von eheanfänglich und eheendzeitlich vorhandenem Vorsorgevermögen und daraus die Ausgleichswert-Quote gebildet. Mit dieser wurde nach der Teilungsordnung das bei Rechtskraft vorhandene Versorgungsvermögen multipliziert und so der „aktualisierte“ Ausgleichswert der ausgleichsberechtigten Person gutgeschrieben, die sich ihr Vorsorgevermögen aus einer Liste von rd. 80 angebotenen Fonds selbst zusammenstellen konnte.

Die Verzinsung des Ausgleichswerts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft war daher nicht anzuordnen, weil die Wertteilhabe am Vorsorgevermögen in dieser Zeit durch die Kursentwicklung der Fonds sichergestellt ist. Und auch die Anordnung, bei der Berechnung der später zu zahlenden Versorgung an die ausgleichsberechtigte Person die vertraglich festgelegten Berechnungsparameter der ausgleichspflichtigen Person anzuwenden, war obsolet, weil die bei Renteneintritt maßgeblichen Berechnungsparameter für die Begründung der Rentenhöhe maßgeblich sein sollten und damit der Tarifwechsel bzw. die Tarifaktualisierung schon der Quellversorgung beigegeben war.

Die ausführlich und gut begründete Entscheidung des OLG Frankfurt wäre entbehrlich gewesen, hätte der Versorgungsträger die der Versorgung zugrundeliegende Versicherungspolice mitübersandt. Ein bisschen schade wäre das aber auch gewesen, weil wir dann die interessante Entscheidung des OLG mit vielerlei Erkenntnissen über die Vielfältigkeit der Versorgungslandschaft nicht hätten diskutieren können (müssen).

Eine Frage blieb aber in der Entscheidung und der Kaffeerunde offen: Wenn der Versicherungsnehmer in der Zeit zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung die Zusammenstellung des Fonds verändert und dadurch Gewinne oder Verluste generiert werden, partizipiert der ausgleichsberechtigte Ehegatte daran, obwohl es sich um ein nachehezeitliches Ereignis handelt? Diskutieren Sie gern mit!

Beraterhinweis

Beim Ausgleich hochwertiger Versorgungen sollte niemand ohne Einsichtnahme in die Versorgungs- und Teilungsordnung den Versorgungsausgleich „passieren lassen“. Es ist fahrlässig, sich auf die Prüfungspflicht des Gerichts zu verlassen. Das Gericht haftet nicht für Schäden, wohl aber die Anwaltschaft.

Eine „Beanstandungsliste“ von über 300 Teilungsordnungen finden Sie hier im Blog unter https://blog.otto-schmidt.de/famrb/2023/06/20/das-gestaendnis-warum-anwalt-und-richterschaft-bei-teilungsordnungen-genau-hinschauen-sollte/.

Buchtipp: Spangenberg, RICHTERGESTALTEN – VON SALOMO BIS SANCHO PANSA

Ernst Spangenberg hat nach einer kurzen schöpferischen Pause ein weiteres Werk aus seinem reichen Erfahrungsschatz als früherer Richter sowie bis heute Schriftsteller und Künstler geschaffen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um eine rechtsgeschichtliche Biographie über bedeutende Richtergestalten, sondern auch um eine erwünschte Fortsetzung von „Ein kleines Rechtsproblem bleibt ungelöst“, das der Rezensent hier vor wenigen Jahren besprochen hat:

Buchtipp: Spangenberg, Ein kleines Rechtsproblem bleibt ungelöst

So beginnt das neue Buch, dessen Titelbild „Das Hohe Gericht selbdritt“ auch vom Autor stammt, denn auch mit der Frage an sich selbst „Was habe ich nicht alles während meiner 40 Dienstjahre entschieden: ob eine Frau die Scheidung ihrer Ehe verlangen kann, wenn ihr Mann sie „du alte Mooskuh“ genannt hat, ob ein frei laufender Hund oder ein betrunkener Radfahrer eine größere Gefahr für den Straßenverkehr bilden, …“  Aber was folgt nach mehreren Tausend Entscheidungen nun, fragt der Autor in diesem ersten Kapitel weiter, um uns einen Traum zu präsentieren, der uns tatsächlich an das oben zitierte frühere Werk erinnert. Drei Häftlingen ist es darin gelungen, den Richter auszutricksen, der nicht mehr weiß, wie er den Prozess zu Ende bringen soll. Aus diesem Gefühl der Ohnmacht heraus wendet sich das Buch in einem „Wegweiser“ aus elf Teilen der Frage zu, was einen „guten Richter“ ausmacht. Einfallsreiche Falllösungen werden unterhaltsam präsentiert, ehe es dann in einem zweiten Kapitel tatsächlich weit zurückgeht in die Rechtsgeschichte, wie es der Untertitel des Buchs ja schon verrät. Es werden die verschiedensten Richtergestalten der Literaturgeschichte von der Bibel bis in die neueste Zeit beschrieben und die Originalfundstellen zum vertiefenden Weiterlesen auch jeweils mitgeteilt. Im Anschluss an eine Forderung von Kafka geht es dann im dritten Kapitel „Richter aus alter Zeit“ anhand berühmter Prozesse u. a. gegen Sokrates und Jesus sowie der Hexensachen beim Reichskammergericht nicht mehr nur um die vielfach in ihrer Entscheidungsfreiheit stark eingeschränkten und überforderten Entscheidungsträger, sondern auch um die kritische Würdigung anzuwendenden Rechts von minderer Qualität seit jeher, ohne dass man auf das systematische Unrecht speziell der NS-Zeit extra hinweisen muss, dessen Aufarbeitung nicht Gegenstand dieses Buchs sein konnte.  Ein großer Zeitsprung führt deshalb im 4. Kapitel direkt vom Mittelalter in die Jahre kurz vor Aufnahme der eigenen Richtertätigkeit des Autors mit selbst beobachteten Prozessen in Madrid und bereits als Referendar in Gießen. Soweit sich in der Beschreibung des in Spanien beobachteten Prozesses die verstörende Verwendung des verpönten Begriffs „Zigeuner“ findet, ist das historisch zu sehen und entspringt einem damaligen Zitat des vorurteilsbehaftet tätigen Staatsanwalts gegen die auch in der späten Francozeit weiterhin ausgegrenzten Menschen. Der Gießener Fall ist eine menschliche Tragödie, mit der sich auch die „Richter der Gegenwart“ schwertun.

So münden die Betrachtungen im 5. Kapitel in die immer fortwährende Frage nach der Gerechtigkeit und zurückkommend auf das geschehene Unrecht an Jesus die Feststellung: „Gerechtigkeit auf der Erde dürfen wir von Gott nicht erhoffen. Aber vielleicht im Jenseits?“ Damit wendet sich der Autor abschließend noch den großen Weltreligionen zu. Sie ahnen es, eine Antwort wird es nicht geben, aber doch eine „Schlussfolgerung“, die aber hier nicht verraten wird.

Interesse geweckt? Dann finden Sie das 99 Seiten umfassende kurzweilig zu lesende, im Justus von Liebig Verlag, Gagernstraße 9, 64283 Darmstadt, erschienene Buch mit der ISBN 978-3-87390-509-2, unter www.liebig-verlag.de.