Düsseldorfer Tabelle 2026 und weitere Unterhaltsleitlinien

Am 1.12.2025 hat das OLG Düsseldorf die neue Düsseldorfer Tabelle 2026 bekannt gegeben. Gegenüber der Tabelle 2025 sind die Bedarfssätze minderjähriger und volljähriger Kinder angehoben worden. Außerdem sind die Anmerkungen zur Tabelle um Regelungen des angemessenen Selbstbehalts bei der Inanspruchnahme von Kindern auf Elternunterhalt und von Großeltern auf Enkelunterhalt ergänzt worden.

VorsRiOLG a.D. Heinrich Schürmann erläutert – wie jedes Jahr – in Ausgabe 1/2026 des FamRB die Beweggründe für die Neufassung der Düsseldorfer Tabelle und zeigt umfassend und dezidiert ihre Auswirkungen für die Beratungspraxis auf.

Bestandteil Ihres Beratermoduls Familienrecht ist das Programm Familienrechtliche Berechnungen. Das Programm umfasst einen Unterhaltsrechner, einen Zugewinnausgleichsrechner und einen Versorgungsausgleichsrechner. Die Düsseldorfer Tabelle sowie auch die weiteren aktuellen Unterhaltsleitlinien aller OLG fließen dort zeitnah nach Bekanntgabe ein. So werden Sie in die Lage versetzt, auch komplizierte Praxisfälle automatisiert zu lösen und das Ergebnis in Ihre Schriftsätze zu übernehmen. Einfach hier einloggen.

Düsseldorfer Tabelle

Beiträge zur Düsseldorfer Tabelle in FamRB 1/2026

Weitere Unterhaltsleitlinien

Stand: 17.12.2025

Kindesunterhalt bei erweitertem Umgang („asymmetrisches Wechselmodell“)

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat wegen des (jedenfalls vorläufigen) Scheiterns der Reformpläne der früheren Bundesregierung zur gesetzlichen Regelung des Kindesunterhalts in den Fällen eines erweiterten Umgangs (sog. „asymmetrisches Wechselmodell“) in seine Unterhaltsgrundsätze 2025 eine neue Ziffer 12.5 „Erweiterter Umgang“ eingefügt und diese auch in den Unterhaltsgrundsätzen für 2026 beibehalten. Darin wird für die Bestimmung des Barunterhaltsbedarfs eines Kindes ausdrücklich auf die Möglichkeit der Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen nach BGH v. 12.3.2014 – XII ZB 234/13, FamRZ 2014, 917 sowie zwei weitere Regelungen zur Berücksichtigung von Umgangskosten verwiesen (bei besonderen Kosten evtl. auch durch Erhöhung des Selbstbehalts, Ziffer 21.2 Abs. 3).

Diese Regelungen könnten schon im kommenden Jahr wieder eine Änderung erfahren müssen, falls der BGH auf eine ihm vorliegende Rechtsbeschwerde (XII ZB 415/25) gegen einen der bisherigen Rechtsprechung entsprechenden Beschluss des OLG Düsseldorf vom 27.8.2025 – 5 UF 86/24, FamRZ 2025, 1711 so entscheiden würde wie von Rubenbauer/Dose in FamRZ 2025, 1677 ff. vorgeschlagen.

Aber ist das nur Zukunftsmusik oder muss tatsächlich damit gerechnet werden, dass der BGH in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung einer gesetzlichen Neuregelung vorgreift?

Unabhängig davon wie man die Auffassung von Rubenbauer/Dose a.a.O. beurteilt, dass bereits de lege lata (also mit einem noch unveränderten § 1606 III 2 BGB) auch schon beim sog. „asymmetrischen Wechselmodell“ die komplizierten Regeln der Unterhaltsberechnung nach § 1606 III 1 BGB ähnlich wie beim paritätischen Wechselmodell gelten sollen, ist jedenfalls die Aufforderung im zitierten Aufsatz S. 1679 an die Instanzgerichte, in solchen Fällen die BGH-Entscheidung „abzuwarten“ (hieße praktisch, auch den hiesigen Grundsatz Ziffer 12.5 nicht mehr anzuwenden und die Fälle liegen zu lassen), beim Unterhalt für Kinder kritisch zu sehen (ausführlich zu den drohenden Nachteilen, aber auch zu anderen Optionen: Lies-Benachib, FamRZ 2025, 1849 ff.).

Das gilt umso mehr, als die Ergebnisse bei einer angemessenen Herabstufung wie seit der Entscheidung des BGH 2014 und nach hiesiger Ziffer 12.5 in vielen Fallkonstellationen gar nicht so erheblich von den komplizierten Berechnungen, wie sie ja auch der letztjährige Referentenentwurf und das Eckpunktepapier vorsahen, abweichen, was Seiler in seinen Vergleichsberechnungen in FamRZ 2024, 591 ff. an einigen Beispielen vorgerechnet hat.

Nach Auffassung des Verfassers ist es nach wie vor (auch verfassungsrechtlich) problematisch, ohne Abschaffung bzw. Änderung von § 1606 III 2 BGB ganz neue Berechnungsmodelle de lege lata „einzuführen“, sei es beim Kindesunterhalt (kritisch auch Lies-Benachib aaO mwN, ferner m. E. zutreffend OLG Düsseldorf aaO) oder beim Ehegattenunterhalt (Stichwort: Naturalunterhalt des Betreuenden, nach wie vor streitig, ablehnend h.M. in der Literatur, u.a. Schwamb, FamRB 2022, 342, aber auch OLG Oldenburg FamRZ 2023, 1371 m. zust. Anm. Seiler). Ein Risiko wie bei der „Uminterpretation“ von § 1578 BGB mit den sich von der gesetzlichen Regelung zu weit entfernenden „wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen“ auf der Bedarfsebene sollte die Rechtsprechung besser nicht noch einmal eingehen (dazu damals Schwamb, FamRB 2011, 120 ff.), denn die richterliche Rechtsfortbildung hat ihre Grenzen.

Anm. der Redaktion:

Den Text der Düsseldorfer Tabelle sowie die aktuellen Unterhaltsleitlinien für das Jahr 2026 finden Sie hier.

Düsseldorfer Tabelle 2025 und weitere Unterhaltsleitlinien

Am 29.11.2024 veröffentlichte das OLG Düsseldorf die neue Düsseldorfer Tabelle 2025. Mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) vom 23.12.2024 wurde das Kindergeld zum 1.1.2025 auf 255 Euro erhöht. Infolgedessen wurde eine aktualisierte Fassung der Tabelle veröffentlicht. Im Vergleich zur Fassung vom 29.11.2024 wurden der Anhang „Tabelle Zahlbeträge“ sowie das Berechnungsbeispiel zu Anmerkung C (Mangelfälle) geändert.

Inhaltlich sind diesmal nur geringfügige Änderungen vorgenommen worden. So sind neben marginalen Änderungen beim Kindesunterhalt die Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle an einigen Stellen redaktionell überarbeitet worden. Der Studierendenbedarf wurde von 930 € auf 990 € (Wohnanteil 440 €) erhöht. Die Vorgaben zur Bemessung der berufsbedingten Aufwendungen, zur Berücksichtigung von Schulden sowie zur Anrechnung von Anrechnung von Ausbildungsvergütungen sind entfallen, da die Gerichte dies in ihren jeweiligen Unterhaltsleitlinien eigenständig regeln.

Für Abonnenten des FamRB:

VorsRiOLG a.D. Heinrich Schürmann erläutert – wie jedes Jahr – in Ausgabe 1/2025 des FamRB die Beweggründe für die Neufassung der Düsseldorfer Tabelle und zeigt umfassend und dezidiert ihre Auswirkungen für die Beratungspraxis auf.

Bestandteil Ihres Beratermoduls Familienrecht ist das Programm Familienrechtliche Berechnungen. Autor ist Familienrichter RiAG Niels Bauer. Das Programm umfasst einen Unterhaltsrechner, einen Zugewinnausgleichsrechner und einen Versorgungsausgleichsrechner. Die Düsseldorfer Tabelle sowie auch die weiteren aktuellen Unterhaltsleitlinien aller OLG fließen dort zeitnah nach Bekanntgabe ein. So werden Sie in die Lage versetzt, auch komplizierte Praxisfälle automatisiert zu lösen. Einfach hier einloggen.

Düsseldorfer Tabelle

Beiträge zur Düsseldorfer Tabelle in FamRB 1/2025 

Weitere Unterhaltsleitlinien

Bitte beachten Sie: noch nicht alle Unterhaltsleitlinien haben den erhöhten Kindergeldbeitrag berücksichtigt.

Stand: 18.2.2025

Düsseldorfer Tabelle 2023 (Erwiderung auf Schwamb v. 20.12.2022)

Schwamb greift in seinem Beitrag die zu den Kontroversen bekannten Argumente auf, vernachlässigt dabei aber, dass sich die strittigen Punkte deshalb ergeben, weil die gesetzlichen Grundlagen der einzelnen Berechnungen längst nicht mehr mit den aus den Anfangsjahren des Unterhaltsrechts stammenden Maßstäben vergleichbar sind. Die strukturellen Veränderungen der letzten Jahrzehnte erfordern es, dass die Rechtsprechung die bisher angewandten Methoden auf ihre Eignung hinterfragt und die gewonnenen Ergebnisse auf ihre Angemessenheit und Stimmigkeit im Gesamtsystem überprüft.

Der um die Differenz zwischen zweiter und dritter Altersstufe erhöhte Bedarf volljähriger Kinder war schon seit den 1980er Jahren gebräuchlich (vgl. Hammer Leitlinien, Ziff. 18, FamRZ 1988, 1017); die Rechtsprechung zur Bemessung des Wohnkostenanteils mit 20 % des Tabellenwerts reicht zumindest bis in die 1990er Jahren zurück (vgl. Münch. Leitlinien 1996 Ziff. 4.1, FamRZ 1995, 1551). In dieser Zeit galt für die Eingangsstufe der Düsseldorfer Tabelle der Regelbedarf (§ 1515f BGB), dessen Höhe letztlich nicht durch ein wie auch immer berechnetes Existenzminimum, sondern durch die Leistungsfähigkeit bei kleinen Einkommen geprägt war (instruktiv BR-Drucks. 271/70). Dieselben Erwägungen galten auch noch für das Kindesunterhaltsgesetz von 1998 (BT-Drucks. 13/7338, 22; BT-Drucks. 13/9596, 31). Einen Bezug zum Existenzminimum stellte erstmals das Änderungsgesetz vom 2.11.2000 mit der Neufassung des § 1612b Abs. 5 BGB her (BT-Drucks. 14/3781, 8). Das Unterhaltsänderungsgesetz von 2008 ersetzte schließlich die sachwidrige 135 %-Regelung des § 1612b Abs. 5 BGB (BVerfGE 108, 52 Rz. 54) durch den steuerlichen Kinderfreibetrag, um den Kindesunterhalt anhand einer bundeseinheitlich geltenden Pauschale zu bestimmen. Dieser Freibetrag beruhe – so die Gesetzesbegründung – auf konkreten Zahlen zum Lebensbedarf und den Wohnkosten, so dass die Vorgaben für die Unterhaltspflichtigen und -berechtigten unmittelbar einsichtig und nachvollziehbar seien (BT-Drucks. 16/1830, 27). Dies gilt ohne weiteres für den offen ausgewiesenen Teilbetrag der Wohnkosten. In der Summe entsprechen 100 % des Mindestunterhalts dem vom Gesetz angestrebten Ergebnis; hier nicht erfasste Bedarfe begründen ohnehin einen Zusatzbedarf. Allerdings ist es mehr als nur ein Schönheitsfehler, wenn die gesetzlich vorgegebene Spreizung des Mittelwerts die methodischen Mängel der früheren Regelung beibehält und so das angestrebte Normziel für die jüngeren und älteren Kinder verfehlt. Dies zu korrigieren ist indes Aufgabe des Gesetzgebers. Andererseits kommen die Gerichte nicht daran vorbei, ihrerseits zu prüfen, ob angesichts dieses Befunds für volljährige Kinder eine nochmals höhere Steigerungsrate sachgerecht ist und das auf diese Weise ermittelte Ergebnisse dem vom Gesetz angestrebten Ziel eines existenzsichernden Mindestbedarfs entspricht. Es befremdet in der Tat, wenn sich für volljährige Schüler ein geringerer Bedarf errechnet, als er für die nur etwas jüngeren Geschwister gelten soll. Insofern gibt es gute Gründe, nicht allein auf den sozialrechtlichen Mindestbedarf abzustellen, zumal der Gesetzgeber mit der Privilegierung des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB von vergleichbaren Lebensverhältnissen der noch in der Schulausbildung befindlichen Kinder ausgegangen ist. Dies rechtfertigt es, an dem – ohnehin schon erhöhten – Bedarf der 3. Altersstufe festzuhalten. Wer aber ungeachtet der veränderten Bezugsgrößen die bisherige Praxis eines um nochmals 8 % erhöhten Tabellensatzes beibehalten will, muss schon begründen, weshalb erst diese Berechnung zum existenznotwendigen Barbedarf führt. Man kann der Meinung sein, dass Jugendliche und junge Erwachsene einen höheren Wohnbedarf haben als Kleinkinder und entsprechendes auch für den persönlichen Schulbedarf gelten solle. Persönliche Überzeugungen eignen sich jedoch ebenso wenig für eine sachbezogene Begründung wie der Verweis auf eine über allen Instanzen hinweg unverändert praktizierte Rechtsprechung. Vielmehr wären die einzelnen Positionen anhand empirisch belegter Werte konkret zu beziffern.

Für den Bedarf minderjähriger Kinder bezieht sich das Gesetz explizit auf die Maßstäbe und Methoden des Existenzminimumberichts. Dieser entspricht sachlich den „sozialrechtlichen Grundsätzen“, auf die sich die Rechtsprechung auch ansonsten zur Bemessung von Mindestbedarf und Selbstbehalt stützt. Weshalb sollen diese Grundsätze allein beim Unterhalt für volljährige Kinder nicht gelten?

Düsseldorfer Tabelle 2023 (Erwiderung zu Schürmann FamRB 2023, 34)

„Alle Jahre wieder“ eine neue Düsseldorfer Tabelle; Heinrich Schürmann beschreibt es im Blog und in FamRB 2023, 34 zutreffend, weshalb das inzwischen erforderlich ist, und auch seiner Einschätzung, dass angesichts der fälligen Erhöhung der Selbstbehalte und der gleichzeitigen deutlichen Erhöhung der Bedarfsbeträge in der nochmals geänderten MindestunterhaltsVO 2023 eine Ausrichtung der Tabelle auf nur noch einen Berechtigten dieses Mal angezeigt gewesen wäre (anders als bei der Entnahme einer Einkommensgruppe vor 5 Jahren, vgl. damals kritisch Schwamb FamRB 2018, 67), kann ich folgen, denn der Abstand zwischen den Selbstbehalten und der zweiten Altersstufe ist nun so gering, dass eine Aufstufung bei nur einer unterhaltsberechtigten Person praktisch nicht mehr in Frage kommt.
Kritikwürdig sind und bleiben dagegen Schürmanns Ausführungen zur Bedarfssituation beim Kindesunterhalt in allen vier Altersstufen, insbesondere der von ihm weiterhin abgelehnten vierten, über deren Erhalt in vermindertem Abstand zur dritten Altersstufe jedoch ein in der Kommission mehrheitlich getragener Kompromiss vor drei Jahren zustande gekommen ist. Die Differenz liegt darin, dass Schürmann – insoweit abweichend von der gesetzlichen Regelung und auch der Rechtsprechung des BGH – eine vollständige Übereinstimmung mit der sozialhilferechtlichen Lage herstellen will. Gemeinsam ist beiden Rechtsgebieten aber nur der Ausgangspunkt des steuerbefreiten Existenzminimums, nach dem sich auch der Mindestunterhalt der zweiten Altersstufe richtet. Davon 87% für die erste Altersstufe und 117% für die dritte Altersstufe sind die gesetzliche Regelung, die man kritisieren kann, aber bei der alljährlichen Anpassung der Düsseldorfer Tabelle zugrunde zu legen ist. Schürmanns Kritik, dass 87% für die erste Altersstufe zu wenig, 117% für die dritte und 125% für die vierte Altersstufe dagegen zu viel seien, beruht inhaltlich im Wesentlichen auf seiner Annahme, dass der Wohnbedarf eines Kindes in allen Altersstufen unverändert bei derzeit 120 € liege.  Entgegen seiner Ansicht entspricht das aber nicht der Rechtslage im Unterhaltsrecht, insbesondere auch nicht den von ihm dafür in FamRB 2023, 35 unter Fußnoten 9, 10 zitierten beiden Entscheidungen des BGH vom 29.9.2021 (XII ZB 474/20 = FamRZ 2021, 1965 = FamRB 2022, 9 [M. Schneider]) und vom 18.5.2022 (XII ZB 325/20 = FamRZ 2022, 1366 = FamRB 2022, 342 [Schwamb]). Im Gegenteil liegt diesen beiden Entscheidungen sogar ausdrücklich zugrunde, dass 20% des jeweiligen Unterhaltsbedarfs eines Kindes nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile den Wohnbedarf ausmachen und sich dieser somit ausdrücklich auch nach dem steigenden Lebensalter richtet (gerade anders als nach der abgelehnten, früher teilweise vertretenen Pro-Kopfberechnung). Auch wenn die Verwirklichung dieses Wohnbedarfs sicher nicht immer zeitgleich mit Erreichen der nächsten Altersstufe umgesetzt wird, dürfte es nicht zweifelhaft sein, dass ein Jugendlicher einen höheren Wohnbedarf hat als ein Kleinkind. Jedenfalls entspricht das der unterhaltsrechtlichen Rechtslage (s. o.). Soweit Schürmann die 4. Altersstufe ganz ablehnt, ja sogar für die 18-jährigen einen niedrigeren Bedarf errechnet als für die 12-17-jährigen Jugendlichen, ist seiner Argumentation schon wiederholt entgegen getreten worden (vgl. Schwamb FamRB 2018, 67 ff., 69 und im Experten-Blog vom 21.7.2021 Der Familien-Rechtsberater – Blog (otto-schmidt.de) . Dass in der Tabelle für die 18-jährigen (FamRB 2023, 35) nicht einmal die 15 € für gesellschaftliche Teilhabe auftauchen, die mit Volljährigkeit auf jeden Fall deutlich ansteigt, und auch 3 € für Ausflüge und 14,50 € für den Schulbedarf im letzten Jahr vor dem Abitur untersetzt sind, nimmt dieser Zusammenstellung bereits jede Überzeugungskraft. Auch hier gilt wieder, dass die unterhaltsrechtliche Sicht nicht mit der sozialhilferechtlichen verglichen werden darf, zumal der Sozialhilfesatz für die nicht in Berufsausbildung stehenden arbeitslosen jungen Erwachsenen nicht deren Bedarf entspricht und einen gewissen „Strafcharakter“ hat.  Zum wiederholten Mal muss schließlich der aufrechterhaltenen Auffassung widersprochen werden, ein „zu hoch angesetzter Bedarf im Mangelfall“ benachteilige die jüngeren Geschwister. Diese Sichtweise übersieht weiterhin, dass der Einsatzbetrag im Mangelfall der jeweilige Zahlbetrag nach Abzug des Kindergeldes ist (ausführlich Schwamb FamRB 2018, 67 ff., 70). Damit liegt der Einsatzbetrag der privilegierten Volljährigen sogar mit der 4. Altersstufe noch deutlich unter dem der Jugendlichen in der 3. Altersstufe und gerade noch einen Euro über dem der 2. Altersstufe. Auf das Rechenbeispiel im Anhang III. der Frankfurter Unterhaltsgrundsätze 2023  http://www.hefam.de/DT/ffmAPfr.html wird insoweit verwiesen. Von einer Benachteiligung der minderjährigen Geschwister im Mangelfall kann deshalb keine Rede sein.

Last not least überzeugt auch nicht die allerdings von allen Oberlandesgerichten inzwischen übernommene Streichung des „großen“ Selbstbehalts für den Eltern- und Großelternunterhalt (befürwortend Schürmann FamRB 2023, 34 ff, 37 f.). Immerhin enthalten die Frankfurter Unterhaltsgrundsätze noch die Beträge für den Enkelunterhalt (Nr. 21.3.4 und siehe dort auch Nr. 22.3). Das Angehörigenentlastungsgesetz hat eine völlig andere Bedeutung als die Selbstbehalte im Unterhaltsrecht (siehe bereits früher zu § 43 SGB XII: BGH v. 8.7.2015 – XII ZB 56/14, FamRZ 2015, 1467 Rz. 47, 48 = FamRB 2015, 330 [Hauß]). Sofern ein zum Unterhalt für seine Eltern grundsätzlich Verpflichteter mit einem Bruttoeinkommen von knapp über 100.000 Euro herangezogen werden soll, wären die früher von der Rechtsprechung anhand des dafür gebildeten großen Selbstbehalts, über dessen weitere Anpassung ggf. zu diskutieren wäre, entwickelten Grundsätze und vor allem der damit verbundene Familienselbstbehalt (siehe dazu weiterhin Nr. 22.3 der Frankfurter Unterhaltsgrundsätze) immer noch sinnvolle Instrumente für die Praxis, denn auch mit einem solchen Bruttoeinkommen kann es bei berechtigten Abzügen durchaus zu einem Nettoeinkommen führen, bei dem jedenfalls die bisherigen Grundsätze des Familienselbstbehalts, ggf. mit erhöhten Grenzen, weiterhin gebraucht werden könnten.

 

Alle Jahre wieder …

… kommt in der Vorweihnachtszeit die neue Düsseldorfer Tabelle. Dass die notwendigen Anpassungen regelmäßig in den Dezember fallen, folgt aus der Agenda des Gesetzgebers, der über wichtige Rahmendaten wie Existenzminimumbericht, Kinderfreibeträge und Regelbedarfe erst in den letzten Wochen des Jahres entscheidet. Zwar gab es schon einen Mindestunterhalt für 2023; die offensichtlich notwendige Korrektur der ein Jahr zuvor getroffenen Prognose folgte jedoch erst mit der 5. Änderungsverordnung v. 30.11.2022 (BGBl. I, 2130). Die Zeiten, in denen Tabellenwerte mehrere Jahre überdauerten, sind schon lange vorbei und die Überlegung des Gesetzgebers zur letzten Neufassung des § 1612a BGB, für jeweils zwei Jahre einen einheitlichen Mindestbedarf vorzugeben, haben sich von Anfang an als nicht praktikabel erwiesen.

Wer sich näher mit dem System der aktuellen Düsseldorfer Tabelle beschäftigt, kommt an der Erkenntnis nicht vorbei, dass diese durch die inflationäre Preisentwicklung des vergangenen Jahres an ihre Grenzen stößt. Der im Verhältnis zu den Vorjahren ungewöhnlich starke Anstieg des Kindesbedarfs und der Selbstbehaltssätze war angesichts der weit überproportional gestiegenen und noch weiter steigenden Lebenshaltungskosten keine Überraschung. Mit dem Kinderfreibetrag erhöhte sich der Mindestunterhalt um 10,3 %; die damit verbundene höhere Zahllast wird durch die Anhebung des Kindergeldes auf 250 € nur etwas gedämpft. Während diese Zahlen in etwa der Inflationsrate entsprechen, war beim notwendigen Selbstbehalt mit rund 18 % eine deutlich stärkere Anhebung zu verzeichnen. Hier wirken drei Faktoren zusammen: Neben dem allgemein höheren Lebensbedarf sind dies der nach 17 Jahren erstmals um 50 € (die lediglich den seither eingetretenen Kaufkraftverlust ausgleichen) angehobene Freibetrag für Erwerbstätige und die erheblich steigenden Wohnkosten. Der damit einhergehende sprunghafte Anstieg des Eigenbedarfs deckt auf, wie sehr sich die Gerichte in den letzten Jahren mit einer Anpassung der Selbstbehaltssätze zurückgehalten haben – oder anders ausgedrückt, die Unterhaltspflichtigen spürbare Einschränkungen in ihrer Lebensführung hinnehmen mussten. Für alle Beteiligten wäre es einfacher und überzeugender, wenn Unterhaltsbedarf und Eigenbedarf jeweils gleichzeitig und in kleineren Schritten an die sich ändernden Lebensumstände angepasst würden.

Nun gibt es nur ein Einkommen, aus dem die Bedarfe von Berechtigten und Verpflichteten aufgebracht werden müssen. Steigen diese, wird die Verteilungsmasse bei gleichbleibendem Einkommen kleiner. Dabei zeigen sich deutliche Risse in einer Tabellenstruktur, die immer noch davon ausgeht, sich am Bedarf für zwei Unterhaltsberechtigte zu orientieren. Wer nachrechnet, muss feststellen, dass er unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts der Mindestunterhalt nur aufgebracht werden kann, wenn für zwei Kinder der ersten Altersstufe ein Einkommen von wenigstens 2.000 € zur Verfügung steht und es 2.300 € sein müssen, sobald beide Kinder das 12. Lebensjahr erreicht haben. Dies alles fällt schon in den Bereich der zweiten Einkommensgruppe. Ein höherer Kindesbedarf kommt ohnehin erst dann in Betracht, wenn dem Pflichtigen selbst der angemessene Bedarf verbleibt (BGH v. 27.10.2021 – XII ZB 123/21, FamRB 2022, 51). Damit kann es selbst bei Einkommen aus der dritten Einkommensgruppe noch beim Mindestunterhalt verbleiben.

Unter diesen Umständen eignet sich die Tabelle in ihrem Hauptanwendungsbereich der kleinen und mittleren Einkommen nicht mehr, um unmittelbar den nach der Lebensstellung angemessenen Kindesbedarf abzulesen. Die vorstehend skizzierten Probleme dürften sich im kommenden Jahr noch verschärfen, da mit weiter steigenden Bedarfssätzen zu rechnen ist. Wenn die Gerichte sich nicht zeitnah um eine Neustrukturierung der Tabelle und ihrer Anwendungsgrundsätze bemühen, laufen sie Gefahr, eines ihrer wichtigsten Werkzeuge aus der Hand zu geben.

Aufruf des DIJuF: Kindesunterhalt – Teilrechtsreform jetzt!

Die Ständige Fachkonferenz 3 (SFK 3) „Familienrecht und Beistandschaft, Amtsvormundschaft“ des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e. V. (DIJuF) begrüßt es, dass laut den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag die Modernisierung des Familienrechts vorgesehen ist und eine gute wirtschaftliche Absicherung der Kinder erreicht werden soll. Hierbei handelt es sich um umfangreiche Aufgaben, die Auswirkungen auf viele Lebensbereiche der Menschen haben. Daher ist es selbstverständlich, dass diese Projekte gründliche Vorarbeiten erfordern und Zeit in Anspruch nehmen. Das Ausbleiben der Reformen belastet jedoch die forensische und die beratende Praxis sowie die betroffenen Familien in hohem Maß. Daher bittet die SFK3 die Bundesregierung, einige der in der letzten Legislaturperiode angedachten Gesetzesänderungen aus dem Gesamtpakt herauszulösen und möglichst rasch umzusetzen. So sollte insbesondere jetzt eine Teilrechtsreform zum Kindesunterhalt stattfinden.

Den auch in JAmt 2022, 192 veröffentlichten Aufruf finden Sie hier.

Kein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch für Arme?

In einem kürzlich beendeten Verfahren hatte das OLG Köln über einen sog. familienrechtlichen Ausgleichsanspruch zu entscheiden (OLG Köln v. 11.2.2021 – 14 UF 88/20). Dieser Anspruch spielt in der Praxis insbesondere dann eine Rolle, wenn der betreuende Elternteil während der Minderjährigkeit seines Kindes im eigenen Namen für das Kind Unterhaltsansprüche gegen den anderen Elternteil geltend gemacht hat und das Kind im Lauf des Verfahrens volljährig wird. In diesem Fall wird das Unterhaltsverfahren grundsätzlich auch rückwirkend unzulässig, da der betreuende Elternteil aufgrund der Volljährigkeit des Kindes dessen Ansprüche nicht mehr im eigenen Namen geltend machen kann. Das Kind muss in diesen Fällen also grundsätzlich seine Unterhaltsansprüche auch bezüglich der Vergangenheit selbst im eigenen Namen geltend machen. Dies ist aber häufig nicht gewollt. Die Rechtsprechung behilft sich in diesen Fällen grundsätzlich damit, dass hier im Rahmen einer tatsächlichen Vermutung angenommen wird, dass der betreuende Elternteil den Kindesunterhalt vorgestreckt hat (irgendwer muss ja den Lebensunterhalt des Kindes tatsächlich bezahlen). In diesen Fällen soll dem vorstreckenden Elternteil selbst ein Ausgleichsanspruch gegen den eigentlich barunterhaltsverpflichteten Elternteil zustehen, den er im Rahmen des bereits anhängigen Kindesunterhaltsverfahrens sodann geltend machen kann.

Im dem vom OLG nun entschiedenen Fall lag genau dieser Sachverhalt vor. Das dem Ganzen zugrundeliegende Kindesunterhaltsverfahren war bereits im Jahr 2017 eingeleitet worden, als das Kind noch 15 Jahre alt war. Nach knapp drei Jahren Verfahrensdauer wurde die Mutter im Jahr 2020 endlich zur Zahlung des Mindestunterhalts für das Kind verpflichtet. Da aber das Kind genau zwei Tage (!) vor der Verkündung der Entscheidung „unbemerkt“ 18 geworden war, legte die Kindesmutter gegen die Entscheidung Beschwerde ein, mit der (insoweit berechtigten) Begründung, der gesamte Antrag sei zwei Tage vor Verkündung der Entscheidung unzulässig geworden. Der Vater stellte daraufhin die Begründung seines Anspruchs dahin gehend um, dass er ihn nunmehr auf den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch stützte. Der Sohn hatte ihm seinen Unterhaltsanspruch zudem sicherheitshalber abgetreten. Das OLG wies den Antrag ab.

Zunächst wies das OLG noch richtigerweise darauf hin, dass Unterhaltsansprüche gemäß § 400 BGB nicht abtretbar sind. Das Bedenkliche an dieser Entscheidung ist jedoch, dass das OLG auch den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch für nicht begründet hielt – und zwar aus dem einzigen Grund, weil der Vater bereits bei Einleitung des Verfahrens in „prekären finanziellen Verhältnissen“ gelebt hatte. Diese Annahme stützte das OLG in erster Linie auf die Unterlagen zur Verfahrenskostenhilfe, die der Vater eingereicht habe. Das OLG war der Auffassung, unter diesen finanziellen Umständen könne eine Vermutung, dass der Vater tatsächlich Leistungen im Wert des Mindestunterhalts an sein Kind erbracht hatte, nicht gelten.

Diese Entscheidung hat nun zur Folge, dass der ohnehin bereits unter dem Existenzminimum lebende Vater nun sogar noch auf den unzweifelhaft ursprünglich bestehenden Kindesunterhaltsanspruch verzichten muss und darüber hinaus die Verfahrenskosten jedenfalls insoweit zu tragen hat, als es den Verfahrensbevollmächtigten der Mutter betrifft. Ob dies wirklich ein sinnvolles Ergebnis ist, darf bezweifelt werden.

Für die Praxis hat diese Entscheidung zumindest für den OLG-Bezirk Köln die Konsequenz, dass in derartigen Fällen kein Rechtsanwalt auf Verfahrenskostenhilfebasis noch vernünftigerweise einen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen kann. Die ohnehin bereits bestehende Hilflosigkeit der sozial Schwächeren im Hinblick auf eine angemessene rechtliche Vertretung ihrer Interessen wird damit zementiert.

Mindestunterhaltsverordnung zum Dritten

Ab heute ist es offiziell: Es gibt eine „Dritte Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung“ (VO v. 3.11.2020, BGBl. I, 2344).

Es deutete sich schon im August mit der Bekanntgabe der (vorläufigen) neuen Regelbedarfe an, mit der Veröffentlichung des 13. Existenzminimumberichts wurde es dann im September offensichtlich: Die sozialrechtlichen Bedarfe für Kinder sind von einem Jahr zum nächsten sehr viel stärker gestiegen, als es bei der Festsetzung des Mindestunterhalts für 2021 prognostiziert worden war. Der Grund dafür sind die im Frühsommer publizierten Daten der jüngsten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS 2018), die dann noch einmal gemäß der Lohn- und Preisentwicklung fortgeschrieben werden mussten.

Das Ergebnis ist ein für Kinder steuerfrei zu stellendendes Existenzminimum von 5.412 Euro in 2021, also 541 Euro im Monat und damit 17 Euro mehr als in der zweiten Änderungsverordnung festgesetzt worden war. Eine so hohe Abweichung forderte eine Reaktion des Gesetzgebers heraus, der den Mindestunterhalt außerhalb des durch § 1612a Abs. 4 BGB vorgegeben Turnus an diese aktuelle Entwicklung angepasst hat. Der Mindestunterhalt wird sich daher ab Januar 2021 auf 393/451/528 Euro belaufen. Bei einem um mehr als 6% höheren Unterhalt handelt es sich um eine erhebliche Steigerung in einer Zeit, in der nicht wenige Arbeitnehmer mit den Folgen der Pandemie belastet sind. Daher ist es nur ein schwacher Trost, dass es zum Januar eine mit 15 Euro ebenfalls überproportionale Erhöhung des Kindergeldes geben wird. Diese genügt nicht, um den erhöhten Bedarf vollständig zu decken. Statt wie erwartet nahezu gleichbleibender Zahlbeträge ist beim Mindestunterhalt mit einer um 16,50 bis 23,50 Euro höheren Zahllast zu rechnen.

Neben diesen unterhaltsrechtlichen Folgen gibt es noch einen weiteren bemerkenswerten Gesichtspunkt. Der Anstieg der Regelbedarfe erfolgt keineswegs gleichförmig über alle Altersstufen. Vielmehr bleibt der Bedarf bei den 6 bis 13 Jahre alten Kindern praktisch unverändert, während bei den jüngeren und älteren Kindern (Regelbedarfsstufen 4 und 6) ein sprunghafter Anstieg von jeweils mehr als 13% zu verzeichnen ist. Daraus ergibt sich das paradoxe Ergebnis, dass der Bedarf von Jugendlichen noch über dem Bedarf der jungen Erwachsenen liegt, die als Schüler weiterhin im Elternhaus leben. Solche unerklärlichen Abweichungen sind geeignet, erneut Zweifel an einer sachgerechten Bemessung der existenznotwendigen Regelbedarfe zu nähren. Immerhin hat das BVerfG schon 2014 Bedenken hinsichtlich der Stichhaltigkeit der festgesetzten Beträge geäußert und auf die Gefahr einer Unterdeckung hingewiesen (BVerfG v. 23.7.2014 – 1 BvL 10/12, FamRZ 2014, 1765). Der Ruf nach grundlegenden Korrekturen dürfte lauter werden.

Corona-Krise zum Zweiten …

… nein, nicht die befürchtete zweite Infektionswelle rollt auf uns zu, sondern das 2. Paket steuerlicher Hilfsmaßnahmen durchläuft im Eiltempo das Gesetzgebungsverfahren. Nachdem der Regierungsentwurf am 12. Juni auf den Weg gebracht wurde, soll das Gesetz in Sondersitzungen von Bundestag und Bundesrat am 29. Juni beschlossen werden, um am 1. Juli 2020 in Kraft zu treten.

Neben einer Reihe steuerrechtlicher Detailfragen sind es vor allem drei Gesetzesänderungen, die Familien aufhorchen lassen. Diese betreffen

  • die angekündigte Senkung der Umsatzsteuer von 19 % auf 16 % sowie von 7 % auf 5 % beim ermäßigten Satz. Die Umsatzsteuer wird befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt. Davon verspricht sich die Regierung einen kräftigen Impuls bei den Konsumausgaben. Die Hoffnung ist nicht ganz unberechtigt, weil die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen diese Mittel in der Regel vollständig für den laufenden Lebensunterhalt verbrauchen und sie daher durch Verbrauchssteuern überproportional belastet sind. Ob sich der gewünschte Erfolg wirklich einstellt, hängt aber nicht allein vom Verbrauchsverhalten ab, sondern auch davon, ob sich die Senkung des Steuersatzes in entsprechend ermäßigten Preisen niederschlägt.
  • den sog. Kinderbonus von 300 €, der in zwei Raten von jeweils 150 € im September und Oktober 2020 ausgezahlt werden soll, sofern im September 2020 ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Die Leistung wird aber auch dann erbracht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen zumindest in einem Monat des Jahres 2020 vorgelegen haben – nur erfolgt die Auszahlung dann möglicherweise verzögert und in einem Betrag. Auch von dieser Leistung verspricht sich die Regierung einen mit der Steuersenkung vergleichbaren Effekt. Für die unterhaltsrechtlichen Folgen ist wesentlich, dass es sich bei diesen Zahlungen um ein erhöhtes Kindergeld handelt und diese auch steuerlich so behandelt werden. Die Bezeichnung als Kinderbonus oder Einmalbetrag ändert hieran nichts. Denn die Regelung findet sich in der Vorschrift zur Höhe des Kindergeldes (§ 66 Abs. 1 Satz 2 EStG bzw. § 6 Abs. 3 BKGG), weshalb § 1612b Abs. 1 BGB unmittelbar anzuwenden ist. Besondere Vorschriften zur Nichtberücksichtigung gibt es lediglich bei mehreren Sozialleistungen und beim Unterhaltsvorschuss. Insofern ist die Rechtslage mit dem 2009 ausgezahlten Kinderbonus vergleichbar (s. AG Offenburg FamRZ 2009, 2014; Diehl, FamRZ 2009, 932).
  • den für zwei Jahre (2020, 2021) um 2.100 € erhöhte Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG). Dieser bewirkt abhängig von dem individuellen Steuersatz eine zusätzliche steuerliche Entlastung zwischen 35 € und 75 € und ein entsprechend höheres Monatseinkommen. Die Erhöhungsbetrag von jeweils 240 € für das zweite und weitere Kinder bleibt unverändert erhalten.

Bei den schrittweise eingeführten Lockerungen beginnt sich allmählich ein Gefühl von Normalität einzustellen. Gleichwohl sollten wir nicht vergessen, dass sich die Welt unverändert im Krisenmodus befindet und wir von einem „Normalzustand“ noch weit entfernt sind. Daher hat das Motto „gemeinsam schaffen wir es“ auch im Familienrecht weiterhin seine Berechtigung. Die aktuellen Gesetzesänderungen mögen nicht ohne Folgen für den Unterhalt sein; an die Stelle streng schematischer Berechnungen sollte daher gleichwohl die Suche nach maßgeschneiderten Modellen treten, die den tatsächlichen Lebensverhältnissen aller Beteiligten gerecht werden.

Hier kommen Sie zum Regierungsentwurf: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2020-06-12-Zweites-Corona-Steuerhilfegesetz/0-Gesetz.html