Mit großen Schritten in Richtung Online-Gründung – Bundesregierung legt Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungs-RL im Gesellschaftsrecht und Handelsregisterrecht (RegE-DiRUG) vor

Die Umsetzungsuhr für die Digitalisierungs-RL tickt. In Rekordzeit (Bayer/J. Schmidt, BB 2019, 192, 1922) wurde das Company Law Package der EU-Kommission vom 25.4.2018 beraten und bereits am 31.7.2019 trat die Digitalisierungs-RL (RL EU 2019/1151) in Kraft. Gut ein Jahr später, am 13.11.2019, leitete das Bundesland Nordrhein-Westfalen dem Bundesrat den Entwurf eines Umsetzungsgesetzes für die Digitalisierungs-RL (BR-Drucks. 611/19) zu. In der Folge herrschte erst einmal Stillstand. Nachdem die Bundesregierung mit Erklärung vom 27.10.2020 gegenüber der EU-Kommission von der Verlängerungsoption für die Umsetzungsfrist des Art. 2 Abs. 3 Digitalisierungs-RL Gebrauch gemacht hatte, sah es sogar so aus, als würde in Sachen Umsetzung in dieser Legislaturperiode nichts mehr geschehen. Plötzlich ging dann aber doch alles ganz schnell: Am 18.12.2020 legte das BMJV einen umfassenden Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungs-RL (RefE-DiRUG) vor (dazu Knaier, GmbHR 2021, 169; J. Schmidt, ZIP 2021, 112; Überblick bei Ulrich, GmbHR 2021, R35). Keine zwei Monate später folgte am 10.2.2021 der Regierungsentwurf (RegE-DiRUG). Dieser liegt nun dem Bundesrat zur Stellungnahme vor, bevor er im Deutschen Bundestag beraten werden wird. Art. 31 RegE-DiRUG sieht ebenso wie schon Art. 30 des Referentenentwurfs vor, dass das DiRUG am 1.8.2022 unter voller Ausschöpfung der verlängerten Umsetzungsfrist in Kraft treten soll. Dies ist begrüßenswert und daran sollte unbedingt festgehalten werden, keineswegs jedoch um das Tempo aus dem Digitalisierungsgalopp herauszunehmen; vielmehr wird so der Praxis – insbesondere den Registergerichten und Notaren – ausreichend Zeit gewährt, den umfassenden Neuerungen – etwa Errichtung und Betrieb der erforderlichen digitalen Infrastruktur und Schulung der Notare – Rechnung zu tragen. Zusätzlich hat bis zum 1.1.2022 ohnehin jeder Notar ein elektronisches Urkundenarchiv zu führen. Dieses stünde zum Inkrafttreten des DiRUG dann bereits zur Verfügung und wäre auch schon erprobt.

Während im Gesetzgebungsverfahren viel Bewegung herrscht, entspricht der RegE-DiRUG im Wesentlichen dem sehr gelungenen Referentenentwurf (zu den Inhalten im Detail Knaier, GmbHR 2021, 169; J. Schmidt, ZIP 2021, 112). Die noch erfolgten Änderungen sind vor allem „technischer“ Natur. Durch das DiRUG soll insbesondere die rein digitale Gründung einer GmbH ermöglicht werden. Daneben werden weitere Online-Verfahren für Registeranmeldungen bereitgestellt. Zugleich soll hierbei das bewährte System der vorsorgenden Rechtspflege mit einer starken Rolle des Notars über ein notarielles Verfahren mittels Videokommunikation erhalten bleiben. Außerdem sind Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch hinsichtlich inhabiler Geschäftsführer sowie Konzepte für die Verbesserung der Registervernetzung und Informationszugänglichkeit im Binnenmarkt und die Optimierung des Informationsaustauschs über Zweigniederlassungen im grenzüberschreitenden Kontext vorgesehen.

Im Hinblick auf die Musterprotokollverfahren sieht der RegE-DiRUG eine Änderung im Vergleich zum Referentenentwurf vor. Weder Referenten- noch Regierungsentwurf nehmen sich jedoch intensiv der massiven Praxisprobleme bei der Musterprotokollgründung (hierzu aktuell Knaier, ZNotP 2021, 9), die in den vergangenen 10 Jahren offenbar wurden, an (dazu schon Knaier, GmbHR 2021, 169, 177 f.). Statt einer dringend notwendigen Überarbeitung der beiden bisher in der Anlage zum GmbHG befindlichen Musterprotokolle werden zwei weitere Musterprotokolle für die Online-Gründung einer GmbH durch eine oder mehrere Personen in einer neuen Anlage 2 zum GmbHG eingefügt. Der RegE-DiRUG sieht in diesem Zusammenhang nun die Möglichkeit vor, dass bei der Online-Musterprotokollgründung eine unechte Gesamtvertretung der Gesellschaft durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen vereinbart werden kann. Die Praxisuntauglichkeit der Musterprotokolle wird hierdurch allein jedoch keineswegs aufgehoben (siehe Knaier, GmbHR 2021, 169, 178).

Des Weiteren wurden trotz Forderungen aus der Wissenschaft (siehe Knaier, GmbHR 2021, 169, 172; J. Schmidt, ZIP 2021, 112, 118) und in den Stellungnahmen verschiedener Verbände zum RefE-DiRUG (etwa der BNotK und des DAI) die Online-Verfahren zur Registeranmeldung nicht auf Personenhandelsgesellschaften erweitert. Wahrscheinlich wird sich dies auch im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht mehr ändern, was angesichts dessen, dass die Reform des Personengesellschaftsrechts fast vollendet ist, durchaus bedauerlich ist. Indes erscheint es wahrscheinlich, dass Personengesellschaften im Zuge der Evaluierung des DiRUG in die Online-Verfahren miteinbezogen werden könnten.

Das Fazit zum DiRUG fällt angesichts des Regierungsentwurfs trotz der genannten Kritikpunkte weiterhin positiv aus. Es bleibt zu hoffen, dass das Umsetzungsgesetz im Sprint noch in dieser Legislaturperiode die Ziellinie überquert, ohne dass ein zusätzlicher Hürdenlauf gemeistert werden muss.

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