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BGH: Kosten bei Wechsel des Reisenden dürfen „ausarten“

Dr. Matthias Böse  Dr. Matthias Böse
Rechtsanwalt und Fachanwalt Gewerblicher Rechtsschutz

Der BGH hatte sich mit einer interessanten Regelung auseinanderzusetzen, die bei Reiseverträgen Anwendung findet: § 651b BGB. Hiernach darf der Reisende (mit gewissen Beschränkungen) bestimmen, dass ein Dritter für ihn die Reise antritt. Der beteiligte Reiseveranstalter verlangte für eine Änderung des Namens des Reisenden aber die Erstattung der ihm entstehenden Mehrkosten des Fluges. Da der Flug nach den Tarifbedingen keine Namensänderung zuließ, sollte dies zu einer Stornierung mit Neubuchung führen, verbunden mit den Kosten für diesen neuen Flug. Der Reisende trat vom Reisevertrag zurück und verlangte die Erstattung des Reisepreises.

Der BGH ist der Ansicht, dass der Reiseveranstalter die ihm entstehenden Kosten 1:1 weiterleiten kann und auch insbesondere nicht gezwungen ist, nur solche Flugtarife anzubieten, die einen kostenfreien (oder preiswerten) Namenswechsel erlauben.

Diese Entscheidung ist äußerst bedenklich. Das Recht des Reisenden, einen Ersatzpassagier zu bestimmen, wird hierdurch quasi faktisch eingestampft, da erhebliche Zuzahlungen drohen. Wenn auch die EG-Pauschalreiserichtlinie ebenfalls in Art. 4 Abs. 4 lit. a) die Umlage etwaiger Mehrkosten vorsieht, dürfte es zweifelhaft sein, von Veranstaltern nicht zu verlangen, Tarife bei Pauschalreisen zu verhandeln, die die Namensänderung lediglich zu einem angemessenen, den tatsächlichen Aufwand deckenden, Entgelt durchzuführen.

Im Übrigen stellt sich, zumindest bei nationalen Sachverhalten (Deutsche Airline, deutscher Veranstalter, deutscher Reisender) auch die Frage, inwieweit bei einer Stornierung mit darauf folgender Neubuchung auf eine dritte Person tatsächlich Mehrkosten anfallen. Die Instanzrechtsprechung hält § 649 S. 2 BGB, der hier bei Flugbuchungen anwendbar ist, nicht in AGB für abdingbar, wenn es um die Frage des Stellens von Ersatzpassagieren geht. Eine Stornierung mit nachfolgender Neubuchung dürfte dabei dazu führen, dass überhaupt keine Mehrkosten anfallen (exemplarisch zwei vom Autor erwirkte Entscheidungen: AG Charlottenburg Hinweisbeschluss vom 08.09.2016 Az.: 203 C 367/16; AG Köln Urteil vom 24.09.2012 Az.: 114 C 22/12). Sobald jedoch Airlines aus dem Ausland Gegenstand der Pauschalreise sind, dürfte sich dies nicht mehr so pauschal beantworten lassen.

Ein möglicher „Workaround“ wäre es, vom Reiseveranstalter nur die sonstigen Leistungen (Hotel, Mietwagen…) umbuchen zu lassen und dann aufgrund der vorgenannten Entscheidungen direkt gegen die Airline vorzugehen, wobei der Reisende zunächst bezüglich des Ersatzpassagiers in Vorkasse gehen müsste. Hier kommt es auch auf Besonderheiten des Einzelfalls an, was die Risiken des Reisenden angeht.

 

Die Entscheidungen des BGH sind nicht auf reine Flugbuchungen anwendbar, da § 651b eine Gesamtheit von Reiseleistungen, also z.B. eine Bündelung von Hotel und Flug oder Flug und Mietwagen vorsieht.

BGH Urteile vom 27. September 2016 – X ZR 107/15 und X ZR 141/15 Presseinfo 

Mehr zum Autor: Dr. Matthias Böse ist Rechtsanwalt und Fachanwalt Gewerblicher Rechtsschutz in der Kanzlei Franz LLP.

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