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Keine Gebührenermäßigung für Vergleich bei gerichtlich vorbehaltener Kostenentscheidung

Dr. Frank O. Fischer  Dr. Frank O. Fischer
Richter am Amtsgericht

Die Beklagten schlossen in der Berufungsinstanz einen Vergleich, konnten sich aber offenbar über die Kostenverteilung nicht einig werden. Sie überließen daher die Kostenentscheidung dem Gericht, verzichteten aber auf eine Begründung der zu treffenden Entscheidung. Das Gericht erließ demgemäß einen entsprechenden Kostenbeschluss.

Nach Abschluss der Instanz wurden vom Kostenbeamten alle vorgesehenen Gebühren (in der Berufungsinstanz vier) in Rechnung gestellt. Der Kostenschuldner wollte aber nur zwei Gebühren zahlen. Bekanntlich ermäßigen sich die vier Gebühren auf zwei wenn ein Vergleich geschlossen wird, der allerdings das gesamte Verfahren erledigen muss. Dies war hier nicht der Fall, da die Kostenregelung offen blieb. Gemäß Nr. 1223 KV GKG fallen allerdings nur drei Gebühren an, wenn das gesamte Verfahren durch ein Urteil beendet wird, das wegen eines Verzichtes der Parteien nach § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO keine schriftliche Begründung enthält. Die Voraussetzungen des Wortlautes dieser Vorschrift waren hier ersichtlich nicht erfüllt, da kein Urteil, sondern ein Beschluss ergangen war. Der enttäuschte Kostenschuldner warf aber im Erinnerungsverfahren nach § 66 GKG die Frage auf, ob nicht eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt geboten sei.

Das OLG Düsseldorf (Beschl. v. 16.8.2016 – I-10 W 229/16) greift diese Frage auf, verneint sie aber. Es fehlt an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke. Im Gesetzgebungsverfahren wurden verschiedene Fallkonstellationen von Gebührenermäßigungen erörtert. Alsdann wurde ausdrücklich von einer Ermäßigung nur ausgegangen, wenn das gesamte Verfahren durch den Ermäßigungstatbestand erledigt wird. In der hier vorliegenden Konstellation war das gesamte Verfahren gerade nicht durch den Vergleich erledigt worden. Für derartige Fälle wollte der Gesetzgeber eben keine Ermäßigung anerkennen.

Das OLG Celle (Beschl. v. 19.4.2011 – 2 W 89/11) hatte dies übrigens noch anders gesehen und eine analoge Anwendung befürwortet! Dem OLG Düsseldorf war vor kurzer Zeit das OLG Braunschweig gefolgt (Beschl. v. 2.6.2015 – 2 W 19/15). Interessant ist, dass das OLG Düsseldorf beide Entscheidungen gar nicht erwähnt.

Praxistipp: Damit bleibt hier die Erinnerung des Kostenschuldners erfolglos. Wer auf eine Gebührenermäßigung wert legt, sollte daher auf eine Gesamterledigung des Verfahrens durch einen Vergleich oder ein Urteil nach § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO achten und sich damit erst gar nicht auf diese Kontroverse einlassen.

Erwähnenswert ist noch ein kleiner Nebenaspekt der Entscheidung: Da sich der Kostenschuldner auch noch über in Rechnung gestellte Sachverständigenkosten beschwert hatte, sah sich das OLG Düsseldorf zu folgenden Anmerkungen veranlasst: „Soweit die Einwendungen des Kostenschuldners sich auf die Qualität der Sachverständigenleistung beziehen, hat diese auf die Höhe der zu gewährenden Vergütung keinen Einfluss. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf das Werk des Sachverständigen, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt (…). Deshalb sind sachliche Richtigkeit und Ãœberzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Vergütung; es kommt lediglich darauf an, dass diese Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie das Gericht oder die Parteien das Gutachten inhaltlich beurteilen (…).“ Kann man das schöner sagen?

 

Mehr zum Autor: Dr. Frank O. Fischer ist Richter am AG in Offenbach/Main. Er gehört zum festen Autorenteam der MDR und ist Mitautor des Prozessformularbuchs (Hrsg. Vorwerk).

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