In einem Arzthaftungsprozess hatte das LG – sachverständig beraten – die Klage abgewiesen. Das OLG kündige in einem 15 Seiten langen Beschluss an, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Es räumte dem Kläger eine Frist zur Stellungnahme von mehreren Wochen ein, die am 29.6.2017 endete und führt u. a. aus: Die Frist sei schon länger als die übliche Zweiwochenfrist. Fristverlängerungen kämen daher nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Der Klägervertreter beantragte gleichwohl eine Fristverlängerung und begründet diese wie folgt: Er sei der alleinige Sachbearbeiter dieses Falles und vom 9. bis zum 26.6.2017 in Urlaub. Die notwendige Besprechung mit dem Kläger könne erst danach stattfinden. Das OLG wies den Fristverlängerungsantrag mit Beschluss vom 12.6.2017 zurück, entschied am 30.6.2017 und wies die Berufung zurück.
Das BGH (Beschl. v. 15. Mai 2018 – VI ZR 287/17, MDR 2018, 1014) akzeptiert dies zu Recht nicht. Eine von einem Gericht gesetzte Frist muss objektiv ausreichen, um auch eine fundierte Stellungnahme abgeben zu können, anderenfalls wird der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt. Der von dem Kläger ins Feld geführte Grund für die Fristverlängerung konnte von dem Gericht noch nicht berücksichtigt werden, als es die Frist gesetzt hatte. Der Kläger hatte das Gesuch um Fristverlängerung nachvollziehbar und eingehend begründet. Dieses Gesuch hätte daher nicht zurückgewiesen werden dürfen.
Eine nicht ganz geringe Anzahl von Gerichten bzw. Spruchkörpern ist mit ihrer Tätigkeit meistenteils zeitlich eher im Rückstand. Besonders deutlich sieht man dies immer bei den Entscheidungen des BVerfG. Großes Erstaunen bei der Anwaltschaft löst es mitunter aus, wenn auf einen Antrag auf Verlegung eines Termins mit einer Vorverlegung reagiert wird. Es gibt aber immer wieder Gerichte bzw. Spruchkörper, die keinerlei Rückstände haben. Diese neigen dann oftmals zu einer Überbeschleunigung. Zwar sollen gemäß § 272 Abs. 3 ZPO die Güteverhandlung und die mündliche Verhandlung so früh wie möglich stattfinden. Mit einer Überbeschleunigung ist aber in aller Regel niemandem gedient. Außerdem muss auch ein Rechtsanwalt einmal in Urlaub fahren können und dürfen. Und: Dass es sich nach dem Urlaub die Aktenbearbeitung immer staut (woran auch die Digitalisierung nichts ändern wird), dürfte jedem Richter bekannt sein. Vor diesem Hintergrund mutet die Entscheidung des OLG eher kurios an und ist vom BGH zu Recht aufgehoben worden.