Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um das Verbot von Provisionen für die Vermittlung von Aufträgen für Rechtsanwälte.

Vermittlung von Anwaltsdienstleistungen im Internet
BGH, Urteil vom 18. April 2024 – IX ZR 89/23

Der IX. Zivilsenat befasst sich mit Tatbestand und Rechtfolgen von § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO.

Die Klägerin betreibt ein Internetportal, auf dem Dienstleistungen für Betroffene im Zusammenhang mit einem möglichen Verkehrsverstoß angeboten werden. Zur rechtlichen Überprüfung der gegen einen Betroffenen erhobenen Vorwürfe arbeitet sie mit Rechtsanwaltskanzleien zusammen, unter anderem mit der beklagten GmbH. Die Kanzlei, an die die Klägerin den Betroffenen verweist, übernimmt dessen rechtliche Betreuung, prüft die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den erhobenen Vorwurf und übernimmt auf Wunsch des Betroffenen die weitere Vertretung. Sie hat an die Klägerin eine Lizenzgebühr zu zahlen, wenn die Rechtsschutzversicherung des Betroffenen eine Deckungszusage erteilt.

Für ihre diesbezüglichen Vermittlungsleistungen im Zeitraum vom 1.12.2020 bis 30.6.2021 begehrt die Klägerin von der Beklagten Lizenzgebühren in Höhe von rund 230.000 Euro. Die Klage ist in den beiden ersten Instanzen ohne Erfolg geblieben.

Die Revision der Klägerin hat ebenfalls keinen Erfolg.

Das OLG hat zu Recht entschieden, dass die Vereinbarung zwischen den Parteien gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verstößt.

Das dort normierte Verbot einer entgeltlichen Vermittlung von Anwaltsmandaten richtet sich nicht nur gegen einen Anwalt, der für die Vermittlung einen Teil seiner Gebühren abgibt oder sonstige Vorteile gewährt, sondern auch gegen Dritte, die solche Vorteile entgegennehmen.

Die Klägerin hat im Streitfall Vermittlungsleistungen dieser Art erbracht. Ihre Tätigkeit erschöpft sich nicht im Betreiben einer Plattform, auf der Anwälte ihre Dienstleistungen anbieten. Vielmehr übermittelt sie der Partnerkanzlei den jeweiligen Fall bereits mit unterschriebener, auf diese lautender Vollmacht.

Ebenfalls zu Recht hat das OLG entschieden, dass eine gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verstoßende Vereinbarung gemäß § 134 BGB nichtig ist.

Ein Bereicherungsanspruch ist schon durch § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die darin vorgesehene Kondiktionssperre greift nach der Rechtsprechung des BGH nur, wenn der Leistende vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns zumindest leichtfertig verschlossen hat. Im Streitfall liegt die zuletzt genannte Voraussetzung in der Person der Klägerin (als Erbringerin der Vermittlungsleistung) vor.

Ein Anspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss besteht ebenfalls nicht. Die Beklagte war nicht verpflichtet, auf Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vertrags hinzuweisen, weil sich die Klägerin intensiv und jahrelang mit § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO befasst und nach Möglichkeiten einer rechtswirksamen Vertragsgestaltung gesucht hatte. Dass die Beklagte die erkannte Unwirksamkeit des Vertrags für sich ausgenutzt hätte, ist nicht geltend gemacht.

Praxistipp: Der Rückforderung bereits gezahlter Vergütungen aus solchen Verträgen dürfte ebenfalls die Kondiktionssperre aus § 817 Satz 2 BGB entgegenstehen.

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