Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers bei einer Wohngebäudeversicherung.

Obliegenheit des Versicherungsnehmers zur Einhaltung von Sicherheitsvorschriften
BGH, Urteil vom 25. September 2024 – IV ZR 350/22

Der IV. Zivilsenat bestätigt eine Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung.

Der Kläger unterhält bei den beklagten Versicherern eine Wohngebäudeversicherung. Im September wurde das versicherte Gebäude bei einem Brand beschädigt. Ausgangspunkt des Brandes war ein vom Kläger an der Hausfassade errichteter Pizzaofen. Der zuständige Bezirksschornsteinfegermeister hatte dem Kläger während der Errichtung bestimmte Vorgaben gemacht. Nach Fertigstellung nahm der Kläger den Ofen ohne Abnahme in Betrieb. Nach dem Brand teilte er der Versicherungsmaklerin mit, der Schornsteinfeger habe auf eine Abnahme verzichtet. Diese Mitteilung stellte sich im Laufe des Prozesses als unwahr heraus.

Das LG hat die auf Ersatz der entstandenen Schäden und auf Feststellung der Ersatzpflicht gerichtete Klage abgewiesen und den Kläger zur Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse verurteilt. Das OLG hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache für das Betragsverfahren an das LG zurückverwiesen.

Die vom BGH zugelassene Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das OLG.

Das Urteil des OLG unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil das OLG nur über den Zahlungsanspruch entschieden hat, nicht aber über den Feststellungsantrag, und deshalb ein unzulässiges Teilurteil vorliegt.

Unabhängig davon hat das OLG eine Obliegenheitsverletzung des Klägers mit nicht tragfähiger Begründung verneint.

Die Klausel unter B § 8 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa VGB 2014 (Allgemeine Versicherungsbedingungen der Wohngebäudeversicherung, Stand 2014), die den Versicherungsnehmer zur Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen und vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften verpflichtet, ist weder überraschend oder unangemessen noch intransparent. Die Bezugnahme auf gesetzliche und behördliche Vorschriften ist zwar dynamisch, bezieht sich also auch auf Änderungen der einschlägigen Vorgaben. Eine solche Verweisung ist aber auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulässig. Eine ausdrückliche Aufzählung aller einschlägigen Vorschriften und Anordnungen ist nicht erforderlich.

Darüber hinaus hat das Berufungsgericht auch ein arglistiges Verhalten des Klägers mit nicht tragfähiger Begründung verneint.

Wenn feststeht, dass Angaben des Versicherungsnehmers im Zusammenhang mit der Schadensregulierung objektiv fasch sind, muss der Versicherungsnehmer plausibel darlegen, wie und weshalb es zu diesen Angaben gekommen ist. Nur wenn er entlastende Umstände vorträgt, obliegt es dem Versicherer, diesen Vortrag zu widerlegen. Im Streitfall hat der Kläger seiner sekundären Darlegungslast nicht genügt.

Praxistipp: Wenn ein Zahlungsantrag mit einem Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden verbunden ist, darf ein Grundurteil über den Zahlungsanspruch nur zusammen mit einer Entscheidung über den Feststellungsantrag ergehen.

Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Voraussetzungen für die Adoption eines durch private Samenspende gezeugten Kindes durch die Ehefrau der Mutter.

Zustimmung des privaten Samenspenders zur Adoption
BGH, Beschluss vom 31. Juli 2024 – XII ZB 147/24

Der XII. Zivilsenat bestätigt und ergänzt seine Rechtsprechung zu § 1747 BGB.

Die Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2 sind seit Dezember 2017 miteinander verheiratet. Im Juli 2020 gebar die Beteiligte zu 2 ein Kind, das durch private Samenspende gezeugt worden war. Anfang 2020 beantragte die Beteiligte zu 1 mit Zustimmung der Beteiligten zu 2 die Annahme des Kindes. Namen und Adresse des Samenspenders haben sie nicht mitgeteilt. Nach ihrem Vorbringen hat der Spender anlässlich des gerichtlichen Verfahrens in einem Telefongespräch erklärt, auf keinen Fall namentlich benannt werden zu wollen. Deshalb bestehe die Befürchtung, dass er sich bei Preisgabe seines Namens gegen seinen Willen zurückziehe und zu einem späteren Kontakt mit dem Kind nicht mehr bereit sei. Zum Beweis ihres Vortrags haben sie Screenshots einer WhatsApp-Kommunikation vorgelegt.

Das AG hat den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Nach § 1747 Abs. 1 Satz 1 BGB ist für die Adoption die Einwilligung beider Eltern erforderlich. Wenn es keinen rechtlichen Vater im Sinne von § 1592 BGB gibt, gilt gemäß § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB als Vater, wer die Voraussetzungen des § 1600d Abs. 2 Satz 1 (Geschlechtsverkehr während der Empfängniszeit) glaubhaft macht. Im Zusammenhang mit § 1747 Abs. 1 BGB steht hierbei eine private Samenspende dem Geschlechtsverkehr gleich.

Die Sonderregelung in § 1600d Abs. 4 BGB, wonach ein Samenspender nicht als Vater festgestellt werden kann (und deshalb auch dessen Zustimmung zur Adoption nicht erforderlich ist), wenn die künstliche Befruchtung mit ärztlicher Unterstützung erfolgt ist und der Samen in einer Entnahmeeinrichtung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Samenspenderregistergesetzes gespendet wurde, gilt für eine private Samenspende nicht.

Nach § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB ist die Einwilligung eines Elternteils entbehrlich, wenn dieser zur Abgabe einer Erklärung dauernd außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Dieser Ausnahmetatbestand ist nicht erfüllt, wenn die Verfahrensbeteiligten Name und Kontaktdaten des Samenspenders kennen, diese Informationen dem Gericht aber nicht zur Verfügung stellen.

Bei einer privaten Samenspende ist die Zustimmung des Spenders ferner nicht erforderlich, wenn der Spender dem Adoptionsverfahren nicht beitritt. Dies gilt jedoch nur, wenn das Gericht den Spender gemäß § 7 Abs. 4 FamFG von der Einleitung des Verfahrens benachrichtigt hat. Hierzu müssen die Beteiligten dem Gericht Name und Kontaktdaten des Spenders mitteilen, sofern sie über diese Informationen verfügen. Die bloße Mitteilung, der Spender sei an einem Beitritt nicht interessiert, genügt nicht. Die Vorlage von schriftlicher Kommunikation zwischen den Beteiligten und dem Spender genügt ebenfalls nicht, wenn daraus die Identität des Spenders nicht hervorgeht.

Im vorliegenden Fall darf die Adoption danach nicht ausgesprochen werden, weil die Beteiligten Namen und Kontaktdaten des Spenders kennen, aber nicht mitgeteilt haben. Besondere Umstände, die die Mitteilung dieser Informationen als unzumutbar erscheinen lassen können, sind nicht ersichtlich.

Praxistipp: Die Einwilligung in eine Adoption bedarf gemäß § 1750 Abs. 1 Satz 2 BGB der notariellen Beurkundung.

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Diese Woche geht es um das Erfordernis einer familiengerichtlichen Genehmigung für die Ausschlagung einer Erbschaft.

Kein Genehmigungserfordernis für lenkende Ausschlagung
BGH, Beschluss vom 4. September 2024 – IV ZB 37/23

Der IV. Zivilsenat befasst sich mit § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB.

Die Beteiligten sind der Witwer, die beiden Kinder und der Enkel einer im Jahr 2022 verstorbenen Erblasserin. Diese hatte im Rahmen einer gegenseitigen Erbeinsetzung durch Erbvertrag ihren Ehemann zum Alleinerben bestimmt. Als Ersatzerben sind im Vertrag die beiden Kinder vorgesehen, ersatzweise deren Abkömmlinge.

Der Witwer und die beiden Kinder streben aus steuerlichen Gründen an, anstelle der vertraglich bestimmten Erbfolge die gesetzliche Erbfolge eintreten zu lassen. Deshalb haben sie die Erbschaft aus dem Berufungsgrund der gewillkürten Erbenstellung ausgeschlagen. Der Sohn und dessen Ehefrau haben dieselbe Erklärung auch im Namen ihres Kindes abgegeben.

Den daraufhin gestellten Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, das den Witwer und die beiden Kinder als gesetzliche Erben zu ½ bzw. zu jeweils ¼ ausweist, wies das AG zurück. Die dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Der BGH weist das AG an, das Europäische Nachlasszeugnis wie beantragt zu erteilen.

Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, dass der Witwer und die beiden Kinder ihre Stellung als vertraglicher Erbe wirksam ausgeschlagen haben.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist auch die im Namen des Enkels erklärte Ausschlagung wirksam.

Nach § 1643 Abs. 1 und § 1851 Nr. 1 BGB können Eltern im Namen ihres minderjährigen Kindes eine Erbschaft nur mit Genehmigung des Familiengerichts ausschlagen. Nach§ 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB ist eine Genehmigung entbehrlich, wenn die Erbschaft erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils eintritt, der das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt.

Wie auch die Vorinstanzen nicht verkannt haben, ist der Tatbestand dieser Ausnahmevorschrift im Streitfall dem Wortlaut nach erfüllt. Entgegen einer in Literatur und Instanzrechtsprechung verbreiteten Auffassung ist eine so genannte lenkende Ausschlagung – d.h. eine Ausschlagung, die zur Folge hat, dass der die Erklärung im Namen des Kindes abgebende Elternteil gesetzlicher Erbe wird – von diesem Tatbestand nicht aus anderen Gründen ausgenommen. Für eine teleologische Reduktion der Vorschrift fehlt es schon an einer planwidrigen Regelungslücke.

Nach § 1643 Abs. 3 Satz 1 BGB bleibt eine Genehmigung erforderlich, wenn ein ausschlagender Elternteil und das von ihm vertretene Kind Miterben sind. In dieser Konstellation besteht nach Einschätzung des Gesetzgebers ein Interessenkonflikt, weil es um eine Rechtsstellung geht, die das Kind unabhängig von der Entscheidung des Elternteils innehat. Ein vergleichbarer Interessenskonflikt droht nicht, wenn das Kind nur deshalb zum Erben berufen ist, weil ein Elternteil die Erbschaft ausgeschlagen hat. Wenn in diesem Fall der im Namen des Kindes ausschlagende Elternteil gesetzlicher Erbe wird, kann zwar ebenfalls ein Interessenkonflikt drohen. Der Gesetzgeber hat sich aber bewusst dafür entschieden, diese Konstellation dennoch vom Genehmigungserfordernis auszunehmen.

Praxistipp: Die Ausschlagung einer Erbschaft muss gemäß § 1944 BGB innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis von Anfall und Grund erfolgen, und zwar gemäß §1945 BGB durch öffentlich beglaubigte oder zu Protokoll abgegebene Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht.

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Diese Woche geht es um die Beweiskraft einer notariellen Urkunde.

Beweiskraft einer notariellen Urkunde
BGH, Beschluss vom 28. August 2024 – XII ZR 62/22

Der XII. Zivilsenat befasst sich mit der Reichweite von § 415 ZPO.

Der Kläger nimmt den Beklagten wegen Verletzung von Pflichten als Betreuer in Anspruch.

Der Beklagte war von September 2015 bis Februar 2016 als vorläufiger Betreuer und von März 2016 bis März 2017 als Betreuer für seine im Jahr 1935 geborene und im Laufe des Rechtsstreits verstorbene Großmutter (nachfolgend: Erblasserin) eingesetzt. Am 30. Dezember 2015 veräußerte er die Wohnung der Erblasserin in einem notariell beurkundeten Kaufvertrag für 120.000 Euro an eine Bekannte seiner Mutter. Nach dem Kaufvertrag hat die Erblasserin alle mit dem Vertrag verbundenen Kosten und die Grunderwerbsteuer zu tragen.

Das Betreuungsgericht teilte dem Beklagten mit Verfügung vom 31. März 2016 mit, gegen die Veräußerung der Wohnung bestünden im Grundsatz keine Bedenken. Die Angemessenheit des Kaufpreises sei aber durch ein Gutachten eines vereidigten Sachverständigen zu belegen. Die vom Beklagten vorgelegte Wertermittlung durch einen Immobilienmakler reiche nicht aus.

Daraufhin genehmigte die (unstreitig geschäftsfähige) Erblasserin den Kaufvertrag am 5. April 2016 in einer notariellen Urkunde. Diese Urkunde enthält unter anderem die Erklärung, der Notar habe der Erblasserin den wesentlichen Inhalt des Kaufvertrages erklärt und insbesondere darauf hingewiesen, dass der vereinbarte Kaufpreis 120.000 Euro beträgt und dass dieser Betrag einer gutachterlichen Stellungnahme des Maklers H. entspricht.

Seit März 2017 war die Erblasserin durch einen Berufsbetreuer vertreten. Dieser machte geltend, der Marktwert der Wohnung sei bedeutend höher gewesen, und nahm den Beklagten im Namen der Erblasserin auf Schadensersatz in Höhe von rund 58.000 Euro in Anspruch. Seit dem Tod der Erblasserin verfolgt deren Erbe – ein Cousin des Beklagten – den Anspruch weiter.

Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Im Ansatz zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass die notarielle Urkunde vom 5. April 2016 gemäß § 415 Abs. 1 ZPO vollen Beweis dafür erbringt, dass die beurkundete Erklärung abgegeben worden ist. Ebenfalls zutreffend hat das OLG angenommen, dass der Kläger – der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt – weder behauptet noch unter Beweis gestellt hat, dass der Vorgang unrichtig beurkundet worden ist.

Das OLG hat aber verkannt, dass sich die Beweiswirkung des § 415 Abs. 1 ZPO nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der abgegebenen Erklärung erstreckt.

Im Streitfall ist durch die Urkunde nur bewiesen, dass die Erblasserin den Kaufvertrag genehmigt und bestätigt hat, dass ihr der Notar den wesentlichen Inhalt des Kaufvertrags erklärt hat. Ob diese Bestätigung inhaltlich zutrifft, hat der Tatrichter hingegen auf der Grundlage von § 286 ZPO zu beurteilen.

Deshalb hätte das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers nachgehen müssen, der Notar habe die Erblasserin nicht darauf hingewiesen, dass die Übernahme aller Kosten und Steuern durch den Veräußerer unüblich ist und dass hinsichtlich des Werts der Wohnung nur die Stellungnahme eines Maklers, nicht aber ein Wertgutachten eines Sachverständigen vorliege.

Dieses Vorbringen ist erheblich. Ein Betreuer muss vor dem Verkauf eines Grundstücks grundsätzlich ein Verkehrswertgutachten einholen. Diese Pflicht besteht nicht, wenn der Betreute sein Einverständnis mit der abweichenden Verfahrensweise erklärt. Auf ein solches Einverständnis kann sich der Betreuer aber nicht berufen, wenn er die Betreute nicht hinreichend über den Inhalt und die Bedeutung des Geschäfts aufgeklärt hat.

Praxistipp: Auch wenn die Beweiswirkung des § 415 Abs. 1 ZPO nicht greift, kann die Darlegungs- und Beweislast bei der Partei liegen, die die Richtigkeit der Urkunde angreift. So muss im Streitfall der Kläger darlegen und beweisen, dass der Beklagte die ihm gegenüber der Erblasserin obliegende Aufklärungspflicht verletzt hat.

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Diese Woche geht es um die ersatzfähigen Behandlungskosten eines gesetzlich versicherten Geschädigten.

Darlegungslast für Behandlungskosten
BGH, Urteil vom 9. Juli 2024 – VI ZR 252/23

Der VI. Zivilsenat befasst sich erneut mit einer Schnittstelle zwischen Zivil- und Sozialrecht.

Die klagende Krankenkasse verlangt vom beklagten Haftpflichtversicherer Erstattung von Behandlungskosten eines Versicherten, der bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden ist. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach und die Schwere der erlittenen Verletzungen stehen außer Streit. Die Klägerin hat für die Behandlung in einem Universitätsklinikum rund 58.000 Euro bezahlt und für die Behandlung in einem Rehabilitationszentrum rund 36.000 Euro. Die Beklagte hat den Erstattungsanspruch in Höhe von rund 49.000 Euro anerkannt. Eine weitere Kostenerstattung lehnt sie ab, weil die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungsdaten und Berichte der Krankenhäuser nach ihrer Auffassung nicht die Prüfung ermöglichen, ob die aufgewendeten Kosten erforderlich waren.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung des nicht anerkannten Restbetrags von rund 45.000 Euro verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Entgegen der Auffassung des OLG sind die geltend gemachten Kosten nicht schon deshalb ersatzfähig, weil die Klägerin nach sozialrechtlichen Vorschriften zur Zahlung der abgerechneten Beträge an die Krankenhäuser verpflichtet ist. Die Klägerin kann lediglich Ersatzansprüche des Geschädigten geltend machen, die gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf sie übergegangen sind. Der Übergang des Anspruchs auf die Klägerin ändert nichts daran, dass nur derjenige Schaden zu ersetzen ist, der dem Geschädigten entstanden ist.

Entgegen der Auffassung des OLG ist die Regelung in § 118 SGB X, wonach eine unanfechtbare Entscheidung eines Sozial- oder Verwaltungsgerichts oder eines Sozialversicherungsträgers über Grund oder Höhe einer dem Leistungsträger obliegenden Verpflichtung für die Zivilgerichte grundsätzlich bindend ist, in diesem Zusammenhang weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Für die Höhe des Klageanspruchs ist nicht maßgeblich, in welchem Umfang die Klägerin gegenüber ihrem Versicherten zur Leistung verpflichtet ist, sondern nur, welche Behandlungskosten für den Geschädigten erforderlich waren.

Der Übergang des Ersatzanspruchs auf den Sozialversicherungsträger darf auch nicht zu einer Änderung der Darlegungs- und Beweislast zu Lasten des Schädigers führen. Die Klägerin muss die Erforderlichkeit der geltend gemachten Behandlungskosten deshalb in gleicher Weise darlegen und unter Beweis stellen, wie dies der Geschädigte selbst tun müsste.

Deshalb sind die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungsunterlagen der Krankenhäuser (so genannte Grouper-Ausdrucke) zur Darlegung der Schadenshöhe nicht ausreichend. Diese Unterlagen ermöglichen allenfalls eine beschränkte Überprüfung darauf, ob die abgerechneten Kosten erforderlich waren. Die sozialrechtlichen Vorschriften, nach denen die Vorlage solcher Unterlagen eine Zahlungspflicht der Krankenkassen begründet, entfalten im Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem keine Wirkung. Wegen ihres beschränkten Inhalts können sie allenfalls einen Anhaltspunkt für die Erforderlichkeit der Kosten begründen, nicht aber ein starkes Indiz oder gar eine Vermutung.

Der Grundsatz, wonach der Schädiger das so genannte Werkstattrisiko trägt, ist in der Konstellation des Streitfalls nicht anwendbar. Er greift nicht, wenn der Geschädigte seinen Ersatzanspruch an die Werkstatt abtritt. Für den gesetzlichen Anspruchsübergang nach § 116 SGB X gilt nichts anderes.

Praxistipp: Nach § 294a Abs. 1 Satz 1 SGB V sind Krankenhäuser verpflichtet, der Krankenkasse die erforderlichen Daten, einschließlich der Angaben über Ursachen und den möglichen Verursacher, mitzuteilen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Krankheit die Folge eines Unfalls ist.

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Diese Woche geht es um die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und privater Tätigkeit eines Durchgangsarztes.

Erstversorgung durch den Durchgangsarzt
BGH, Urteil vom 30. Juli 2024 – VI ZR 115/22

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit der Abgrenzung zwischen Erstversorgung und weiterer Heilbehandlung.

Die damals achtjährige Klägerin wurde am 20.6.2012 nach einem Sturz auf dem Schulhof am späten Nachmittag in die Klinik der Beklagten eingewiesen. Nach einer Röntgenuntersuchung wurde eine Fraktur des rechten Unterarms mit Fehlstellung diagnostiziert. Gegen 17 Uhr fand ein Aufklärungsgespräch mit der Klägerin und deren Mutter statt. Um 20 Uhr wurde die Narkose eingeleitet. Bei der anschließenden Operation wurde ein die Wachstumsfuge kreuzender Draht (ein Kirschner-Draht) zur Fixierung und Stabilisierung eingebracht. Um 22:45 Uhr wurde die Klägerin auf die Normalstation verlegt.

Die Klägerin begehrt Ersatz materieller und immaterieller Schäden wegen einer dauerhaften Beeinträchtigung im Bereich des rechten Handgelenks. Sie stützt ihre Ansprüche auf fehlende medizinische Indikation, unvollständige Aufklärung und Fehler bei der Durchführung des Eingriffs. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil eine wirksame Einwilligung vorliege und ein Behandlungsfehler nicht bewiesen sei. Das OLG wies die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO wegen fehlender Passivlegitimation zurück.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Im Ansatz zutreffend ist das OLG davon ausgegangen, dass ein Durchgangsarzt – zu dessen Aufgaben die Erstversorgung und die Entscheidung über die Art der Heilbehandlung gehören – in Ausübung eines öffentlichen Amts handelt. Für Fehler, die ihm dabei unterlaufen, haftet allein der Unfallversicherungsträger, für den er tätig ist.

Ebenfalls zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zu den hoheitlichen Tätigkeiten auch die Untersuchungen und die Diagnosestellung zum Zwecke der Entscheidung über die Art der Heilbehandlung gehören. Dasselbe gilt für die Erstversorgung durch den Durchgangsarzt.

Entgegen der Auffassung des OLG gehört die im Streitfall durchgeführte Operation jedoch nicht zur Erstversorgung.

Nach § 9 des auf der Grundlage von § 34 Abs. 3 SGB VII geschlossenen Vertrages Ärzte/Unfallversicherungsträger umfasst die Erstversorgung die ärztlichen Leistungen, die den Rahmen des sofort Notwendigen nicht überschreiten. Dazu gehören etwa Wundversorgung, Verbände und Injektionen. Solche Maßnahmen finden regelmäßig vor der Entscheidung über die Art der Heilbehandlung statt.

Nach diesen Kriterien gehört die im Streitfall durchgeführte Operation bereits zur besonderen (unfallmedizinischen) Heilbehandlung im Sinne von § 11 des Vertrags. Sie wird im Durchgangsarztbericht zwar als Notoperation bezeichnet. Der zeitliche Verlauf nach Einweisung der Klägerin belegt aber, dass sie nicht sofort erforderlich war und dass insbesondere keine Notwendigkeit bestand, sie noch vor der Entscheidung über die weitere Heilbehandlung durchzuführen.

Dass die Operation im Bericht unter der Rubrik „Erstversorgung“ aufgeführt ist, vermag nicht zu einer abweichenden Beurteilung führen. Dem Durchgangsarztbericht kann bei der Abgrenzung der einzelnen Phasen zwar Bedeutung zukommen. Die Zuordnung von Maßnahmen zu den einzelnen Kategorien liegt aber nicht im Belieben des Durchgangsarztes. Im Streitfall ist die im Bericht vorgenommene Einordnung aufgrund der objektiven Umstände nicht vertretbar.

Das OLG wird deshalb nach der Zurückverweisung prüfen müssen, ob das LG einen haftungsbegründenden Tatbestand zu Recht verneint hat.

Praxistipp: Wenn unklar ist, ob eine hoheitliche oder eine private Tätigkeit vorliegt, sollte dem als Schuldner in Betracht kommenden Unfallversicherungsträger vorsorglich der Streit verkündet werden, um eine Verjährung zu vermeiden.

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Diese Woche geht es um die Verteilung der Darlegungslast zwischen dem Besteller eines Werks und einem für die Erstattung von Vorauszahlungen haftenden Bürgen.

Darlegungslast nach Kündigung eines Pauschalpreisvertrags über Werkleistungen
BGH, Urteil vom 11. Juli 2024 – VII ZR 127/23

Der VII. Zivilsenat bestätigt seine Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Darlegung eines Saldoüberschusses und ergänzt sie für den Fall, dass anstelle des Werkunternehmers ein Bürge am Prozess beteiligt ist.

Die Beklagte hatte mit einem inzwischen insolventen Bauunternehmen im Februar 2017 einen Generalunternehmervertrag über die schlüsselfertige Erstellung eines Lebensmittelmarkt für einen Pauschalpreis geschlossen. Der Vertrag sah unter anderem eine Vorauszahlung in Höhe von 400.000 Euro vor. Für Ansprüche auf Rückgewähr dieser Zahlung übernahm die Klägerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft auf erstes Anfordern.

Die Beklagte erbrachte die vereinbarte Vorauszahlung. Nach der Insolvenz der Werkunternehmerin erwirkte sie gegen die Klägerin ein Urteil auf Zahlung der gesamten Bürgschaftssumme. Die Klägerin klagte in einem Folgeprozess erfolgreich auf Rückzahlung eines Teilbetrags von rund 90.000 Euro. Den restlichen Betrag von rund 310.000 Euro verlangt sie im vorliegenden Rechtsstreit zurück.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das OLG hat die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Im Ansatz zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass in einem Rechtsstreit über die Rückforderung einer aufgrund einer Bürgschaft auf erstes Anfordern erbrachten Zahlung dieselbe Darlegungs- und Beweislast gilt wie in einem Rechtsstreit über die Geltendmachung einer gewöhnlichen Bürgschaftsforderung. Im Streitfall trägt deshalb grundsätzlich die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ihr ein Anspruch auf Erstattung der an das Bauunternehmen geleisteten Vorauszahlung zustand.

Ebenfalls zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass der Besteller in solchen Fällen darlegen muss, in welcher Höhe der erbrachten Vorauszahlung ein endgültiger Vergütungsanspruch des Unternehmers gegenübersteht. Bei einem Pauschalpreisvertrag muss der Besteller hierzu vortragen, welche Leistungen der Unternehmer erbracht hat und welche Vergütung dafür anzusetzen ist. Die hierfür maßgeblichen Preise müssen aus der dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation abgeleitet werden.

Enthält der Pauschalvertrag kein Preisverzeichnis und ist dem Besteller die zugrundeliegende Kalkulation auch nicht aus anderer Quelle bekannt, liegt es jedoch am Unternehmer, zur Kalkulation vorzutragen.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen gelten diese Grundsätze uneingeschränkt auch im Rechtsstreit zwischen dem Besteller und einem Bürgen. Wenn der Besteller die Kalkulation nicht kennt, liegt es deshalb am Bürgen, die betreffenden Informationen beim Unternehmer einzuholen. Das diesbezügliche Risiko kann er nicht auf den Besteller abwälzen.

Praxistipp: Eine vorangegangene Teilklage (hier: auf Rückzahlung von 90.000 Euro) steht einer nachfolgenden Klage auf Zahlung des Restbetrags (hier: rund 310.000 Euro) grundsätzlich nicht entgegen – es sei denn, der Restanspruch ist verjährt.

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Diese Woche geht es um die Reichweite der Gefährdungshaftung eines Tierhalters.

Spezifische Tiergefahren trotz Leitung des Tieres durch den Menschen
BGH, Urteil vom 11. Juni 2024 – VI ZR 381/23

Der VI. Zivilsenat befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen sich noch eine spezifische oder typische Tiergefahr verwirklicht.

Die klagende Krankenversicherung nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht auf Ersatz von Schäden in Anspruch, die eine Versicherungsnehmerin bei einem Unfall mit einem Hund erlitten hat.

Die Tochter des Beklagten ging im Jahr 2020 mit dessen Hund spazieren. Dort traf sie die Versicherungsnehmerin, die ebenfalls mit ihrem Hund unterwegs war. Auf einem hoch mit Gras bewachsenen Feld liefen beide Hunde zu einem Mäuseloch. Der Hund des Beklagten zog dabei seine Schleppleine hinter sich her. Als der Hund des Beklagten auf ein Kommando der Tochter zurücklief, zog sich die Leine nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Geschehen um das Bein der Versicherungsnehmerin fest, weil diese unbemerkt in eine Schlinge geraten war. Die Versicherungsnehmerin wurde umgerissen und erlitt einen Schienbeinbruch.

Die Klage auf Ersatz der Behandlungskosten in Höhe von knapp 12.000 Euro blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Wie die die Vorinstanzen in Ansatz zutreffend angenommen haben, setzt die Haftung des Tierhalters nach § 833 Satz 1 BGB voraus, dass sich eine spezifische oder typische Gefahr des Tieres verwirklicht hat, dessen Halter in Anspruch genommen wird. Diese Gefahr besteht darin, dass der Halter seine Umwelt mit einem lebenden Organismus konfrontiert, dessen Eigenschaften und Verhalten er wegen der tierischen Eigenwilligkeit nicht in vollem Umfang kontrollieren kann. Hieran fehlt es, wenn keine eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist.

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen hat sich in dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt eine spezifische Tiergefahr verwirklicht.

Im Einzelfall kann die Haftung zwar ausgeschlossen sein, wenn das Tier der Leitung eines Menschen folgt. Dieser Ausnahmetatbestand greift aber nicht, wenn das durch menschliche Leitung ausgelöste Verhalten seinerseits nicht vollständig kontrollierbar ist. Im Streitfall ist der Hund des Beklagten zwar einem Kommando der Tochter gefolgt. Die dadurch ausgelöste Bewegung stand aber nicht unter der Leitung eines Menschen.

Das Berufungsgericht wird nach der Zurückverweisung Feststellungen dazu zu treffen haben, ob sich der Unfall tatsächlich so zugetragen hat, wie die Klägerin dies geltend macht.

Praxistipp: Wenn der Schaden durch ein Verhalten eines vom Geschädigten gehaltenen Tieres mitverursacht worden ist, muss sich der Geschädigte die von diesem Tier ausgehende Gefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen.

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Diese Woche geht es um die Wirksamkeit einer Ausschlussklausel in einem Krankenversicherungsvertrag.

Intransparenz einer Ausschlussklausel in der Auslandsreisekrankenversicherung
BGH, Urteil vom 10. Juli 2024 – IV ZR 129/23

Der IV. Zivilsenat befasst sich mit einer Klausel, die den Versicherungsschutz bei einem vorher bekannten medizinischen Zustand ausschließt, und mit der Umrechnung von Aufwendungen, die in einer ausländischen Währung getätigt worden sind.

Ein Versicherter unterhielt bei der Klägerin eine Auslandskrankenschutzversicherung. Als Inhaber einer Miles & More Kreditkarte war er bei der Beklagten gegen dasselbe Risiko versichert. Im November 2018 flog der Versicherte, bei dem ein Diabetes Mellitus Typ 2 besteht, von Frankfurt nach Miami. Anfang Dezember wurde er in Florida stationär behandelt. Die Klägerin zahlte hierfür rund 34.000 Euro. Hierin sind Zahlungen in Höhe von rund 3.400 US-Dollar an einen als Provider bezeichneten Dienstleister enthalten, der die Abrechnung mit dem Krankenhaus übernommen hat. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die hälftige Erstattung der getätigten Aufwendungen. Die Beklagte beruft sich auf eine Klausel in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die eine Leistungspflicht bei einem im Zeitpunkt des Kreditkartenantrags oder der Reisebuchung bereits bekannten medizinischen Zustand ausschließen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück, bestätigt dessen Entscheidung der Sache nach aber zum überwiegenden Teil.

Die Klägerin kann die Beklagte nach Maßgabe von § 78 Abs. 2 VVG auf Innenausgleich in Anspruch nehmen, weil beide Versicherungen dasselbe Risiko abdecken. Beide Versicherungsverträge schließen die Eintrittspflicht zwar für den Fall aus, dass ein anderer Versicherer leistungspflichtig ist. Diese widerstreitenden Subsidiaritätsklauseln sind aber so auszulegen, dass sie sich gegenseitig aufheben.

Zu Recht hat das Berufungsgericht ferner den Eintritt eines Versicherungsfalls bejaht. Eine unvorhergesehene Erkrankung im Sinne des dafür maßgeblichen Tatbestands in Nr. 1.4.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen liegt auch dann vor, wenn eine bereits vorhandene Erkrankung nicht vorhergesehene Folgewirkungen zeitigt. Im Streitfall ist der Zustand, der die Behandlung erforderlich gemacht hat, zwar durch den Diabetes Mellitus verursacht worden. Diese Entgleisung ist aber keine vorhergesehene Folge.

Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden, dass die Ausschlussklausel für einen bereits bestehenden medizinischen Zustand in Nr. 1.6.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen wegen Intransparenz unwirksam ist. Die Klausel definiert nicht verständlich, was als medizinischer Zustand zu verstehen ist und in welchem Umfang das Bestehen eines solchen Zustands den Versicherungsschutz ausschließt. Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit die Leistung ausgeschlossen sein soll, obwohl eine nicht vorhergesehene Erkrankung im Sinne von Nr. 1.4.1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorliegt.

Die Beklagte ist danach zur hälftigen Erstattung der für die Behandlung der Krankheit entstandenen Kosten verpflichtet. Hierzu gehören aber nicht die Kosten für den Provider. Dieser war nicht mit der Krankenbehandlung betraut. Die für seine Tätigkeit angefallenen Kosten sind allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähig. Hierzu fehlt es an tatsächlichen Feststellungen.

Die der Klägerin zustehenden Kosten für die Behandlung können nicht abschließend beziffert werden, weil nicht festgestellt ist, welcher Euro-Betrag auf die Kosten für den Provider entfällt.

Praxistipp: Wenn für Aufwendungen, die in einer anderen Währung angefallen sind, Ersatz in Euro verlangt wird, sollte für jede einzelne Zahlung der maßgebliche Umrechnungsfaktor angegeben werden.

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Diese Woche geht es um die Versagung des Zuschlags in einer Zwangsversteigerung.

Unzulässige Einwirkung auf Teilungsversteigerung
BGH, Beschluss vom 18. Juli 2024 – V ZB 43/23

Der V. Zivilsenat befasst sich mit dem Versagungstatbestand des § 83 Nr. 6 ZVG.

Die Beteiligten sind geschiedene Eheleute und jeweils zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem noch nicht fertiggestellten Einfamilienhaus bebaut ist. Beide betreiben die Teilungsversteigerung. Der Verkehrswert des Grundstücks wurde auf 452.000 Euro festgesetzt. Bei der Feststellung des geringsten Gebots wurden bestehenbleibende Rechte in Höhe von 370.000 Euro und ein Bargebot von 10.211,47 Euro berücksichtigt.

Im Versteigerungstermin teilte der Beteiligte zu 1 den übrigen Bietinteressenten mit, er habe einen Vollstreckungsschutzantrag gemäß § 765a ZPO gestellt. Im Temin legte er Erinnerung gemäß § 766 ZPO ein. Er überreichte mehrere Mietverträge über einzelne Räume des Hauses und erklärte, die Räume seien an Ausländer vermietet und würden für gewerbliche Zwecke genutzt. Sein Verfahrensbevollmächtigter teilte mit, wegen der Zerstrittenheit der Eigentümer seien Probleme bei der Ermittlung der Bankverbindung des Grundschuldgläubigers zu erwarten. Dadurch könnten zusätzliche Grundschuldzinsen bis zu 200.000 Euro anfallen, für die der Erwerber dinglich hafte.

Der Beteiligte zu 1 gab in dem Termin ein Bargebot in Höhe von 10.212 Euro ab – also 53 Cent über dem geringsten Gebot. Weitere Gebote erfolgten nicht. Das zuschlagfähige Meistgebot für vergleichbare Objekte lag im maßgeblichen Zeitraum meist bei 150 % des Schätzwerts.

Das AG hat dem Beteiligten zu 1 den Zuschlag versagt. Dessen Beschwerde ist erfolglos geblieben.

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Vorinstanzen haben zu Recht entschieden, dass der Zuschlag gemäß § 83 Nr. 6 ZVG zu versagen ist, weil die gemäß Art. 14 Abs. 1 GG zu beachtenden rechtsstaatlichen Anforderungen an eine faire Verfahrensführung nicht eingehalten sind.

Ein Verstoß gegen diese Anforderungen kann vorliegen, wenn ein Beteiligter durch unlauteres Verhalten im Versteigerungstermin andere Interessenten von der Abgabe eines Gebots abhält, um das Grundstück selbst günstig zu erwerben.

Im Streitfall reichen die Anträge und Äußerungen des Beteiligten zu 1 jeweils für sich genommen nicht aus, um eine Manipulation in diesem Sinne zu bejahen. Die Vorinstanzen haben aber zu Recht angenommen, dass das Verhalten des Beteiligten zu 1 bei einer Gesamtwürdigung die maßgebliche Grenze überschreitet. Die tatrichterliche Würdigung, dass die anderen Bietinteressenten wegen dieses Verhaltens von der Abgabe eines Gebots abgesehen haben, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

Praxistipp: Nach § 57a ZVG kann der Erwerber ein bestehendes Miet- oder Pachtverhältnis zum ersten zulässigen Termin mit der gesetzlichen Frist kündigen. Bei einer Teilungsversteigerung besteht dieses Recht gemäß § 183 ZVG nicht.