Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Formbedürftigkeit von längerfristigen Grundstücksmietverträgen.

Schriftform bei Änderung der Nebenkostenvorauszahlung
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2025 – XII ZR 88/23

Der XII. Zivilsenat stellt eine vertragliche Änderung der Nebenkostenvorauszahlung einer Änderung der Miethöhe gleich.

Die Entscheidung des BGH enthält keine Darstellung des Sachverhalts. Den Gründen ist zu entnehmen, dass der Kläger durch Erwerb eines Grundstücks gemäß § 566 BGB in einen Mietvertrag eingetreten ist, der für einen Zeitraum mehr als ein Jahr abgeschlossen worden war, und dass der Kläger geltend macht, der Vertrag gelte gemäß § 550 BGB für unbestimmte Zeit, weil eine zwischen dem früheren Vermieter und dem Beklagten getroffene Vereinbarung über die Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung nicht der Schriftform genüge.

Der BGH weist die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten zurück.

Der BGH hat wiederholt entschieden, dass eine Vereinbarung über die Änderung der Miethöhe bei längerfristig abgeschlossenen Verträgen gemäß § 550 BGB der Schriftform bedarf. Wenn die Änderungsvereinbarung dieser Anforderung nicht genügt, gilt der gesamte Vertrag fortan nur noch für unbestimmte Zeit.

Eine Änderung über die Miethöhe liegt auch dann vor, wenn die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung geändert wird. Eine mündliche Vereinbarung dieses Inhalts hat deshalb zur Folge, dass die Befristung unwirksam wird.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist es einer Vertragspartei allerdings nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Formmangel zu berufen, wenn die Änderungsvereinbarung sie ausschließlich rechtlich und wirtschaftlich begünstigt. Im Streitfall hätte der ursprüngliche Vermieter sich deshalb wohl nicht von der Befristung lösen können. Diese Beschränkung gilt grundsätzlich aber nur für Parteien, die an der Vertragsänderung beteiligt waren, nicht für einen Erwerber, der gemäß § 566 BGB in den geänderten Vertrag eintritt. Der Klägerin ist deshalb nicht daran gebunden.

Praxistipp: Die formwirksame Änderung eines nach § 550 BGB formbedürftigen Mietvertrags erfordert eine hinreichend deutliche Bezugnahme auf den ursprünglichen Mietvertrag und alle zuvor abgeschlossenen Änderungsvereinbarungen.

BGH: Fremde Bewertungen können solche des Portablbetreibers werden

Plattformbetreiber haften für fremde Meinungsäußerungen nur beschränkt. Rechtsprechung und Literatur haben ein ausgewogenes System entwickelt, das einerseits die Rechte des Bewerteten, andererseits aber auch die Meinungsfreiheit der Bewertenden wahrt.

In einem jüngst vom BGH entschiedenen Fall berief sich ein Plattformbetreiber auf diese lediglich vermittelnde Stellung zwischen Nutzer und bewertetem Unternehmen. Ausnahmsweise soll der Plattformbetreiber hier jedoch als unmittelbarer Störer doch haften.

Was ist passiert?

Der Plattformbetreiber hat auf eine Beschwerde hin eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Bewertenden die Bewertungsformulierung angepasst, die Bewertung hiernach veröffentlicht.

„Bei der gebotenen objektiven Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände hat der Beklagte somit die inhaltliche Verantwortung für die angegriffenen Äußerungen übernommen. Da es sich bei den Äußerungen um unwahre Tatsachenbehauptungen und um Meinungsäußerungen auf unwahrer Tatsachengrundlage und mit unwahrem Tatsachenkern handelt, hat das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückzutreten.“

Praxistipp:

Plattformbetreiber – auch abseits von Bewertungsportalen kann dies z.B. Forenbetreiber treffen – sollten im Falle von Beanstandungen die beanstandeten Inhalte zunächst sperren und den jeweiligen Nutzer zu einer Stellungnahme auffordern. Sollte diese ausbleiben, sollten die Inhalte dauerhaft gesperrt bleiben. Es ist tunlichst von einer eigenmächtigen Anpassung von Äußerungen abzusehen.

Für Personen, die von rechtverletzenden Äußerungen betroffen sind, erhöht dies die Rechtsschutzmöglichkeiten, da Bewertende sich teils nach einer solche Bewertung „den Frust von der Seele geschrieben“ haben und Tage, Wochen oder Monate später oft nur eine sehr geringe Bereitschaft besteht, sich mit den Inhalten nochmals auseinanderzusetzen. Die Löschung von Äußerungen wäre dann die Folge.

 

BGH Urteil vom 4. April 2017 – VI ZR 123/16 (Pressemitteilung)

Montagsblog: Neues vom BGH

Beginn der Verjährung bei Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung
Urteil vom 16. Juni 2016 – I ZR 222/14

Mit einem allgemeinen Problem des Verjährungsrechts befasst sich der I. Zivilsenat in einer urheberrechtlichen Streitigkeit.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Zahlung einer zusätzlichen urheberrechtlichen Vergütung für die Überlassung von Entwürfen für Spiel- und Dekorationsgegenstände (unter anderem eine „Geburtstagskarawane“) in Anspruch. Die Klage blieb in den beiden ersten Instanzen erfolglos. Das OLG hielt die Klageansprüche unter anderem für verjährt, weil die Klägerin mehr als drei Jahre vor Klageerhebung Kenntnis von den Tatsachen gehabt habe, auf die Ansprüche gestützt seien.

Der BGH verweist die Sache, die schon zum zweiten Mal in die Revisionsinstanz gelangt war, erneut an das OLG zurück. Er hält zwar die tatrichterlichen Feststellungen zum Kenntnisstand der Klägerin für frei von Rechtsfehlern. Er sieht die Klageansprüche aber deshalb als nicht verjährt an, weil die schöpferische Leistung, für die die Klägerin zusätzliche Vergütung begehrt, nach seiner früheren Rechtsprechung einem urheberrechtlichen Schutz generell nicht zugänglich war und diese Rechtsprechung erst mit einem im Jahr 2014 veröffentlichten (im gleichen Rechtsstreit ergangenen) Urteil aufgegeben wurde. Grundsätzlich reichen zwar Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der maßgeblichen Tatsachen aus. Dies gilt aber nicht, wenn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Aussicht besteht, das Klagebegehren mit Aussicht auf Erfolg auf diese Tatsachen stützen zu können. Eine solche Situation war im Streitfall bis zum Jahr 2014 gegeben. Dass der BGH schon in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 offengelassen hatte, ob an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei, reichte für einen Verjährungsbeginn noch nicht aus.

Praxistipp: Wenn es zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, sind Maßnahmen zur Hemmung der Verjährung – anders als im Streitfall – in aller Regel unerlässlich.

Beweislast für Vereinbarung einer Baukostenobergrenze
Urteil vom 6. Oktober 2016 – VII ZR 185/13

Mit einer besonderen Ausgestaltung eines Architektenvertrags befasst sich der VII. Zivilsenat.

Die Klägerin hatte für die Beklagte Architektenleistungen erbracht. In einem vor Vertragsschluss unterbreiteten „Honorar-Vorschlag“ hatte sie die für die Berechnung maßgeblichen Baukosten mit rund 600.000 Euro angesetzt. In ihrer Schlussrechnung legte sie einen fast doppelt so hohen Betrag zugrunde. Ihre Klage auf Zahlung der sich daraus ergebenden Honorardifferenz blieb in den ersten beiden Instanzen erfolglos.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Ein Architekt, der eine vereinbarte Kostengrenze nicht einhält, ist zwar nicht befugt, sein Honorar auf der Grundlage der höheren Kosten zu berechnen. Die Beweislast für die Vereinbarung einer Kostenobergrenze liegt aber beim Auftraggeber. Anders als vom Berufungsgericht angenommen ist der vom BGH zu § 632 Abs. 2 BGB entwickelte Grundsatz, wonach der Unternehmer, der die taxmäßige oder übliche Vergütung fordert, eine vom Auftraggeber behauptete Preisvereinbarung widerlegen muss, hier nicht einschlägig. Die Vereinbarung der Baukostenobergrenze hat zwar Auswirkungen auf die Höhe des Honorars. Dennoch ist sie keine Vergütungsabrede, sondern eine Vereinbarung über die Beschaffenheit des zu erbringenden Architektenwerks.

Praxistipp: Der Auftraggeber sollte darauf achten, dass eine Baukostengrenze im Vertrag ausdrücklich als solche bezeichnet wird.