Bericht über die 10. Prozessrechtstagung 2024

Am 30. und 31. August 2024 fand an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn die 10. Prozessrechtstagung statt. Diese Jubiläumstagung wurde von Malcolm Brunzema, Kevin Franzke, Ansgar Kalle und Johannes Richter organisiert. Unter dem Leitthema Verfahrensrecht und Rechtsstaat nahm sie fachsäulenübergreifend zahlreiche Einflüsse des Rechtsstaatsprinzips auf das Verfahrensrecht den Blick.

Den Auftakt bildete das Thema Prozessführung. Bernd Scheiff erläuterte in seinem Festvortrag die Herausforderungen, die sich der Justiz im Umgang mit der Digitalisierung stellen, darunter insbesondere die Potentiale des Einsatzes von KI und Legal Tech. An diese Themen knüpfte Jürgen vom Stein in seinem nachfolgenden Vortrag auf. Er arbeitete heraus, dass der Prozessstoff in jüngerer Vergangenheit erheblich zugenommen habe, was Gerichten erschwere, diesen zu strukturieren. Vom Stein kritisierte, dass sich die Digitalisierung im öffentlichen Sektor häufig darauf beschränke, analoge Prozesse möglichst originalgetreu in den digitalen Raum zu übertragen. Hier bedürfe es größerer Innovation, etwa durch Einführung einer Online-Plattform, auf der die Parteien den Stoff strukturieren können. Die Prozessführung nahm auch Matthäus Uitz in den Blick, der analysierte, inwiefern überlange Dauern von Kindesunterhaltsverfahren Bestimmungen der EMRK verletzen.

Der anschließende Vortragsblock untersuchte prozessuale Grundprinzipien. Anna Groteclaes trug zu dem Spannungsverhältnis vor, das zwischen dem Gebot rechtlichen Gehörs und Präklusionsregelungen besteht. Florian Slogsnat untersuchte im Anschluss am Beispiel der Wiederaufnahmeentscheidung  des BVerfG das Verhältnis zwischen materieller Wahrheit und Rechtsfrieden. Es folgte ein Vortrag von Jennifer Grafe, welcher der Frage nachging, inwiefern der Amtsermittlungsgrundsatz durch prozessökonomische Überlegungen geprägt ist.

Im Anschluss nahm die Tagung das Thema Prozesskosten in den Blick. Leon Marcel Kahl untersuchte, ob es notwendig sei, zum Schutz des Beklagten eine allgemeine Prozesskostensicherheit einzuführen. Alexander Pionteck analysierte demgegenüber die potentielle Unionsrechtswidrigkeit des § 12a I 1 ArbGG, der die Erstattung von Rechtsanwaltskosten im erstinstanzlichen Verfahren ausschließt.

Es folgte ein Vortrag von Jannik Heine zum Umgang mit neuen Gütern in der Zwangsvollstreckung. Danach setzte sich Tobias Kulhanek mit der Frage auseinander, inwiefern Medien Anteil- und Einflussnahme auf den Strafprozess ausüben und welche rechtlichen Grenzen dem gesetzt sind. Philipp Rhein trug im Anschluss zur Positionierung der Verhältnismäßigkeitsprüfung im strafrechtlichen Einziehungsprozess vor. Seinen Abschluss fand der strafverfahrensrechtliche Vortragsblock mit einem Vortrag zu strafprozessualen Offenbarungsverboten. Christian Liefke erläuterte am Beispiel des § 95a VI StPO, welche Herausforderungen diese bergen.

Die Tagung schloss mit einem Vortrag von Stella Dörenbach, der aufzeigte, welche rechtsstaatlichen Vorteile ein verstärkter Gebrauch quantitativen Rechts mit sich bringen könnte.

An die Vorträge schlossen sich jeweils lebhafte und engagierte Diskussionen der Tagungsgäste an. Als Fazit zogen die Verfasser, dass sich auf der Tagung erneut gezeigt habe, dass das Prozessrecht zahlreiche Fragestellungen birgt, die einer näheren Aufarbeitung bedürfen.

Die Vorträge werden in der GVRZ veröffentlicht. Die 11. Prozessrechtstagung findet 2025 in Tübingen statt.