Montagsblog: Neues vom BGH

Im ersten Blog des Jahres 2020 geht es um die Reichweite der Haftung aus einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung.

Schutzzweck einer Beratungspflicht
Urteil vom 21. November 2019 – III ZR 244/18

Mit dem Zurechnungszusammenhang nach einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung befasst sich der III. Zivilsenat.

Die Beklagte hatte den Kläger über rund zwanzig Jahre hinweg vor allem in Versicherungsangelegenheiten beraten. Ende 2005 stellte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger verschiedene Renten- und Lebensversicherungsprodukte zum Zwecke der Altersvorsorge vor. Der Kläger bemängelte eine zu geringe Rendite und eine zu lange Laufzeit. Ende 2006 wies derselbe Mitarbeiter den Kläger darauf hin, ein Rechtsanwalt biete kurzfristige Kapitalanlagen zu guten Festzinsen an. Zwischen Februar 2007 und März 2014 überwies der Kläger diesem Rechtsanwalt bei mehreren Gelegenheiten insgesamt 210.000 Euro. Nach dem Tod des Anwalts im Mai 2014 stellte sich heraus, dass dieser massiv überschuldet war. Das LG stellte antragsgemäß fest, dass die Beklagte dem Kläger alle aus der Anlage entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Das OLG wies die Klage hingegen ab.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück. Er tritt den Vorinstanzen darin bei, dass der Mitarbeiter der Beklagten mit dem Hinweis auf die konkrete Anlagemöglichkeit einen stillschweigenden Beratungsvertrag geschlossen und die hieraus resultierende Pflicht zu einer objektgerechten Beratung verletzt hat. Entgegen der Auffassung des OLG fehlt es nicht deshalb an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang, weil der Kläger die Anlagen über einen längeren Zeitraum hinweg getätigt hat und bei einer einmaligen Anlage im Jahr 2007 das investierte Kapital nebst Zinsen zurückerhalten hätte. Die Pflichten aus einer Beratung über Anlagemöglichkeiten für einen bestimmten Geldbetrag beschränken sich zwar grundsätzlich auf diese konkrete Anlageentscheidung. Wenn der Interessent eine umfassendere Beratung wünscht und der Berater in Kenntnis dessen eine Möglichkeit zur wiederholten Anlage noch unbestimmter Geldbeträge aufzeigt, kann der Zurechnungszusammenhang aber alle darauf beruhenden Anlageentscheidungen umfassen. Ob und in welchem Umfang dies gilt, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Die hierzu erforderlichen Feststellungen muss das OLG in der neu eröffneten Berufungsinstanz treffen.

Praxistipp: Wenn ein Teil des entstandenen Schadens bereits bezifferbar ist, kann der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht mit einem den bezifferbaren Teil betreffenden Zahlungsantrag kombiniert werden.