KG: Befangenheit wegen Nichtbescheidung eines Antrages auf Schriftsatznachlass?

Im Rahmen einer Entscheidung über einen Befangenheitsantrag hat das KG (Beschl. v. 17.4.2023 – 10 W 52/23) an einen wichtigen Verfahrensgrundsatz im Rahmen von Anträgen auf Gewährung eines Schriftsatznachlasses erinnert.

Vor dem LG hatte die Beklagte einen Schriftsatznachlass beantragt. Der Einzelrichter hatte diesen Antrag nicht beschieden, sondern einen Verkündungstermin anberaumt. Nach Erhalt des Terminprotokolls stellte die Beklagte einen Befangenheitsantrag, weil der Richter den Antrag begründungslos abgelehnt habe. Im Laufe des Befangenheitsverfahrens erklärte der Richter auf Anfrage des KG noch, er habe den Verkündungstermin zur Bescheidung des Antrages auf Gewährung eines Schriftsatznachlasses bestimmt, habe aber bisher wegen des zwischendurch gestellten Befangenheitsantrags diesen Antrag nicht bescheiden können.

Das KG weist zunächst darauf hin, dass sich bereits aus dem Wortlaut des § 283 S. 1 ZPO ergibt, dass der Antrag auf Schriftsatznachlass bereits im Termin und nicht erst im Verkündungstermin beschieden werden muss. Dies dürfte auch der h. M. entsprechen. Allerdings ist die Sichtweise der Literatur nicht ganz einheitlich, Entscheidungen zu dieser Frage sind – soweit ersichtlich – noch nicht ergangen.

Das KG weist den Befangenheitsantrag deswegen zurück, weil nicht jede Verletzung von Verfahrensrechten gleich eine Befangenheit begründet. Da der Richter den Antrag noch grundsätzlich bescheiden wollte, bestand keine Absicht, die Rechte der Beklagten unfair zu verkürzen. Der abgelehnte Richter unterlag hier schlichtweg einem Rechtsirrtum, der in der konkreten Prozesssituation noch vertretbar war.

In dem Umstand, dass sich der Richter in der dienstlichen Äußerung zunächst nur auf die Akte bezogen hat, liegt auch kein Befangenheitsgrund. Zwar kann eine dienstliche Äußerung auch erstmals einen durchgreifenden Befangenheitsgrund schaffen, wenn daraus auf eine unsachliche Einstellung geschlossen werden kann. Dies ist jedoch hier nicht der Fall, da sich der Verlauf der Sache tatsächlich direkt aus der Akte ergab.

Fazit: Der Rechtsanwalt sollte daher darauf hinweisen und darauf achten, dass ein Antrag auf Schriftsatznachlass im Termin beschieden wird, zur Not nach einer kurzen Beratungs- bzw. – beim Einzelrichter – Überlegungspause.