BGH: Notieren einer Vorfrist

Der BGH (Beschl. v. 20.09.2022 – VI ZB 17/22) hat sich im Rahmen der Überprüfung eines vom OLG zurückgewiesenen Wiedereinsetzungsantrages dazu geäußert, wann eine Vorfrist zu notieren ist.

Eine ansonsten zuverlässige Angestellte der Rechtsanwältin hatte es versehentlich versäumt, das Ende der richtig berechneten Berufungsbegründungsfrist in den Fristenkalender einzutragen. Dies fiel leider erst nach Fristablauf auf. Eine Wiedereinsetzung rechtfertigt dies jedoch nicht, weil es keine grundsätzliche Weisung der Rechtsanwältin gab, für Berufungsbegründungen eine Vorfrist einzutragen. Dies ist für alle Prozesshandlungen erforderlich, die mehr als nur geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordern, was bei einer Berufungsbegründung der Fall ist. Das Notieren der Vorfrist führt außerdem zu einer zusätzlichen Sicherung, weil sie sicherstellt, dass die eigentliche Frist gewahrt wird, selbst wenn es versäumt wurde, diese einzutragen.

Die Frage war, ob dieses Versäumnis überhaupt ursächlich für das Fristversäumnis war. Der Anwalt hatte natürlich eingewandt, die Angestellte hätte voraussichtlich auch vergessen, die Vorfrist zu notieren. Dies akzeptiert der BGH nicht. Wenn nicht alle zumutbaren und möglichen Maßnahmen ergriffen wurden, geht es zu Lasten des Anwalts, wenn nicht festgestellt werden kann, wie sich die Sache entwickelt hätte. Die Angestellte hatte die Frist grundsätzlich richtig berechnet und auch in der Akte vermerkt. Bei einem ordnungsgemäßen Vorgehen wäre die Vorfrist vermerkt worden. Damit hatte das OLG den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zurückgewiesen und gleichfalls zu Recht die Berufung verworfen.

Fazit: Es darf daher niemals vergessen werden, bei allen Fristen auch eine Vorfrist zu notieren, wenn die maßgebliche Prozesshandlung nicht einfach und schnell zu erledigen ist. Eine entsprechende Weisung an die Mitarbeiter muss ergehen.