BVerfG zur Selbsteinhaltung einer vom Gericht gesetzten Frist

Ein etwas merkwürdiges Geschehen war Gegenstands einer Kammerentscheidung des BVerfG (Beschl. v. 7.2.2018 – 2 BvR 549/17) geworden. Das LG war aufgrund vorgelegter Lichtbilder zu der Überzeugung gelangt, dass die Klage begründet sei. Das OLG beabsichtigte, die von der Beklagten eingelegte Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und setzte eine Frist zur Stellungnahme bis zum 15.11. Nachdem die Beklagte mit Schriftsatz vom 7.11. ausführlich Stellung genommen hatte, traf das OLG sogleich die angekündigte Entscheidung. Dagegen richtete sich die Verfassungsbeschwerde. Hauptsächlich wurde gerügt, das OLG hätte die Frist zum 15.11. abwarten müssen.

Die 2. Kammer des zweiten Senates betont zunächst, dass das OLG hier das rechtliche Gehör der Beklagten tatsächlich verletzt hatte! Das Gericht ist dazu verpflichtet, eine selbst gesetzte Frist dann auch einzuhalten, bevor entschieden wird. Allerdings reicht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs alleine nicht dafür aus, um eine Entscheidung aufzuheben. Hinzukommen muss die Ursächlichkeit des Verfahrensfehlers für die Entscheidung. Hier hatte die Beklagte aber nicht dargelegt, was sie in der Frist, die ihr noch zur Verfügung gestanden hätte, noch vorgetragen hätte und welche Folgen dies für die Entscheidung hätte haben können. So bleibt die Verfassungsbeschwerde letztlich erfolglos!

Man konnte zunächst den Eindruck gewinnen, das Gericht sei hier in eine bewusst aufgestellte Anwaltsfalle getappt! Dagegen spricht allerdings, dass der Gesichtspunkt der Ursächlichkeit, der eigentlich Allgemeingut ist, später übersehen wurde.

Was unbedingt zum Basiswissen jedes Richters zählen muss: Selbst gesetzte (und natürlich auch gesetzliche!) Fristen müssen vor einer Entscheidung tatsächlich abgelaufen sein, selbst wenn schon Stellung genommen wurde. Besonderer Arbeitseifer in Verbindung mit Erledigungsdruck usw. darf nicht dazu führen, dass zu früh entschieden wird! Dabei empfiehlt es sich regelmäßig, nach Fristablauf noch weitere zwei bis drei Tage zu warten, damit auch auf anderen Faxgeräten eingehende Faxe und auf anderen Postwegen eingehende Schriftstücke, die nicht unverzüglich vorgelegt werden können, noch berücksichtigt werden. Bei einem Verstoß gegen das rechtliche Gehör kommt es bekanntlich auf ein Verschulden des Gerichts nicht an. Der rechtzeitige Schriftsatzeingang auf irgendeinem zulässigen Weg bei Gericht ist regelmäßig ausreichend.