OLG Düsseldorf: Keine markenrechtliche Erschöpfung bei Luxuskosmetik

Im Markenrecht gilt der Grundsatz, dass einmal in der EU / im EWR mit Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebrachte Ware frei gehandelt werden darf, Markenrechte sind dann an diesen Produkte erschöpft.

Der Markeninhaber darf sich nach § 24 MarkenG oder Art. 15 UMV  einem weiteren Vertrieb nur dann widersetzen, wenn berechtigte Gründe hierfür vorliegen, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. In der Rechtsprechung ging es dabei zum Beispiel häufig um Importmedikamente, die zur Vermarktung in Hochpreismärkten umgepackt oder umetikettiert wurden.

Im vorliegenden Fall wandte sich der Hersteller von Luxuskosmetik gegen einen Verkauf seiner Produkte in den Lokalen der REAL-Warenhauskette.

Der Europäische Gerichtshof hatte jüngst mit der COTY-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 6.12.2017 – C-230/16) eine Einschränkung des freien Handels durch die Beschränkung des Internetvertriebs über Drittplattform für kartellrechtskonform gehalten, wenn dies zur Sicherung des Luxusimages von Waren aus einem selektiven Vertriebssystem erforderlich ist.

Offenbar von diesen Erwägungen getrieben schließt das OLG Düsseldorf nun darauf, dass auch im Markenrecht im Falle der Gefährdung des Luxusimages von Produkten aus einem selektiven Vertriebssystem ein berechtigter Grund zur Einschränkung des Grundsatzes der Erschöpfung darstellt.

Die Entscheidungsgründe aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren sind noch nicht veröffentlicht.

Ob die Entscheidung tatsächlich „wegweisend“ ist, darf dabei aber zumindest in Frage gestellt werden. Den Weg für Produkte, deren Luxusimage bedroht ist, hat der EuGH bereits vor gut 20 Jahren (EuGH Urt. v. 04.11.1997, C-337/95, Rn. 45 ff.  –  Dior/Evora) und daran anschließend im Jahr 2009 (EuGH Urt. v. 23.04.2009, C-59/08 Rn. 56 – Copad/Dior) geebnet, wobei stets auf das Umfeld des Vertriebs abgestellt wurde.

Auch in Zukunft bleibt der Weg steinig für Markeninhaber, die gegen einen vorgefundenen Grauvertrieb vorgehen möchten. Weiterhin dürften gesteigerte Anforderungen an den Umfang der Darlegungen zum Bestehen eines Luxusimages und der Frage der Beeinträchtigung dieses Images durch den Grauvertrieb bestehen. Alteingesessene Luxuslabels dürften es dabei deutlich einfacher haben, bieten aber auch durch enger gestrickte Vertriebssysteme weniger Angriffsfläche für den unerwünschten Vertrieb abseits der imageträchtigen Hauptschiene. Es dürfte daher weiterhin sinnvoll sein, die Grundsätze der COTY-Entscheidung schon bei der Gestaltung der Warendistribution mit einzubeziehen, damit einem drohenden Graumarkt schlicht die Warenquelle fehlt.

(OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2018, I-20 U 113/17).

OLG Düsseldorf / OLG München: Kündigung des Telefonanschlusses bei Umzug erst bei Umzug möglich

Durch § 46 Abs. 8 S. 3 TKG ist eine bis dahin in der Rechtsprechung teils gelebte Praxis in das Gesetz gelangt: Wer umzieht und am Zielort nicht die (zumindest) identische Leistung von Telekommunikdationsdiensten erbracht bekommt, kann vor Ablauf der regulären Vertragslaufzeit aus dem Vertrag aussteigen. Dies soll mit einer Dreimonatsfrist möglich sein (dazu eingehend: Böse in: MMR-Aktuell 2012, 334893)

Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten haben dies seitdem regelmäßig zum Anlass genommen, die unklare Regelung, zu der auch in der Hinsicht keine Gesetzgebungsmaterialien vorhanden sind, zu ihren Gunsten auszulegen. Die drei Monate, so die Anbieter, beginnen erst mit dem Umzug. Die Folge: Der Kunde zahlt noch drei weitere Monate für eine nicht erbrachte Leistung.

Diese, in meinen Augen rechtswidrige Auffassung, wurde nun gleich von zwei Gerichten bestätigt: Sowohl das OLG München, als auch das OLG Düsseldorf halten dieses vorgehen für lauterkeitsrechtlich zulässig, also für mit dem Gesetzteswortlaut vereinbar. Als Argument soll angeführt worden sein, dass andernfalls ein hohes Missbrauchspotential bestünde, falls ein angekündigter Umzug dann doch nicht durchgeführt würde.

Kommentar

Wenn auch die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht sind, ist es schwer vorstellbar, dass die Entscheidungen im Wesentlichen auf dieser Erwägung beruhen sollen: Ein vorgetäuschter Umzug führt eben nicht zur wirksamen Kündigung sondern dazu, dass weiterhin Monatsentgelte geschuldet sind. Der Überwachungsaufwand ist dabei auch nicht größer, als bisher, sollten die Anbieter tatsächlich die Vorlage einer Meldebescheinigung verlangen. Käme es zu Mehrkosten durch die neuerliche Bestellung einer Teilnehmeranschlussleitung (TAL), so wären diese Kosten als Schadensersatz vom pflichtwidrig handelnden Kunden zu tragen.

Auch im Übrigen hier den Kunden heranziehen zu wollen, damit sich etwaige Investitionen des Anbieters amortisieren, ist unpassend. Einerseits kann eine erstmalige Mindestvertragslaufzeit zum Zwecke der Amortisation bereits verstreichen sein, wenn der Kunde umzugsbedingt kündigt. Andererseits führ die Lesart des § 46 Abs. 8 S. 3 TKG dazu, dass „faule“ Anbieter belohnt werden: Wer fleissig in den Netzausbau investiert und an vielen Orten seine Leistungen anbietet, vielleicht auch auf neue Technologien wie LTE setzt, führt schlicht nach einem Umzug den Vertrag mit dem Kunden fort und erhält die geschuldete Vergütung im Gegenzug zu erbrachten TK-Leistungen. Wer sich nur auf besonders lukrative Regionen konzentriert, den Ausbau daher in dünn besiedelten Gebieten nur schwach vorantreibt oder gar keine Leistungen dort anbietet, muss eben zurückstecken. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Umzugsquote von 9 % gehört ein Umzug aufgrund der geänderten Anforderungen insbesonderes der beruflichen Entwicklung nun einfach zur Normalität.

OLG München, Urteil vom 18. Januar 2018, Az.: 29 U 757/17