OLG Düsseldorf / OLG München: Kündigung des Telefonanschlusses bei Umzug erst bei Umzug möglich

Durch § 46 Abs. 8 S. 3 TKG ist eine bis dahin in der Rechtsprechung teils gelebte Praxis in das Gesetz gelangt: Wer umzieht und am Zielort nicht die (zumindest) identische Leistung von Telekommunikdationsdiensten erbracht bekommt, kann vor Ablauf der regulären Vertragslaufzeit aus dem Vertrag aussteigen. Dies soll mit einer Dreimonatsfrist möglich sein (dazu eingehend: Böse in: MMR-Aktuell 2012, 334893)

Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten haben dies seitdem regelmäßig zum Anlass genommen, die unklare Regelung, zu der auch in der Hinsicht keine Gesetzgebungsmaterialien vorhanden sind, zu ihren Gunsten auszulegen. Die drei Monate, so die Anbieter, beginnen erst mit dem Umzug. Die Folge: Der Kunde zahlt noch drei weitere Monate für eine nicht erbrachte Leistung.

Diese, in meinen Augen rechtswidrige Auffassung, wurde nun gleich von zwei Gerichten bestätigt: Sowohl das OLG München, als auch das OLG Düsseldorf halten dieses vorgehen für lauterkeitsrechtlich zulässig, also für mit dem Gesetzteswortlaut vereinbar. Als Argument soll angeführt worden sein, dass andernfalls ein hohes Missbrauchspotential bestünde, falls ein angekündigter Umzug dann doch nicht durchgeführt würde.

Kommentar

Wenn auch die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht sind, ist es schwer vorstellbar, dass die Entscheidungen im Wesentlichen auf dieser Erwägung beruhen sollen: Ein vorgetäuschter Umzug führt eben nicht zur wirksamen Kündigung sondern dazu, dass weiterhin Monatsentgelte geschuldet sind. Der Überwachungsaufwand ist dabei auch nicht größer, als bisher, sollten die Anbieter tatsächlich die Vorlage einer Meldebescheinigung verlangen. Käme es zu Mehrkosten durch die neuerliche Bestellung einer Teilnehmeranschlussleitung (TAL), so wären diese Kosten als Schadensersatz vom pflichtwidrig handelnden Kunden zu tragen.

Auch im Übrigen hier den Kunden heranziehen zu wollen, damit sich etwaige Investitionen des Anbieters amortisieren, ist unpassend. Einerseits kann eine erstmalige Mindestvertragslaufzeit zum Zwecke der Amortisation bereits verstreichen sein, wenn der Kunde umzugsbedingt kündigt. Andererseits führ die Lesart des § 46 Abs. 8 S. 3 TKG dazu, dass „faule“ Anbieter belohnt werden: Wer fleissig in den Netzausbau investiert und an vielen Orten seine Leistungen anbietet, vielleicht auch auf neue Technologien wie LTE setzt, führt schlicht nach einem Umzug den Vertrag mit dem Kunden fort und erhält die geschuldete Vergütung im Gegenzug zu erbrachten TK-Leistungen. Wer sich nur auf besonders lukrative Regionen konzentriert, den Ausbau daher in dünn besiedelten Gebieten nur schwach vorantreibt oder gar keine Leistungen dort anbietet, muss eben zurückstecken. Bei einer durchschnittlichen jährlichen Umzugsquote von 9 % gehört ein Umzug aufgrund der geänderten Anforderungen insbesonderes der beruflichen Entwicklung nun einfach zur Normalität.

OLG München, Urteil vom 18. Januar 2018, Az.: 29 U 757/17

BGH zur vorzeitigen Kündbarkeit von Fitnessstudioverträgen

In einer Entscheidung vom 04.05.2016 (Az.: XIII ZR 62/15) hat sich der BGH mit der vorzeitigen Kündbarkeit von Fitnessstudioverträgen befasst. Nach Abschluss eines 24-Monats-Vertrages wurde der Beklagte zum Soldaten auf Zeit ernannt, was mit einigen Wohnortwechseln einherging. Den ersten Wohnortwechsel nahm er zum Anlass, den Vertrages außerordentlich zu kündigen.

Dem BGH zufolge sei eine außerordentliche Kündigung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, bei dem unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertrages bis zum vereinbarten Vertragsende für den Kunden unzumutbar ist.

Das Gericht verneint dies bei berufsbedingen Umzügen. Dies käme aber beispielsweise bei nutzungsverhindernden Erkrankungen oder einer Schwangerschaft in Frage.

Zu Recht lehnt der BGH eine analoge Anwendung von § 46 Abs. 8 TKG ab. Es handelt sich hierbei um eine Ausnahmeregelung, die auch zu dem Zweck geschaffen wurde, um TK-Anbietern einen Anreiz für einen möglichst weitgehenden Netzausbau zu geben.

Ob die Ausführungen des BGH tatsächlich vollständig durchdacht sind, ist fraglich. Lässt sich ein Fitnessstudiobetreiber von Anfang an auf einen Vertragspartner ein, der über ein gesteigertes „Versetzungsrisiko“ verfügt, wie z.B. einen Soldaten auf Zeit, scheint es fraglich, ob der Studiobetreiber wirklich vor – nahezu vorhersehbaren – Wohnortwechseln geschützt werden muss. Auch im Übrigen weisen die meisten Beschäftigungsverhältnisse das Risiko auf, aus Sicht des Arbeitnehmers ungewollt beendet zu werden, wobei anschließend an die Mobilität von Arbeitssuchenden hohe Anforderungen gestellt werden. Ein Unterschied zu einer Erkrankung, die der BGH als möglichen Kündigungsgrund nennt, ist nur schwer zu erkennen. Auch die Ausführungen in der DSL-Entscheidung des BGH, in der es um ein  umzugsbedingtes Kündigungsrecht ging, was der BGH nach damaligem Recht ablehnte, wobei er auf hohe Anfangsinvestitionen durch Technikertermine und die Hardwarebereitstellung abstellt, passen zu den Wertungen in diesem Fall nicht wirklich.

Verbrauchern ist nach dieser Entscheidung zu raten, bei Vertragsschluss eine Regelung mit den Vertrag aufzunehmen, die für den Fall des Wohnsitzwechsels ohne Rücksicht auf die Gründe ein außerordentliches Kündigungsrecht einräumt.

Siehe auch zum Thema Kündigung von Fitnessstudio-Verträgen: Blattner, MDR 2012, 743; Diekmann/Lube, MDR 2016, 69.

Zur Pressemitteilung des BGH