Montagsblog: Neues vom BGH

Diese Woche geht es um die Präklusion neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz.

Nicht bestrittenes neues Vorbringen in der Berufungsinstanz
BGH, Urteil vom 18. Juni 2025 – I ZR 82/24

Der I. Zivilsenat stellt klar, dass eine bloße Verspätungsrüge nicht ausreicht, um neues Vorbringen unberücksichtigt zu lassen.

Der Kläger ist Berufsfotograf. Für die Beklagte, die unter anderem Fitnessgeräte anbietet und Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, hat er im Jahr 2011 für ein Honorar von 180 Euro mehrere Fotos angefertigt. Einen daraus gefertigten Bildausschnitt, der ihre Geschäftsführerin zeigt, hat die Beklagte auf den Verpackungen ihrer Nahrungsergänzungsmittel und in Werbematerialien verwendet. Der Kläger macht geltend, der Bildausschnitt sei millionenfach verwendet worden. Deshalb stünden ihm ein Anspruch auf Vertragsanpassung gemäß § 32a Abs. 1 UrhG sowie Ansprüche auf Auskunft und Rechenschaft gemäß § 242 BGB bzw. § 32d UrhG zu.

Das LG hat die auf Auskunft und Rechnungslegung und auf Feststellung der Pflicht zur Einwilligung in eine Vertragsänderung gerichtete Klage abgewiesen. In der zweiten Instanz hat der Kläger seine Ansprüche im Wege der Stufenklage weiterverfolgt. Das OLG hat die Beklagte antragsgemäß zu Auskunft und Rechnungslegung verurteilt.

Der BGH verweist die Sache an das OLG zurück.

Das OLG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung aus § 242 BGB bzw. § 32d UrhG erfüllt sind.

Zu Unrecht hat das OLG jedoch den Vortrag der Beklagten zur Verwirkung des Anspruchs gemäß § 531 Abs. 2 ZPO unberücksichtigt gelassen.

Die diesbezügliche Behauptung, der Kläger habe die Verwendung des Bildausschnitts über acht Jahre hinweg nicht beanstandet, obwohl er mit der Beklagten in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden und monatliche Honorare in der Größenordnung von 15.000 Euro abgerechnet habe, ist zwar erstmals in zweiter Instanz erhoben worden, obwohl sie der Beklagten schon in erster Instanz möglich gewesen wäre. Der Vortrag muss dennoch berücksichtigt werden, weil der Kläger ihn nicht bestritten hat und unstreitiges Vorbringen nicht als verspätet zurückgewiesen werden darf.

Das OLG wird im wieder eröffneten Berufungsverfahren zu beurteilen haben, ob das vorgetragene Verhalten des Klägers zu einer Verwirkung des Anspruchs geführt hat.

Praxistipp: Die Entscheidung veranschaulicht, dass eine Partei unrichtigem Vortrag des Gegners auch dann inhaltlich entgegentreten muss, wenn er offensichtlich verspätet ist.

Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“

Die Coronakrise wirft eine Menge spannender Rechtsfragen auf. In der öffentlichen Diskussion stehen dabei derzeit öffentlich-rechtliche Fragestellungen (beispielsweise Ausgangsbeschränkungen, öffentliche Finanzhilfen für Unternehmen oder Triagierungen) im Vordergrund. Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Folgen drängen aber auch viele zivilrechtliche Probleme. Manche davon geht der Gesetzgeber bereits an. Die Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“ widmet sich solchen Fragestellungen aus dem Bereich des Vertragsrechts. Sind Vertragsanpassungen möglich, wenn die Leistung für eine der Parteien durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens sinnlos geworden sind? Unter welchen Umständen ist von einer Unmöglichkeit der Leistungserbringung auszugehen? Welche Vertragspartei trägt welche Risiken im Fall allgemeiner Ausgangsbeschränkungen?

 Die Online-Tagung „Vertragsrecht in der Coronakrise“ findet am Wochenende 18./19. April 2020 statt. Die Beiträge werden als Video online gestellt und von der Tagungshomepage (http://jura.uni-koeln.de/extern-divider/effer-uhe/online-tagung-1-vertragsrecht-in-der-coronakrise) aus verlinkt. In der Kommentarspalte der Videoplattform können die Referate diskutiert werden. Die Beiträge erscheinen im Anschluss an die Tagung in einem Tagungsband bei Nomos als E-Book (Open Access). Sobald die Manuskripte eingereicht sind, stellen wir sie vorab bis zum Erscheinen des Tagungsbandes auf der Tagungshomepage online.

Programm

Das Videoformat der Tagung ermöglicht, die Vortragsvideos flexibel zu jeder beliebigen Zeit anzusehen. Die Diskussion findet aber in bestimmten Zeitfenstern statt: Die folgende Programmübersicht gibt jeweils ein Zeitfenster an, innerhalb dessen die Zuschauer Fragen stellen können, und ein Zeitfenster, in dem der Referent auf die Fragen antworten wird. Die Diskussion wird sich im Rahmen der Kommentarfunktion von Youtube beim jeweiligen Video abspielen. Um aktiv an der Diskussion teilzunehmen, ist daher ein Youtube-Account erforderlich, den Sie auf www.youtube.com kostenfrei anlegen können.

Samstag, 18.04.2020

 

Titel Referent Zeitfenster für Fragen des Auditoriums Zeitfenster für Antworten des Referenten
Grußwort Staatssekretär Mathias Weilandt (Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung)
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen – Teil I: Die Corona-Einrede: Moratorium für Verbraucher und Kleinstunternehmen Dr. Ann-Marie Kaulbach, Köln 10-12 Uhr 12-14 Uhr
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen – Teil II: Sonderregelungen für Verbraucherdarlehensverträge Dipl.-Kfm. Dr. Bernd Scholl, Köln 11-13 Uhr 13-15 Uhr
Niemand zahlt mehr Miete!? – Die ‚Corona-Krise‘ und Ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung Dr. Jonas Brinkmann, Bielefeld 12-14 Uhr 14-16 Uhr
Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise – Ausweitung oder Einschränkung? Dr. Caspar Behme, München 13-15 Uhr 15-17 Uhr
Corona und das allgemeine Leistungsstörungsrecht Prof. Dr. Thomas Riehm, Passau 14-16 Uhr 16-18 Uhr

 

Sonntag, 19.04.2020

 

Titel Referent Zeitfenster für Fragen des Auditoriums Zeitfenster für Antworten des Referenten
Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? Systemerwägungen zu § 313 BGB und sachgerechter Einsatz in der judikativen Praxis Jun.-Prof. Dr. Jens Prütting, Hamburg 10-12 Uhr 12-14 Uhr
COVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, Essen 11-13 Uhr 13-15 Uhr
Ausgewählte Probleme aus dem Reiserecht PD Dr. Patrick Meier, Würzburg 12-14 Uhr 14-16 Uhr
Transportrecht Jun.-Prof. Dr. Andreas Maurer, Mannheim 13-15 Uhr 15-17 Uhr
Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise Stephan Klawitter, Berlin 14-16 Uhr 16-18 Uhr