BGH: Rechtliches Gehör vor der Verwerfung eines Rechtsmittels

Der entschiedene Fall (BGH, Beschl. v. 23.7.2025 – XII ZB 156/25) betraf eine Betreuungssache, die Entscheidung ist jedoch für alle Rechtsgebiete maßgeblich. Ein Amtsgericht hatte die Unterbringung eines Betroffenen genehmigt. Das Landgericht hatte die sofortige Beschwerde des Beklagten verworfen. Begründung: Ein Schreiben des Betroffenen könne bereits deswegen nicht als Beschwerde ausgelegt werden, da es vor Erlass des entsprechenden Beschlusses eingegangen sei. Bei einer rechtzeitig nach Erlass des Beschlusses eingegangenen E-Mail mit einer angehängten Bilddatei habe die Unterschrift des Betroffenen gefehlt. Auf ein weiteres Schreiben des Betroffenen, das sich in der Akte befand, war das Landgericht nicht eingegangen.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rügte der Betroffene die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Damit hatte die Rechtsbeschwerde Erfolg! Nach ständiger Rechtsprechung ist dem Rechtsmittelführer nämlich vor der Verwerfung des Rechtsmittels rechtliches Gehör zu gewähren. Dies steht zwar nicht ausdrücklich in der ZPO, die nur in manchen Spezialfällen eine Verpflichtung zum rechtlichen Gehör anordnet, z. B. in § 91a Abs. 2 S. 2 ZPO. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich jedoch direkt aus Art. 103 Abs. 1 GG. Da der BGH zur Auffassung gelangt, ein weiteres Schreiben des Betroffenen könne unter Umständen als rechtzeitige Beschwerde angesehen werden, ist es auch – was ausreichend ist – möglich, dass das Beschwerdegericht bei einer erneuten Würdigung aller Umstände zu einer anderen Entscheidung gelangt. Der Verwerfungsbeschluss des Landgerichts wurde daher aufgehoben und die Sache wieder dorthin zurückverwiesen.

Wird vor einer Verwerfung eines Rechtsmittels somit kein rechtliches Gehör gewährt, kann eine Rechtsbeschwerde gegen den entsprechenden Beschluss mit einer Verfahrensrüge daher durchaus Erfolg haben! Dementsprechend sollten Gerichte nicht versäumen, in derartigen Fällen stets – nachweisbar – rechtliches Gehör zu gewähren.