Die ODR-Plattform und ihre offene Zukunft

Jakob Thevis, Maître en droit  Jakob Thevis, Maître en droit
Leiter der deutschen Kontaktstelle für Online-Streitbeilegung am Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz, Kehl

Unumstritten ist, dass die Digitalisierung auf dem Vormarsch ist und die Bürger immer öfter online und über Landesgrenzen hinweg Verträge abschließen. Dennoch hat die EU-Kommission angekündigt, ihre Plattform für Online-Streitbeilegung (ODR-Plattform) zu schließen und deren gesetzliche Grundlage, die ODR-Verordnung, zurückzunehmen. Gerade wegen der fortschreitenden Digitalisierung wurde die ODR-Plattform vor über zehn Jahren erdacht, um dieser an Schwung gewinnenden Entwicklung gerecht zu werden. Sie sollte Verbraucherschlichtung im Online-Handel auch dann ermöglichen, wenn die Streitigkeit zwischen Parteien aus unterschiedlichen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums bestand.

Die Ankündigung, die ODR-Plattform einzustellen, läuft der aktuellen Realität diametral entgegen. Der Online-Handel wächst. Anstatt das bereits bestehende und in der Tat noch in den Kinderschuhen steckende Online-Streitbeilegungswerkzeug, das die EU-Kommission 2016 mit der ODR-Plattform geschaffen hat, zu reformieren, erwägt sie dieses einfach einzustellen. Sollte es so weit kommen, würde die EU-Kommission die Pionierarbeit, die sie vor über zehn Jahren begann und die international auf großes Interesse gestoßen ist, aufgeben. Es ist zu befürchten, dass die Kommission sich dann mit dem Vorwurf konfrontiert sehen wird, es mit grenzüberschreitender Schlichtung und Digitalisierung in diesem Bereich nicht sehr ernst zu nehmen.

Die ODR-Verordnung ist untrennbar mit der ADR-Richtlinie verknüpft. Der Erfolg der ODR-Plattform hängt maßgeblich mit dem Erfolg der Schlichtung an sich zusammen. Erst wenn die Teilnahmebereitschaft der Unternehmen erhöht wird, wird auch die Funktion der ODR-Plattform ihr volles Potenzial erreichen können. Die ADR-Richtlinie soll nun überarbeitet werden, um dadurch eine neue, effizientere Schlichtungswelt zu schaffen. In dieser neuen Schlichtungswelt sollte die ODR-Plattform nicht fehlen. Sie ist das Symbol und das Werkzeug für grenzüberschreitende Schlichtung im Europäischen Wirtschaftsraum.

In einem Aufsatz „Die ODR-Plattform und ihre offene Zukunft“ in ZKM 1/2023 befasse ich mich eingehend mit der Funktionsweise der ODR-Plattform, den bestehenden Problemen und dem Potential der Plattform. Darüber hinaus werden Reformbedarf und Lösungswege aufgezeigt.

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