Schon vor über zwei Jahren trat das Singapur-Übereinkommen in Singapur, Fidschi und Katar erstmalig in Kraft und ermöglicht dort seitdem die Anerkennung und Vollstreckung von Mediationsergebnissen in internationalen Handelssachen. Mittlerweile haben insgesamt 55 Staaten das Singapur-Übereinkommen unterzeichnet, aber weder Deutschland noch ein anderer EU-Staat sind beteiligt. Nach entsprechenden Ratifikationen ist eine Anerkennung und Vollstreckung von Mediationsergebnissen nunmehr in zehn Staaten möglich (Belarus, Ecuador, Fidschi, Katar, Saudi-Arabien, Singapur, Georgien, Honduras, Türkei, Kasachstan).
Der Standpunkt der Bundesregierung zu einem etwaigen deutschen oder europäischen Beitritt zum Singapur-Übereinkommen ist öffentlich nicht bekannt und auch mittels einer IFG-Anfrage nicht in Erfahrung zu bringen. So bat der Verfasser das Bundesministerium der Justiz (BMJ) um Informationen und Unterlagen zum Stand der Prüfung, ob die Kompetenz zur Unterzeichnung und Ratifizierung des Singapur-Übereinkommens bei den Mitgliedsstaaten oder der EU liege, und welcher Zeitplan für ein solches Vorgehen angedacht sei.
Das BMJ teilte mit, die erbetenen Informationen seien in zwei Aktenbänden enthalten. Für die Zusammenstellung und Prüfung der begehrten Informationen entstehe nach erster Schätzung ein Arbeitsaufwand von etwa drei Stunden eines Beschäftigten des gehobenen Dienstes. Der für eine einfache und damit gebührenfreie Auskunft aufzubringende Verwaltungsaufwand werde damit übertroffen und es könnten Gebühren bis zu 500 EUR entstehen, deren Übernahme zu erklären sei.
Nach der erklärten Gebührenübernahmebereitschaft kam eine E-Mail aus dem BMJ, die gleich doppelt überraschte. Zum einen enthielt die Mail falsche Informationen: Das Singapur-Übereinkommen sei von 52 Staaten gezeichnet worden (richtig: 55 Staaten). Das Singapur-Übereinkommen sei am 12.09.2020 in Saudi-Arabien in Kraft getreten (richtig: 05.11.2020). Zum anderen – und deutlich gravierender – war von der ursprünglich angekündigten Übersendung von „in zwei Aktenbänden enthaltenen Informationen“ keine Rede mehr. Das BMJ teilte nunmehr mit, dass es einen Streit hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit zur Zeichnung (und Ratifikation) des Singapur-Übereinkommens gebe. Da sich aber bislang eine – vom BMJ nicht näher benannte – Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten überwiegend kritisch bis ablehnend zum Singapur-Übereinkommen geäußert habe, sehe die EU-Kommission derzeit keine Notwendigkeit für eine abschließende Klärung der vorbenannten Kompetenzfrage. Vor diesem Hintergrund habe sich die Bundesrepublik noch nicht abschließend zum Singapur-Übereinkommen positioniert.
Nach erneuertem Informationsverlangen des Verfassers erfolgte sodann ein Bescheid des BMJ, in dem dieses auf seine bisherigen Auskünfte Bezug nahm und die Übersendung der beantragten Unterlagen und weiterer Auskünfte verweigerte. Denn ein solcher Anspruch auf Informationszugang bestehe nach § 3 Nr. 1 a) IFG nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall erfüllt, da die anderen EU-Mitgliedstaaten darauf vertrauten, dass ihre innerhalb des geschützten Raumes der Experten der Ratsarbeitsgruppe geäußerten Positionen nicht nach außen dringenden. Genau aus diesem Grund seien vorliegend entsprechende Drahtberichte als Verschlusssache eingestuft worden. Der gebotene Schutz der internationalen Beziehungen wiege im vorliegenden Fall umso schwerer, als die Verhandlungen auf europäischer Ebene noch nicht abgeschlossen seien. Ebenfalls sei der Informationszugang nach § 3 Nr. 3 a) IFG zu verweigern, da die Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt würden.
Auch vor diesem Hintergrund bleibt zu hoffen, dass sich in Deutschland und der EU ein (rechtswissenschaftlicher) Diskurs zu dem Singapur-Ãœbereinkommen entfaltet. Ein ausführliches Update zum Singapur-Ãœbereinkommens findet sich im Aprilheft der ZKM (Heetkamp, ZKM 2023, 49 ff. – im Erscheinen).
Hinweis der Redaktion: Zum Thema s. a. „Singapur-Ãœbereinkommen in Kraft getreten“, Heetkamp, ZKM 2020, 168 ff., sowie „UN-Ãœberenkommen zur internationalen Durchsetzung von Mediationsvergleichen“, Alexander, ZKM 2019, 160 ff.