Dr. Alexander Duisberg, Ashurst LLP, ist Partner im Bereich Digital Economy beschäftigt sich in einem Gastbeitrag für die Welt mit der Frage, welche von ChatGPT erstellten Texte urheberrechtlich geschützt sind und welche nicht. Grundsätzlich schützt das Urheberrecht nur den Ausdruck einer menschlichen geistigen Schöpfung. Der Prompt „Erstelle Gedicht im Stile Brechts“ hat laut Duisberg keine Schöpfungshöhe und dem synthetischen Text fehlt der menschlich-schöpferische Akt, jedenfalls wenn er keine Elemente eines echten Gedichts übernimmt. Das Ergebnis ist urheberrechtlich nicht geschützt, also „gemeinfrei“, so Duisberg. Dazu kommt: Je mehr synthetische Texte in die Trainingsdaten einfließen, desto geringer sei das verbleibende Substrat menschlich schöpferischer Tätigkeit.
Gemeinfreie Texte werden nach Einschätzung von Alexander Duisberg schnell zunehmen, ohne dass sie von menschlichen Werken klar zu unterscheiden sind. Bei der Software-Entwicklung durch ChatGPT könnten immerhin spezielle Tools – wie bei Open-Source-Software – helfen, bei der Qualitätskontrolle „Snippets“ aus menschlich entwickeltem, urheberrechtlich geschütztem Code zu identifizieren. Bei synthetischen Texten ist das schon deutlich schwieriger, wenn keine eindeutig identischen Textübernahmen menschlicher Werke vorliegen.
Der kreative Autor ganzer Werke (und sein Urheberschutz) könnte so bald einer schwindenden Minderheit angehören, wenn die Verlockung groß ist, Texte ohne Herkunftsangabe ganz oder teilweise mit ChatGPT zu erstellen. Auch Leistungsschutzrechte für die Nachbearbeitung synthetischer Texte stünden nicht zur Verfügung, so Duisberg. Damit könnte das Urheberrecht aus den Angeln gehoben und zu einem Gutteil obsolet werden – eine in Trageweite und Dramatik noch nicht überschaubare Folge.
Quelle: WELT Online v. 28.4.2023
Der Beitrag kann nicht kommentiert werden.