Kürzlich habe ich an dieser Stelle aktuelle Neuerungen zum Whistleblowing vorgestellt. Dazu passt eine jetzt bekannt gewordene Eilentscheidung des LG Berlin vom 23.5.2019 (27 O 299/19) in einem Verfahren eines der mutmaßlichen Urheber des Ibiza-Videos über das Treffen des damaligen österreichischen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache mit einer angeblichen Angehörigen eines russischen Oligarchen, das zum Sturz zunächst von Strache und dann der gesamten österreichischen Bundesregierung führte. Das Gericht hat die nicht anonymisierte Verbreitung seines Lichtbilds durch ein österreichisches Online-Portal untersagt und dies laut Presseveröffentlichungen mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen begründet; er sehe sich als angeblicher Urheber der politischen Krise möglicherweise Repressalien seitens interessierter Beteiligter ausgesetzt. Sedes materiae war hier wohl das Recht des Betroffenen am eigenen Bild, in dessen Rahmen der Betroffene allenfalls als Person im Blickpunkt der Öffentlichkeit gelten kann und der Verbreitung seines Bilds berechtigte Interessen im Sinn von § 23 Abs. 2 KUG entgegenstehen dürften, zumal nicht festzustehen scheint, ob er wirklich an der Herstellung des Strache-Videos und seiner Preisgabe an die Medien beteiligt war. In die nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmende Güterabwägung war vermutlich der laut Medienberichten vom LG Berlin betonte Aspekt der persönlichen Sicherheit des Betroffenen einzustellen, der die getroffene Entscheidung schon für sich rechtfertigen dürfte. Künftig aber wird im Rahmen dieser Wertung vornehmlich das besondere Anonymitätsinteresse des Betroffenen zu berücksichtigen sein, das als Kernstück der neuen europäischen Whistleblowing-Richtlinie gelten kann.
Mit dem redaktionellen Umgang der Medien mit Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen befasst sich die 6. Auflage von „Presserecht – Recherche, Darstellung und Haftung im Recht der Presse, des Rundfunks und der neuen Medien“ unter Rz. 7.37 ff; zum Komplex der Verbreitung rechtswidrig zustande gekommener Informationen durch die Medien s. dort Rz. 12.104 ff.