Rechtsform der GmbH & Co. KG ab 1.8.2022 für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt zwar nach Art. 137 ganz überwiegend erst am 1.1.2024 in Kraft (BGBl. I 2021, 3436). Dies gilt auch für die an die Freien Berufe adressierte Öffnungsregelung des § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F., nach der durch konstitutive Handelsregistereintragung die Rechtsform der OHG und KG einschließlich GmbH & Co. KG erlangt werden kann, „soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt“. Mit dem Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften v. 7.7.2021 (BGBl. I 2021, 2363) wurden aber für die Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nicht nur die berufsrechtlichen Usancen für eine Handelsregistereintragung ab 1.1.2024 definiert. Die einschlägigen Normen des betreffenden Berufsrechts sind vielmehr darüber hinaus ab dem 1.8.2022 bis zum Inkrafttreten des MoPeG am 1.1.2024 als temporäre leges speciales anzusehen mit der Folge, dass die konstitutive Eintragung in das Handelsregister bereits ab dem 1.8.2022 erfolgen kann. Für den anwaltlichen Bereich folgt dies aus § 59b Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BRAO n.F., der die Zulassung aller deutschen Gesellschaftsformen statuiert, und der zu dieser Norm veröffentlichten amtlichen Begründung (Begr. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 19/27670, S. 177; vgl. dazu Wertenbruch in Schäfer (Hrsg.), Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 10 Rz. 24; Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3981). Entsprechendes gilt auf Grundlage des § 49 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 StBerG n.F. für die Personengesellschaft der Steuerberater (Begr. Gesetzentwurf, BT-Drucks. 19/27670, S. 177 i.V.m. S. 275).

Ein Stück weit diffiziler und intransparenter ist insoweit die Rechtslage bei der Wirtschaftsprüfer-Personengesellschaft. Die Öffnungsoption des § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. übt hier gem. Art. 22 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften die Vorschrift des § 27 WPO n.F. aus (vgl. dazu Gesetzentwurf, BT-Drucks. 19/27670, S. 323; Wertenbruch in Schäfer (Hrsg.), Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 10 Rz. 22; Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3990). Das in § 27 Abs. 2 WPO a.F. geregelte Eintragungserfordernis in Gestalt einer Treuhandtätigkeit entfällt. Die amtliche Begründung zur Änderung des § 27 WPO enthält zwar – anders als die Begründung zur Novelle von BRAO und StBerG – zur Frage der Einordnung als temporäre lex specialis vom 1.8.2022 bis zum Inkrafttreten des § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB am 1.1.2024 keine Ausführungen. Die Auslegung des § 27 WPO n.F. unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs mit den parallel verabschiedeten § 59b Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BRAO n.F und § 49 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 StBerG n.F. ergibt aber hinsichtlich der zeitlichen Dimension eine Übereinstimmung mit dem neuen Berufsrecht für Anwälte und Steuerberater (vgl. dazu Wertenbruch in Schäfer (Hrsg.), Das neue Personengesellschaftsrecht, 2022, § 10 Rz. 24; Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3991), sodass die konstitutive Handelsregistereintragung auch hier schon ab dem 1.8.2022 zulässig ist. Die Funktion als Scharnier zwischen Gesellschaftsrecht und Berufsrecht der Freien Berufen übernimmt § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB n.F. unisono für Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer am 1.1.2024.

Mit der generellen Zulässigkeit der KG und der GmbH & Co. KG steht Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern auch die Variante der Einheits-GmbH & Co. KG offen, da die berufsrechtlichen Bedingungen auch hier grundsätzlich erfüllt werden (vgl. dazu Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3979 ff.). Die Einheits-KG sichert – im Vergleich zur beteiligungsidentischen klassischen GmbH & Co. KG – schon deshalb kraft Rechtsform die von den Kommanditisten als Gründern intendierte Beteiligungsidentität, weil nur die KG als solche Gesellschafterin der Komplementär-GmbH ist. Bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG kann es demgegenüber im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters trotz Implementierung von darauf bezogenen gesellschaftsvertraglichen Synchronisierungsklauseln vor allem wegen der nur bei der Komplementär-GmbH nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG Platz greifenden Legitimationswirkung der Gesellschafterliste zu Disparitäten kommen (vgl. dazu Wertenbruch, GmbHR 2021, 1181 Rz. 20 ff.; Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3963 ff.). Die bisherige Problematik der Ausübung des Stimmrechts der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH entschärft § 170 Abs. 2 HGB n.F. mithilfe einer partiellen gesetzlichen Vertretungsmacht der Kommanditisten (vgl. dazu Wertenbruch, GmbHR 2021, 1181 Rz. 9 ff.; Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3934 ff.). Zudem besteht ein erheblicher Kostenvorteil der Einheits-GmbH & Co. KG darin, dass im Fall einer geplanten Übertragung von Beteiligungen an dieser KG nur die Kommanditanteile nach §§ 398, 413 BGB abgetreten werden müssen, wofür keine notarielle Form vorgeschrieben ist. Bei der klassischen GmbH & Co. KG ist dagegen die Übertragung der GmbH-Geschäftsanteile ebenso wie das Kausalgeschäft beurkundungspflichtig (§ 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG), und nach den Grundsätzen über das einheitliche Beurkundungsgeschäft erfasst dieser Formzwang dann regelmäßig auch eine synchrone Übertragung der Kommanditanteile (vgl. dazu Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3960 ff.). Im Fall der Neugründung einer Einheits-GmbH & Co. KG ist das Übertragungsmodell (Gründung der Komplementär-GmbH durch die späteren Kommanditisten und Übertragung der Geschäftsanteile auf die KG nach deren Gründung) gegenüber dem Beteiligungsmodell vorzugswürdig (vgl. Wertenbruch in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, § 58 Rz. 3934 ff.). Wesentlicher und komplexer Regelungsgegenstand des Gesellschaftsvertrags der Einheits-GmbH & Co. KG ist die transparente Trennung der Stimmrechtsausübung und der Beschlussfassungen in den beiden Gesellschafterversammlungen (vgl. zum Aufbau und zum Inhalt des Gesellschaftsvertrags der Einheitsgesellschaft Heckschen in Westermann/Wertenbruch, Handbuch Personengesellschaften, 83. Lfg. 2022, Verträge und Formulare, M 60).

Die Rechtsform der PartG mbB steht den Freien Berufen zwar weiterhin als Rechtsformalternative zur Wahl. Der Ausschluss der persönlichen Gesellschafterhaftung kommt hier aber nur für Gesellschaftsverbindlichkeiten zum Zuge, die auf Fehlern bei der Berufsausübung beruhen. Insbesondere für Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen und Mietverträgen wird demgegenüber vollumfänglich persönlich gehaftet. Die PartG ist daher im Bereich des Gesellschaftsrechts der Freien Berufe trotz einiger legislatorischer Nachbesserungen nie so richtig Avantgarde gewesen.