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Montagsblog: Neues vom BGH

Dr. Klaus Bacher  Dr. Klaus Bacher
Vorsitzender Richter am BGH

Der Montagsblog meldet sich nach längerer Pause zurück. Diese Woche geht es um eine eher entlegene Materie, die allgemeine Fragen zu den Voraussetzungen einer Analogie aufwirft.

Vergütung des Zwangsverwalters bei Fortführung eines Betriebs
BGH, Beschluss vom 11. Januar 2023 – V ZB 23/22

Der V. Zivilsenat befasst sich mit § 18 Abs. 1 und § 19 Abs. 1 der Zwangsverwalterverordnung (ZwVwV).

Der Beteiligte zu 1 ist seit 2018 als Zwangsverwalter eingesetzt. Er führt seither den Betrieb eines auf dem Grundstück eingerichteten Biomassekraftwerks. Für das Jahr 2020 begehrt er eine Vergütung in Höhe von rund 240.000 Euro. Dies entspricht 12 % der in diesem Jahr erzielten Einnahmen zuzüglich 2,4 % des Werts von entstandenen, aber nicht eingezogenen Forderungen.

Das AG hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Auf die Beschwerde der Grundstückseigentümerin und der Gläubigerin hat das LG diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur Festsetzung einer nach Zeitaufwand zu berechnenden Vergütung an das AG zurückverwiesen.

Die Rechtsbeschwerde des Zwangsverwalters bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Die Beschwerde der Schuldnerin ist allerdings als unzulässig zu verwerfen, weil über ihr Vermögen schon bei Einlegung des Rechtsmittels das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Dieses führt zwar nicht zur Unterbrechung des bereits zuvor angeordneten Zwangsverwaltungsverfahrens. Die Befugnis zur Beteiligung an diesem Verfahren geht aber vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter über.

Der BGH tritt dem LG jedoch darin bei, dass die zulässige Beschwerde der Gläubigerin begründet ist.

Die Zwangsverwalterverordnung sieht eine an den Einnahmen orientierte Vergütung in § 18 Abs. 1 ZwVwV nur für den Fall der Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks vor, nicht aber für den Fall der Weiterführung eines auf dem Grundstück eingerichteten Betriebs. Mangels besonderer Regelungen ist diese Tätigkeit gemäß der Auffangregel in § 19 Abs. 1 ZwVwV nach Zeitaufwand zu vergüten. Der Stundensatz beträgt mindestens 35 und höchstens 95 Euro.

Anders als das AG sieht der BGH keine planwidrige Regelungslücke. Schon vor Erlass der Verordnung wurde die Fortführung eines Betriebs durch den Zwangsverwalter verbreitet als zulässig angesehen. Der Verordnungsgeber hat eine an den Einnahmen orientierte Vergütung dennoch nur für den Fall der Vermietung oder Verpachtung vorgesehen. Dass die Zulässigkeit einer Betriebsfortführung erst später höchstrichterlich geklärt wurde und dass ein Insolvenzverwalter in vergleichbarer Lage eine an den Einnahmen orientierte Vergütung erhält, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung. Die bewusste Entscheidung des Verordnungsgebers ist zu respektieren.

Praxistipp: Eine Beschwerde des Schuldners im Zwangsverwaltungsverfahren bleibt zulässig, wenn über sein Vermögen nach Einlegung des Rechtsmittels das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Die Befugnis zur Beteiligung am Verfahren geht auch in diesem Fall auf den Insolvenzverwalter über.

Mehr zum Autor: Der Autor ist Vorsitzender des X. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs. Er gehört zum Herausgeberbeirat der MDR und ist Mitautor des Prozessformularbuchs (Hrsg. Vorwerk).

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