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OLG Frankfurt/M.: Die späte Absetzung eines Schiedsspruchs führt nicht zur Aufhebung

Dr. Frank O. Fischer  Dr. Frank O. Fischer
Richter am Amtsgericht

Einige wichtige Gesichtspunkte, die bei Schiedsverfahren zu beachten sind, hat das OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 17.5.2021 – 26 Sch 1/21 erfreulicherweise geklärt.

Ein ad-hoc Schiedsgericht verurteilte die jetzige Antragstellerin des Aufhebungsverfahrens vor dem OLG zur Zahlung von gut 3 Millionen Euro. Die Antragstellerin bemühte sich, die Aufhebung des Schiedsspruches durch das OLG zu erreichen, die Antragsgegnerin erstrebte die Vollstreckbarkeitserklärung. Es ging u. a. um folgende Verfahrensfragen: Das Schiedsgericht hatte am Schluss der durchgeführten mündlichen Verhandlung keinen Verkündungstermin bestimmt. Der Schiedsspruch wurde vielmehr erst nach ungefähr einem Jahr erlassen. Die Antragstellerin sah u. a. darin einen Verstoß gegen den ordre-public, der zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen müsse.

Das OLG folgt dem zu Recht nicht. Im Zivilprozess sind – von bestimmten Ausnahme abgesehen (z. B. §§ 307, 331 ZPO) – Urteile grundsätzlich zu verkünden, und zwar entweder in der Sitzung, am Schluss der Sitzung oder in einem Verkündungstermin (§§ 310, 311 ZPO). Gemäß § 1054 Abs. 1 ZPO ist bei einem Schiedsspruch jedoch die Übermittlung eines von den Schiedsrichtern unterzeichneten Schiedsspruchs ausreichend. Es bedarf daher keiner Verkündung und auch keines Verkündungstermins. Anders könnte dies nur sein, wenn die Parteien dies vereinbart hätten oder die Schiedsordnung dies vorgesehen hätte. Es handelt sich hier aber um ein ad-hoc-Schiedsgericht ohne besondere Vereinbarungen der Parteien zum Verfahren.

Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist der Verkündungstermin nur dann über drei Wochen hinaus anzusetzen, wenn wichtige Gründe, insbesondere der Umfang oder die Schwierigkeit der Sache, dies erfordern. Nun war der Verfahrensgegenstand des Schiedsverfahrens sicherlich umfangreich und schwierig, ein Jahr ist aber eine lange Zeit. Gleichwohl ist § 310 ZPO im Schiedsgerichtsverfahren grundsätzlich nicht anwendbar. Und selbst wenn: Im Schiedsgerichtsverfahren betrifft die sehr späte Absetzung eines Schiedsspruchs beide Parteien. Deshalb wäre es nicht sachgerecht, hier eine Aufhebungsmöglichkeit zu schaffen, die nur eine Partei begünstigt. Auch lässt sich in derartigen Fällen regelmäßig kaum feststellen, dass die Verzögerung Auswirkungen auf den Schiedsspruch gehabt hat, etwa, weil die Erinnerung an die mündliche Verhandlung verblasst wäre. Die Parteien sind einer Verzögerung auch nicht schutzlos ausgeliefert, sondern können einen Antrag nach § 1038 ZPO stellen.

Die behaupteten Verfahrensfehler stehen der Wirksamkeit des Schiedsspruchs damit nicht entgegen, so dass dieser für vollstreckbar zu erklären war.

Mehr zum Autor: Dr. Frank O. Fischer ist Richter am AG in Offenbach/Main. Er gehört zum festen Autorenteam der MDR und ist Mitautor des Prozessformularbuchs (Hrsg. Vorwerk).

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